Azubis, wo seid ihr? Im Kreis sind noch hunderte Stellen frei

Rainer Schubbert (56) ist heilfroh, Christoph Borsum (27) zu haben. Was sich vielleicht erstmal komisch anhört, spiegelt die Lage auf dem aktuellen Ausbildungsmarkt in der Region wider. „Es wird immer schwerer, einen passenden Bewerber zu finden“, sagt Schubbert, Werkstattleiter im Autohaus Boris Becker in Greifswald. Zwar ist die Chance, eine Lehrstelle zu finden, gut — auf einen Bewerber kommen laut Arbeitsagentur Greifswald zwei Stellen —, aber oft stimme die Vorstellung von einem Beruf nicht mit der Realität überein, sagt Schubbert. „Deswegen rate ich immer, sich durch ein Praktikum über einen Job zu informieren. Und wenn nicht, sollte wenigstens echtes Interesse an der Materie bestehen.“ So war es auch bei Christoph Borsum. Er lernte im Autohaus den Beruf des Kfz-Mechatronikers, absolvierte sogar die Meisterschule — und das alles mit Bravour. „Ich habe meine Lehrstelle über die Arbeitsagentur bekommen. Dort hatte ich mich während meiner letzten Monate als Schüler gemeldet“, erzählt der Greifswalder. Die Betriebe nehmen die Hilfe der hiesigen Arbeitsvermittler gern in Anspruch, weiß Sprecherin Karen Kunkel. „Wir überprüfen schon im Vorfeld, welche Bewerber für eine Stelle geeignet sind. Das erspart den Firmen viel Zeit“, so Kunkel. Im Autohaus Boris Becker gehen in jedem Jahr zwischen 30 und 50 Bewerbungen ein. „Trotzdem haben wir Probleme, zwei Kandidaten zu finden“, berichtet Rainer Schubbert. Derzeit sind laut der aktuellen Statistik der Greifswalder Arbeitsagentur 399 Jugendliche auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Ihnen gegenüber stehen 620 zu besetzende Stellen. Die Dauerbrenner bei den offenen Lehrberufen sind auf Platz eins der Koch (158), gefolgt von den Restaurant- und Hotelfachleuten (136 beziehungsweise 126). Generell werden im Landkreis Vorpommern-Greifswald mehr als 100 verschiedene Berufe angeboten. „Aber das Interesse am Kfz-Mechatroniker nimmt ab“, meint Rainer Schubbert. Aus eigener Erfahrung wisse er, dass viele junge Leute nicht mehr bereit seien, sich schmutzig zu machen. Für die Vereinigung der Unternehmensverbände für Mecklenburg-Vorpommern (VUMV) ist das Problem aber noch weitreichender. „Wir haben deutlich weniger Schulabgänger als noch vor einigen Jahren. Seit 2008 erleben wir die Auswirkungen der schwachen Geburtsjahrgänge aus der ersten Hälfte der 90er Jahre“, sagt Arbeitsmarktexperte Martin Sauer. Da durch die Rente mit 63 noch dazu ältere Angestellte ausschieden, könne von einem echten Engpass gesprochen werden. Laut Sauer seien die Betriebe künftig immer mehr auf junge Zuwanderer angewiesen. „Infolge des aktuellen Zustroms von Flüchtlingen wird sich die Zahl der Azubis aus dem Ausland mit Sicherheit stark erhöhen.“ Jedoch biete die derzeitige Rechtslage, zur Frage, welcher Zuwanderer eine Lehre beginnen darf, keine gute Basis. „Die Einschränkung auf junge Menschen, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist nicht praktikabel.“ Dienstleistungsbranche ist der Renner 1026 Jugendliche suchten im Bereich der Arbeitstagentur Greifswald zu Bewerbungsbeginn einen Ausbildungsplatz. Derzeit sind es noch 399 junge Menschen, also etwas unter Vorjahresniveau. 38 neue Stellen kamen für den kommenden Ausbildungsbeginn noch hinzu, sodass nun insgesamt 620 Plätze zu vergeben sind. Besonders beliebt bei den Berufswünschen ist die Hotel- und Gaststättenbranche. Reik Anton

Greifswald - Azubis, wo seid ihr? Im Kreis sind noch hunderte Stellen frei