Eine Kurkarte für ganz Usedom ab 2015

Kurtaxe für alle: Ab 2015 könnte auf der ganzen Insel Usedom eine einheitliche Kurabgabe bei allen Urlaubern einkassiert werden. Egal ob sie in herrschaftlichen Kaiserbädern oder in ruhigen Dörfern am Achterwasser übernachten — die Tourismusgebühr wäre dann überall fällig. Das plant der Tourismusverband Insel Usedom gemeinsam mit einigen Kurdirektoren und Bürgermeistern. Noch herrscht auf der Insel ein Wirrwarr aus Ostseebädern, Kurorten, Seeheilbädern und Dörfern ohne jeden Titel (siehe Infokasten). Touristen und Einheimische haben es da oft schwer zu verstehen, warum in einigen Orten die Taxe fällig wird und in anderen nicht — schön sind schließlich alle. „Wir wollen bei der Kurabgabe kein Flickenteppich mehr sein, sondern eine geografische Einheit“, sagt Heringsdorfs Kurdirektor Dietmar Gutsche, der an dem Projekt mitarbeitet. Mit den Einnahmen aus der Kurabgabe sorgen viele Orte auf der Insel Usedom dafür, dass Strand und Toiletten für Urlauber in einem guten Zustand sind. Allein die Kaiserbäder nehmen damit jährlich 3,7 Millionen Euro ein. So könnte die flächendeckende Kurtaxe umgesetzt werden: Die Insel soll als ein sogenanntes Erholungsgebiet deklariert werden. Damit bekämen alle Gemeinden das Recht, eine Kurabgabe zu erheben. Bislang hat der Bäderverband Mecklenburg-Vorpommern nur das Prädikat „Erholungsort“ vergeben. Das soll nun erstmals auf eine ganze Region angewendet werden. Bedingungen dafür sind gutes Klima, Radwege, Badestrände und Erholungseinrichtungen. Bevor es soweit ist, müssen noch einige politische Hürden genommen werden. Erst im Juli fand deswegen ein Treffen zwischen Touristikern und Vertretern des Schweriner Wirtschaftsministeriums statt. „Sollte es klappen, wären viele Probleme gelöst. Zum einen gäbe es zusätzliche Einnahmen für die Dörfer, zum anderen eine einheitliche Regelung für Gäste und Bewohner“, sagt Kurdirektor Gutsche. Denn noch erhebt jeder Kurort die Abgabe selbst und das sorgt für viel Ärger. So muss ein Radfahrer bei einer Tour entlang der Küste eigentlich mehr als 20 Euro für Kurkarten ausgeben, weil in jedem Ort ein neues Ticket fällig wird. Auch Bewohner anderer Insel-Gemeinden müssten beim Strandbesuch theoretisch zahlen. „Obwohl ich kein Tourist bin, muss ich eine Kurkarte kaufen, wenn ich in Heringsdorf zum Arzt oder zur Sparkasse will“, sagt ein Bewohner aus Benz, der seinen Namen nicht preisgeben will. Zwar drücken die Kontrolleure ein Auge zu, wenn sie einen Usedomer oder einen Touristen mit einer ortsfremden Karte treffen. „Aber vor dem Gesetz mache ich mich trotzdem strafbar“, sagt der Benzer. Hintergrund des Ärgers ist ein Gerichtsurteil von 2009, dass den Bädern vorschreibt, die Kurtaxe von allen Besuchern zu kassieren — auch von Usedomern und Wolgastern. Eine Insel, eine Kurabgabe: Diese simple Regel könnte all das Durcheinander beenden. Eine sinnvolle Idee, findet Dargens Bürgermeisterin Bärbel Finn. In ihrem Dorf wurde bislang keine Gebühr erhoben. „Ich glaube aber, dass viele Orte sich erst entwickeln müssen, bevor dort eine Abgabe gerechtfertigt ist“, sagt sie. Ähnlich sieht es das Kamminker Oberhaupt. Uwe Hartmann würde sich zwar über Geld freuen, mit dem er den Strand reinigen lassen kann. „Aber mir bereitet die Frage Bauchschmerzen, ob eine Kurabgabe zu unserem Dorf passt“, meint er. Wer darf überhaupt Kurabgabe kassieren? Eine Tourismusabgabe dürfen nur Gemeinden erheben, die als Kur- oder Erholungsorte anerkannt sind. So steht es im Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern. Der Bäderverband des Landes schreibt genau vor, welche Kriterien erfüllt werden müssen, um das begehrte Siegel zu bekommen. Dazu gehören ein günstiges Klima, Naturschutz, Radwege, Bademöglichkeiten und Erholungseinrichtungen. Neben den Erholungsorten gibt es weitere Prädikate mit noch höheren Anforderungen. Ein Luftkurort braucht zum Beispiel mindestens eine Arztpraxis und die Möglichkeit einer Klimakur. Ein Seebad muss an der Küste liegen und über eine Promenade verfügen. Die Badewasserqualität muss einwandfrei sein. In einem Heilbad muss ein wissenschaftlich anerkanntes Heilmittel des Bodens verfügbar sein, beispielsweise eine Mineralquelle oder ein Moorheilbad. Alexander Müller

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