Alter Saalbau ist ein großer Sanierungsfall

Ein Berliner Stararchitekt hatte ihn 1900 entworfen: den Lutherhof, einen kirchlichen Saalbau mitten in der Greifswalder Altstadt. Jetzt ist das Haus, das viele auch von Bachwochenkonzerten kennen, ein Problemfall. Geschätzte 375000 Euro würde die Sanierung kosten. Ob der Pommersche Kirchenkreis das investieren soll, darüber müssen heute die Kirchenparlamentarier bei der pommerschen Kreissynode in Züssow entscheiden. Schon aus historischer und architektonischer Sicht spräche einiges dafür. Der Architekt August Orth, der dem Haus seine Form gab, hat auch so berühmte Gebäude wie die Berliner Zionskirche, die Gethsemanekirche, den Görlitzer Bahnhof in Berlin und sogar die Weihnachtskirche in Bethlehem entworfen. Der Lutherhof wurde am 3. Juni 1901 eingeweiht. Ein großer Saal im Erdgeschoss, ein kleinerer darüber, nebendran Wohngebäude — so ist er konzipiert. Der Pfarrer der Domgemeinde, Ludwig Eiter, hatte die Idee. Victor Schultze, Professor für Kirchengeschichte in Greifswald, trat als Hauptstifter auf. Die beiden Bauherren wollten der Stadt ein Gebäude schenken, „in welchem sich Versammlungen zur Förderung evangelisch-christlicher Bestrebungen befinden“. Gottesdienste und kulturelle Veranstaltungen fast jeder Art fanden dann dort statt: Bibelstunden, Evangelisationen, Vorträge mit Persönlichkeiten wie dem Widerstandskämpfer Pastor Martin Niemöller oder dem Philosophen Carl Friedrich von Weizsäcker. In der Nazizeit wurde der Lutherhof zum Ort der Bekennenden Kirche gegen Hitler, harte Auseinandersetzungen über den Kurs der Kirche lieferte man sich hier. Nach dem Krieg traf sich die erste Synode der Kirchenprovinz Pommern im Saal, damit begann dort der Weg der Pommerschen Evangelischen Kirche. Als die sowjetische Besatzungsmacht im Mai 1945 den Kindergarten von St. Jacobi aus der Falladastraße vertrieb, fand er mit 120 Kindern Unterschlupf im Saal; auch wenn der „für die Kindergartenarbeit völlig ungeeignet“ sei, wie Jacobi-Pfarrer Wenzlaff damals schrieb. Das Wohngebäude zog vorübergehend die kreiskirchliche Verwaltung ein. Über viele Jahre war der Lutherhof dann Tagungsort für Landes- und Kreissynoden. Heute feiert die Evangelische Studentengemeinde (ESG) im kleinen Saal ihre Gottesdienste. Im großen proben der Domchor, die Kirchenmusikschule, Unichor und Uniorchester. Während der Bachwoche füllen Konzerte, Vorträge und Proben das Haus. Baumaßnahmen verschiedenster Art hatte die Lutherhofverwaltung immer wieder geplant. Aus Kostengründen musste man sich jedes Mal mit Verschönerungsmaßnahmen und kleinen Reparaturen begnügen. Das könnte sich jetzt ändern. Viel zu tun außen und innen Einen „erheblichen Bedarf an Ausbesserungen“ sieht der Pommersche Kirchenkreisrat im Greifswalder Lutherhof. Am Dach, an der Fassade, den Fenstern und dem Fußboden sei viel zu tun, teilt ein Sprecher mit. Daneben fehle für eine gute Funktionalität auch eine Teeküche. Geschätzte Kosten für die Sanierung und den Umbau: 375000 Euro. Der Kirchenkreisrat und der Finanzausschuss empfehlen der der Kreissynode diese Investition. Rainer Neumann und Sybille Marx

Greifswald - Alter Saalbau ist ein großer Sanierungsfall