OZ-Kunstbörse: Bildhauer Rolf Wicker arbeitet in der mecklenburgischen Provinz

Als Rolf Wicker im Frühjahr 2009 in diese Gegend kam, war noch nicht klar, dass es für länger sein sollte. In Mecklenburg-Vorpommern, auf halber Strecke zwischen Teterow und Dargun, hatte Wicker damals die „Temporäre Kunsthalle Lelkendorf“ mitaufgebaut, die als halbjähriges Kunstprojekt geplant war. Noch heute hat Wicker an die Arbeit in diesem Projekt viele positive Erinnerungen. „Kunst fürs Dorf – Dörfer für die Kunst“, so hieß das Motto damals. Kunst, die in der Gegend verwurzelt ist: Das Projekt hatte längerfristige Auswirkungen, denn wichtig war, „Leute hierherzuholen“, erinnert sich Rolf Wicker. Rund um das Kunstprojekt gründete er damals einen Freundes- und Förderkreis, um die Kunsthalle Lelkendorf bekannt zu machen und stärker in der Gegend zu verwurzeln. „Man muss über Kunst ins Gespräch kommen“, sagt Wicker über die damalige Mission. Das galt nicht nur für die beteiligten Künstler, man wollte auch den potenziellen Besuchern mögliche Schwellenängste nehmen. Hier können Sie das Kunstwerk kaufen In Küsserow heimisch geworden: Rolf Wicker, der aus Ravensburg am Bodensee stammt, ist nach 2009 in dieser Gegend geblieben. Denn es ergab sich, dass ihm in Küsserow, wenige Kilometer von Lelkendorf entfernt, ein ehemaliges LPG-Grundstück angeboten wurde. Rolf Wicker hat Grundstück und Gebäude nach und nach wieder auf Vordermann gebracht. Heute ist die große ehemalige Garage sein künstlerischer Arbeitsraum. Wickerts Kunst hat keinen Ewigkeitsanspruch: Die Arbeiten von Rolf Wicker sind für den öffentlichen Raum konzipiert. Das sind oft große Installationen, die begehbar sind und meistens nur temporär vorliegen. Das Künstler hat damit kein Problem, im Gegenteil. Rolf Wicker formuliert für seine Werke keinen Ewigkeitsanspruch, „denn das belastet ja auch“, meint er. Seine Werke werden zumeist aus Holz, Pappe, Beton Gipsfaserplatten, Spachtelmasse oder Acrylglas gefertigt. „Das sind eigentlich Trockenbau-Materialien“, sagt Rolf Wicker leichthin. Da spricht der Handwerker. Doch einige Modelle der großen Werke sind geblieben. Die auf diese Weise archivierten Entwürfe haben eine längere Existenzberechtigung. „Das sind Arbeiten, die überlebt haben“, sagt Wicker dann, „ich versuche, ein bisschen was zu retten“. So sind auch die Modelle kleine Kunstwerke. Zum 28. Mal lädt die OSTSEE-ZEITUNG in diesem Jahr zur Kunstbörse. Zum ersten Mal findet die Kunstbörse coronabedingt komplett digital statt. Kunstinteressierte können die Werke von elf Künstlern verschiedener Genres aus ganz Mecklenburg-Vorpommern online im OZ-Shop sehen und auch kaufen. Die OZ präsentiert in den kommenden Wochen Porträts der Künstler samt ihrer Werke auf OZ+ und in der Zeitung. Die 33 Arbeiten sind bis 22. November in der Galerie des Kunstvereins zu Rostock zu sehen, coronabedingt ist die Schau derzeit geschlossen. Für Kaufinteressenten an Werken der OZ-Kunstbörse besteht die Möglichkeit, einen individuellen Besichtigungstermin zu vereinbaren: Nachricht an den Kunstverein Tel. 0381/4591222 oder info@kunstverein-rostock.de. In diesem Jahr sind dabei: Matthias Bargholz, Maler und Grafiker aus Drönnewitz-Wittendörp; Klaus Böllhoff, Maler aus Klempenow; Karen Clasen, Malerin aus Wismar; Christoph Dahlberg, Bildhauer aus Börgerende-Rethwisch; Dana Jes, Keramikerin & Bildhauerin aus Grünow; Lydia Klammer, Grafikerin aus Brüel; Monika Ortmann, Objektkünstlerin aus Wittenhagen; Linda Perthen, Malerin & Grafikerin aus Neustrelitz; Rico., Multi-Media-Künstlerin aus Neubrandenburg; Rolf Wicker, Maler aus Lelkendorf-Küsserow; Christiane Zenkert, Fotografin aus Kritzmow. Kunstwerke mit klaren Bezügen zur Architektur: Rolf Wickers Werke leben von der Bezugnahme auf den Raum, in den er sie stellt. Das kann viele Bedeutungen finden, manchmal sind es begehbare Kunstwerke, eigentlich eine Gegenarchitektur, aber ohne den üblichen Zweck. Oft haben die Werke Wickers Rückbezüge auf historische Architektur, manchmal sind sie Kommentare zu aktuellem Baugeschehen, hin und wieder auch visionäre Entwürfe. Der Besucher muss diese Kunsterfahrung körperlich machen, manchmal führt der Künstler den Besucher auf verschlungene Pfade oder durch Gänge und über Treppen durch die Installation. Der Künstler hat in Nürnberg und Berlin studiert: Der Künstler hatte sich zunächst sehr bodenständig in einem Beruf das handwerkliche Rüstzeug angeeignet. 1965 in Ravensburg geboren, hatte Rolf Wicker nach dem Abitur eine Steinmetzlehre absolviert, bevor er Bildhauerei in Nürnberg und in Berlin studierte. An der Kunsthochschule Berlin-Weißensee war Wicker 1996 Meisterschüler von Prof. Berndt Wilde. Eine erfolgreiche künstlerische Laufbahn begann. Zahlreiche Ausstellungen und Arbeitsstipendien führten Rolf Wicker in seiner Karriere unter anderem nach Brasilien und in die USA – und eben auch nach Mecklenburg-Vorpommern. Hier können Sie das Kunstwerk kaufen Drei wichtige Orte: Halle, Berlin und Küsserow: Das Dörfchen Küsserow ist nun einer der drei wichtigen Orte im Leben von Rolf Wicker. Sein Hauptwohnsitz ist Berlin, die meiste Zeit der Woche jedoch verbringt er in Halle, wo er an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein eine Professur für Grundlagen und Plastik innehat. Seine Arbeit als Mitglied des Rektorats an der Hallenser Kunsthochschule bezeichnet Wicker selbst als einen „Sechser im Lotto“. Die Aufgabe in Halle ist natürlich mit viel administrativer Arbeit verbunden – da ist die schöpferische Arbeit als Ausgleich wichtig, das Hauptfeld eines Künstlers. Hier in Küsserow findet Rolf Wicker nicht nur die nötige Abgeschiedenheit und die Ruhe zum Arbeiten, der Künstler befasst sich mit Kreativität und Witz auch mit der Ort- und der Heimatgeschichte. Lesen Sie auch: Vernissage der OZ-Kunstbörse: Alle Werke im Rostocker Kunstverein zu sehen Von Thorsten Czarkowski