Bekommt Greifswald ein zweites Flüchtlingsheim?

Nach langer Flucht vor Elend und Bürgerkrieg ankommen in Deutschland, um dann in einem Zelt oder einer Turnhalle untergebracht zu werden? Was in Hamburg, Dresden und Nordrhein-Westfalen schon Realität ist, will der Landkreis Vorpommern- Greifswald vermeiden. „Wir können zwar nicht ausschließen, dass auch irgendwo mal ein Zelt aufgestellt werden muss“, sagt Sprecher Achim Froitzheim. Die Verwaltung sei aber auf der Suche nach einer nachhaltigen Lösung: Zusätzlich zu den Flüchtlingsheimen in Greifswald, Wolgast, Anklam und Torgelow, die mit zurzeit 700 Menschen voll ausgelastet sind, soll ein fünftes Heim für Asylbewerber eingerichtet werden — womöglich in Greifswald. „Sollte ein geeignetes Objekt in relativ zentraler Lage mit genügend Kapazität zu einem vertretbaren Preis gefunden werden, würde auch dieses Gebäude vom Kreis angemietet“, so Froitzheim. Er bestätigt, dass unter anderem der leergezogene Block am Technologiezentrum Vorpommern (TZV) interessant ist. Der Fünfstöcker wurde vom TZV nicht mehr genutzt und im Oktober 2014 an einen privaten Eigentümer verkauft. Dieser war gestern für die OZ nicht zu sprechen. Beim Blick durch die Fenster ist zu sehen, dass das Haus im Inneren zum Teil arg verwahrlost ist, aber kaum Vandalismusschäden aufweist und sich der Sanierungsaufwand in Grenzen halten würde. Die Prüfungen laufen. Froitzheim: „Wir mieten aber nicht zu jedem Preis.“ Greifswalds Oberbürgermeister Arthur König (CDU) hätte gegen ein zweites Flüchtlingsheim in der Stadt nichts einzuwenden: „Wir erkennen die Situation an und tragen auch unseren Anteil.“ In der Gustebiner Wende würden derzeit weitere Wohnungen hergerichtet. „Das ist die letzte größere Möglichkeit.“ Zu dem Vorwurf, Greifswald solle sich stärker engagieren, sagte König: „Wir haben einfach keinen kommunalen Wohnraum mehr, den wir anbieten können.“ Deshalb begrüße er privates Engagement umso mehr. Die Greifswalder Firma Vario Services, die das bestehende Flüchtlingsheim in der Spiegelsdorfer Wende an den Landkreis vermietet hat — der Vertrag soll demnächst verlängert werden — hat sich dagegen entschieden, weitere Räume als Unterkunft für Asylbewerber anzubieten. „Wir werden die Sanitäranlagen im Block sanieren“, kündigt Geschäftsführerin Roswitha Loschke an. Wegen der dürftigen Zustände geriet das Heim vor wenigen Wochen in die Schlagzeilen. Das angeblich zu geringe Engagement der Hansestadt bemängelte Torgelows Bürgermeister Ralf Gottschalk, der auch für die Kompetenz für Vorpommern im Kreistag sitzt. Seine Äußerungen sind vor allem dem Greifswalder Stadt- und Kreispolitiker Axel Hochschild (CDU) ein Dorn im Auge. „Bevor man völlig inkompetent herummotzt, sollte man sich mit den tatsächlichen Verhältnissen im Kreis vertraut machen.“ Hochschild verweist darauf, dass die Hansestadt schon Hunderte Flüchtlinge aufgenommen habe, die Insel Usedom bislang aber nicht einen einzigen. Lars Petersen (ebenfalls CDU), Bürgermeister der Usedomer Gemeinde Heringsdorf entgegnet, dass höchstens in kleinen Inselgemeinden Platz wäre, jedoch die Flüchtlinge auch betreut werden müssten. „Wenn ein Betreuer bei der jetzigen Verkehrssituation nur im Stau steht“, bringe das nichts. Und Parteikollege Karl-Heinz Schröder, Vorsteher des Usedomer Südamtes, meint: „Die Infrastruktur für Flüchtlinge ist auf der Insel nicht gegeben. Wir haben weder genügend Kita-, noch ausreichend Schulplätze. Hinzu kommt, dass der Personennahverkehr auf der Insel dazu nicht ausgelegt ist.“ Das lässt Kreissprecher Achim Froitzheim nicht gelten. Tourismusbedingt gebe es im Inselnorden keinen Leerstand. „Wir prüfen aber gemeinsam mit den Bürgermeistern im Hinterland Möglichkeiten.“ Zu geeigneten Immobilien würden intensive Gespräche geführt, „sodass zukünftig sehr wohl auch auf Usedom Flüchtlinge untergebracht sein werden“. In Greifswald und auf Usedom wird sich die Lage noch verändern. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.“Kreissprecher Achim Froitzheim Kai Lachmann, Eckhard Oberdörfer und Hannes Ewert

Immer mehr Asylbewerber kommen in den Landkreis: Wo sollen sie untergebracht werden? - Bekommt Greifswald ein zweites Flüchtlingsheim?