Elisenpark Greifswald: Zwei Drittel der Geschäfte sind dicht

Verschlossene Türen, dunkle Geschäfte, menschenleere Shoppingmall: Das Einkaufszentrum Elisenpark am Stadtrand von Greifswald gleicht zumindest im südlichen Bereich einer Geisterstadt. Nur vereinzelt kommen Kunden zu Bäcker Kühl, der in diesem Bereich noch geöffnet hat. Auch in der gegenüberliegenden Apotheke brennt Licht, kaufen Leute Medikamente. Gut für das Ehepaar Friedrich, das hier zu den Stammkunden zählt. „Wir fahren jeden Donnerstag hierher, kaufen erst im Real ein und gehen dann zur Apotheke“, sagt Gisela Friedrich (82). In ihrem Einkaufswagen, den sie durch die Mall schieben, befinden sich ein paar Lebensmittel. „Hier finden wir alles, was wir brauchen“, sagt der 85-jährige Rudi Friedrich. Die vielen geschlossenen Läden links und rechts ihres Weges – für das betagte Paar nicht weiter schlimm. Für die Unternehmen hingegen schon. Anfang Dezember stellte die Friseurkette Klier einen Insolvenzantrag, die im Elisenpark eine ihrer Filialen betreibt. Am Montag dieser Woche wurde bekannt, dass die Adler Modemärkte AG aufgrund der Pandemieauswirkungen Insolvenz anmeldete. Davon ist auch die Greifswalder Filiale mit ihren 26 Beschäftigten betroffen. „Ein wichtiger Standort für uns“, sagt Unternehmenssprecher Peter Dietz auf OZ-Nachfrage. In MV gebe es sechs Filialen mit insgesamt 114 Mitarbeitern. Für sie werde derzeit die Möglichkeit der Kurzarbeit genutzt. Laut Dietz soll der Geschäftsbetrieb aber weitergeführt werden. Geplant sei, „sämtliche Standorte in Deutschland, also auch den in Greifswald, nach dem 31. Januar 2021 wieder zu eröffnen“. Lesen Sie auch Adler meldet Insolvenz an: Diese Filialen sind in MV betroffen Friseurkette Klier in MV: Welche Filialen müssen schließen? Elisenpark Greifswald zieht Millionen Kunden Zwei Drittel der Geschäfte sind dicht: Im Elisenpark mit seinen rund 40 000 Quadratmetern Fläche gehört der Adler Modemarkt zu dem Gros der von Corona betroffenen Unternehmen. Seit 16. Dezember sind zwei Drittel der hier Ansässigen zur Schließung verpflichtet, darunter alle Bekleidungsfachgeschäfte wie die von Frank und Diana Embach, die Shops der Telekommunikationsunternehmen, das Tui-Reisecenter, Stresemanns Schmuck- und Uhrengeschäft sowie alle Friseurläden. Nur 16 der insgesamt 45 Geschäfte dürfen laut Centermanagerin Karin Rüdiger zur Sicherung der Nahversorgung geöffnet bleiben. „Aber auch mit den übrigen Mietern stehen wir während des Lockdowns in engem Austausch. Wir übernehmen zusätzliche Services, wo immer möglich“, versichert sie. So würden die Ansprechpartner über aktuelle Entwicklungen per Rundmail informiert. Man nehme ihre Post an oder biete kostenlose Werbung auf der Website, etwa für Click & Collect-Angebote, bei der Kunden ihre Online-Bestellungen im Center abholen können. Der Media Markt und weitere Geschäfte bieten Kunden diesen Service. Real zählt etwas weniger Kunden: „Schon vor der Krise und jetzt erst recht verstehen sich alle Beteiligten als ,Team Elisenpark’“, sagt Karin Rüdiger und schließt neben den Gewerbetreibenden auch den Eigentümer und das Centermanagement ein. Keine Aussage indes trifft sie auf die Fragen, ob Mieter aufgrund der coronabedingten Schließung bereits in Zahlungsschwierigkeiten geraten seien oder der Eigentümer Mietstundungen gewähre. „Zu diesen Interna können wir keine Auskunft geben“, sagt sie. Mit konkreten Aussagen zu finanziellen Folgen der Coronakrise hält sich auch Frank Grüneisen, Pressesprecher der Real GmbH, zurück. Das Warenhaus mit seinen 7000 Quadratmetern Einkaufsfläche und über 75 000 Produkten gehört zu den großen Playern des Centers. „Aktuelle Vergleichsdaten zum Vorjahr zeigen, dass zwar der Bon-Wert pro Einkauf in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen ist, die Kundenfrequenz dagegen etwas sinkt“, sagt Grüneisen und verdeutlicht: „Es kommen also insgesamt etwas weniger Kunden als vorher, die dann jedoch direkt ihren Wocheneinkauf tätigen.“ Dennoch habe der Markt auch im vergangenen Jahr rund eine Million Kunden begrüßt. Von den 160 Mitarbeitern sei niemand in Kurzarbeit geschickt worden. Enorme Nachfrage bei Nonfood-Sortimenten: Offensichtlich ist, dass der Verbrauchermarkt mit seinem Vollsortiment von der Schließung anderer Geschäfte profitiert: Denn Grüneisen räumt ein, dass es in einigen Warenbereichen zu Engpässen komme, darunter bei Unterhaltungselektronik, Bürotechnik wie Druckern, Headsets und Monitoren, Computerkonsolen und Spielwaren. In diesen Kategorien gebe es einerseits eine enorme Nachfrage, andererseits Lieferprobleme der Hersteller. „Unsere Nonfood-Sortimente haben wir jedoch in keiner Produktkategorie erweitert, seit der Lockdown begonnen hat“, so der Unternehmenssprecher. Unabhängig davon ist weiterhin unklar, wie es mit dem Real-Markt in Greifswald weitergeht. 2020 wurde bekannt, dass der Discounter Kaufland eine Reihe von Real-Märkten übernehmen wird. „Bislang sind 13 Standorte definiert, die Anfang Februar von Real an Kaufland übergeben werden“, sagt Grüneisen. Greifswald gehöre bislang nicht dazu. Online-Bestellservice kommt gut an: Nur ein paar Schritte entfernt befindet sich der Obi-Baumarkt, der coronabedingt geschlossen hat. Gewerbetreibende jedoch und Privatpersonen, die vorher etwas online bestellt haben, können ihre Waren im Eingangsbereich abholen. „Das klappt hervorragend“, lobt Bastian Farr, der gerade einen Schlitten in sein Auto packt. Bereits zum zweiten Mal nutzte der Familienvater diesen Service. Das erste Mal habe er Farbe und Malerutensilien zum Renovieren geordert und eingesackt. Marktleiter Erik Harms ist froh, dass Obi wenigstens dieses Angebot unterbreiten könne. „Es trägt zur Schadensregulierung bei. Leben können wir von diesen Umsätzen nicht“, stellt er klar. Deshalb müssten Mitarbeiter seines rund 40-köpfigen Teams auch verkürzt arbeiten. Die Auswirkungen des Lockdowns – sie seien eine einzigartige Herausforderung. Auch für Sylvia Pantermöller. Mit ihrem kleinen Dekoladen „Sylvis dicke Kiste“ gehört sie im Elisenpark zu den Unternehmern der ersten Stunde. Wie sich die Schließung finanziell auswirkt –dazu möchte sie lieber nichts sagen. Nur so viel: „In der OZ ist immer nur davon die Rede, dass die Innenstadthändler dringend Unterstützung benötigen. Und wer denkt an uns auf der grünen Wiese?“ Von Petra Hase