Firmen wollen 100 Vietnamesen ausbilden

In Polen suchen Firmen aus Vorpommern, die in der Region keine Azubis oder Angestellten mehr finden, schon länger nach fähigem und motiviertem Personal. Bei der Erdbeerernte in MV sind viele ukrainische Studenten beschäftigt und der Bäderverband MV macht sich zurzeit auf die Suche nach Mitarbeitern im Kosovo und in Albanien. Der Arbeitsmarkt wird also internationaler. Und die Bestrebungen zur Kontaktaufnahme machen nicht an den Grenzen Europas Halt. Zwischen Vietnam und Vorpommern besteht seit langem ein reger Austausch. Nun hat eine vietnamesische Delegation aus der nördlichen Küstenprovinz Ha Tinh am vergangenen Freitag Unternehmen in Vorpommern besucht, darunter die Metallbauunternehmen MAL und RIS in Lubmin und die ME-LE Gruppe in Torgelow. Wie von Seiten des Unternehmerverbandes Vorpommern zu erfahren war, galt als Höhepunkt des Treffens in Lubmin die Unterzeichnung einer Kooperationsvereinbarung. Der Verband, das Berufsfortbildungswerk (BFW) in Mecklenburg-Vorpommern und die vietnamesische Verwaltungsagentur für Arbeit und Soziales in Ha Tinh wollen künftig zusammenarbeiten. Ziel sei es, jungen Vietnamesen eine berufliche Ausbildung und Perspektive in Vorpommern zu ermöglichen, teilt der Unternehmerverband mit. „Der Mangel an Fach- und Hilfskräften wird in immer mehr Branchen in unserer Region zu einer Wachstumsbremse. Deshalb möchten wir junge, tatkräftige Menschen aus Vietnam für uns gewinnen. Und dies nicht nur im Hotel- und Gastronomiebereich oder im Gesundheitssektor, sondern auch in Berufsgruppen wie Metall, Elektronik, Erneuerbare Energien und im Bau“, unterstrich Gerold Jürgens, Präsident des Unternehmerverbandes. „Wir bieten den Vietnamesen nach dem Erlernen der deutschen Sprache eine attraktive Ausbildungsmöglichkeit und damit gute Grundlagen für ihren beruflichen Weg“, warb auch Klaus-Dieter Landsmann, Geschäftssegmentleiter im BFW, für die Chancen, die im Nordosten Deutschlands geboten werden. Er fügte hinzu, dass die kleinen und mittelständischen Firmen im Land nur gemeinsam eine solche Aufgabe bewältigen könnten. Erörtert wurde ein Stufenprogramm, das zunächst die Ausbildung von 100 Vietnamesen ab dem Jahr 2021/22 vorsieht. Die vietnamesische Delegation informierte sich den Angaben zufolge darüber hinaus in Torgelow bei der ME-LE Gruppe. ME-LE plant den Bau einer 75 Kilowatt-Biogasanlage für Ausbildung, Training und Forschung im German Vietnamese Industry Park in Ha Tinh. Die Vereinbarungen sind das Ergebnis der Reise einer Regierungs- und Wirtschaftsdelegation des Landes unter der Leitung von Staatssekretär Stefan Rudolf im März dieses Jahres. Die Provinz Ha Tinh liegt rund 340 Kilometer südlich der Hauptstadt Hanoi und hat rund 1,3 Millionen Einwohner. „Mecklenburg-Vorpommern besitzt für viele vietnamesische junge Menschen eine hohe Attraktivität für die Planung ihres Berufslebens“, meinte Rudolph. Dafür spreche die mehr als 50-jährige Zusammenarbeit, die es in der Aus- und Weiterbildung und in der Forschung zwischen Vietnam und den Universitäten in Greifswald und Rostock gibt. Aus der Provinz Ha Tinh arbeiten derzeit unter anderem 6870 Facharbeiter in Südkorea, 3370 in Japan und 11850 in Taiwan. Die Universität Greifswald hat große Traditionen bei der Ausbildung von Vietnamesen. Sie begann in den 1960er Jahren und besteht bis heute. Seit 2002 gibt es eine Außenstelle der Uni Greifswald in Hanoi. Sie wird von Le Nguyen Binh geleitet, die selbst in Greifswald studiert hat. Zahlreiche Bürger des asiatischen Landes haben in den vergangenen Jahrzehnten in Vorpommern studiert. In den 1970er Jahren führten Greifswalder Wissenschaftler Forschungen in Vietnam durch und wirkten am Aufbau einer Rotalgen-Zucht mit. Am Pfingstmontag brachte der Deutschlandfunk eine einstündige Reportage über Vietnam und seine Beziehungen zu Greifswald (campus & karriere). Dazu hatte die Reporterin in Vietnam und Greifswald Material gesammelt. Ausgangspunkt war ein Artikel der eng mit Vietnam verbundenen Greifswalder Jörn Kasbohm, Henry Witt und drei Vietnamesen in einem Buch der Friedrich-Ebert-Stiftung mit dem Titel „Unsichtbar“ von 2017. Im Internet kann der Film „Study in Greifswald with Vietnamese Traditions“ eingesehen werden. Kai Lachmann

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