Buch dokumentiert Grabsteine von Neuenkirchen bei Greifswald

In Vorpommern gibt es eine ganze Reihe wirklich bemerkenswerter Dorffriedhöfe an den Kirchen. Dazu gehört auch der von Neuenkirchen, auf dem einige bedeutende Gelehrte der Greifswalder Universität beigesetzt wurden. Der Grabstein des Schweden Thomas Thorild, (1759 bis 1808), er war Professor und Bibliotheksdirektor in Greifswald, zog schon zu DDR-Zeiten Besucher aus Skandinavien an. Thorild war einer der „aufgeklärtesten Männer und feiner Philosoph“, wie Pastor Christian Martin Balthasar (1745 bis 1819) im Totenregister anmerkte. Der Professor für morgenländische Sprachen Georg Wilhelm Overkamp (1707 bis 1790) bekam seinen großen Gedenkstein auf dem Neuenkirchener Friedhof 1886, weil er Geld für die Armen- und Freischule Greifswald stiftete. Auch das Familiengrab der Overkamps mit einer bescheidenen Gedenkplatte befindet sich auf dem Gottesacker. Nachlesen kann man das in einem anspruchsvoll bebilderten Büchlein von Gunther Kirmis, der in Neuenkirchen wohnt. Sein Heimatort verfügt damit über eine umfassende Dokumentation, die es für einen vorpommerschen Friedhof wohl sonst kaum gibt. So hat Kirmis alle historischen Stelen und erhaltene Fragmente mit ihren Inschriften und verwendeten Symbolen beschrieben. Ihre Aufstellung am jetzigen Ort erfolgte in den 1950er Jahren. Wo genau die Stelen und wichtigen Grabsteine stehen, lässt sich leicht auf dem Lageplan im Buch nachvollziehen. Es dokumentiert auch alle erhaltenen Gräber der Neuenkirchener Pastoren bis hin zu dem 2010 verstorbenen Hans-Jörg Krug, der immerhin 31 Jahre Pastor in dieser Kirchgemeinde war. Der eingangs erwähnte Christian Gabriel Balthasar war sogar 48 Jahre lang Pastor in Neuenkirchen. Damals endete die Amtszeit in der Regel mit dem Tod. Sein Sohn Johann Carl Balthasar folgte ihm als Pfarrer. Wie Gunther Kirmis schreibt, war Christian Gabriel Balthasar nicht nur Seelsorger. Er gründete, wie man damals sagte, eine Erziehungsanstalt, in der vier bis sechsjährige Jungen auf das Geschäftsleben vorbereitet wurden. Unter den Pastoren der jüngsten Zeit ragt Prof. Otto Haendler (1890 bis 1981) heraus, der ab 1935 in Neuenkirchen wirkte. Nach ihm ist das Gemeindehaus (früher Küsterhaus) benannt. Der Pastor hielt Vorlesungen an der Uni Greifswald und war als Psychotherapeut tätig. Als sein Verdienst gilt es, dass er die Bedeutung der Tiefenpsychologie für die Seelsorge erkannt hat. Info: Gunther Kirmis: Sprechende Steine. Die Neuenkirchener Grabsteine. ISBN 978-3-7319-0943-9, 12,95 Euro Von Eckhard Oberdörfer