Fischbetrieb „Strelasund“ ist pleite

Ein weiterer traditionsreicher Stralsunder Betrieb gerät in schwere See: Wie gestern bekannt wurde, musste die Fischereigenossenschaft „Strelasund“ mit ihrer Produktionsstätte am Carl-Heydemann-Ring Insolvenz anmelden. Betroffen sind 22 Mitarbeiter. Als Ursache für die Zahlungsunfähigkeit nannte der vorläufige Insolvenzverwalter Jörg Sievers aus Greifswald massive Absatzschwierigkeiten. Das Verfahren wurde am 28. April eingeleitet. Noch am selben Tag hatte Sievers Kontakt mit der Geschäftsleitung aufgenommen. Zu den Problemen sei es gekommen, nachdem im Vorfeld Übernahmeverhandlungen gescheitert waren. Einer der Hauptauftraggeber wollte den Betrieb kaufen. Dazu kam es aber nicht. Der Kunde habe nicht nur sein Angebot, sondern auch alle seine Aufträge zurückgezogen. Damit brach ein Produktionsvolumen von 90 Prozent weg. Die Umsätze blieben aus. „Das ist ein Schlag, den man nicht verkraften kann“, sagt Sievers. In dieser kritischen Situation blieb also praktisch kein anderer Ausweg, als der bittere Gang zum Insolvenzgericht. Eine Woche nach dem Desaster ist Sievers aber zuversichtlich, dass der Betrieb noch zu retten ist. Der potenzielle Käufer sei weiter im Rennen und halte sein Interesse aufrecht. Erste Gespräche habe es bereits gegeben, und Sievers hat „begründete Hoffnungen“, dass die Verhandlungen wieder aufgenommen werden. Noch in dieser Woche soll entschieden werden, ob die Produktion für diesen Kunden erneut weiter geht. Deshalb würden die Anlagen jetzt auch nicht stillstehen. „Ich denke, dass wir in ein, zwei Tagen wieder richtig loslegen“, kündigt Sievers an. In einer Betriebsversammlung seien die Mitarbeiter über die Lage informiert worden und würden die Bemühungen unterstützen. „Alle sind hoch motiviert“, so der Anwalt. Geöffnet bleibe auch weiter der Fischladen im Carl-Heydemann-Ring 91, zu dem eine eigene Fischräucherei gehört. Alle Beschäftigten — 15 arbeiten in Vollzeit, sieben sind in Teilzeit tätig — hätten bisher ihren Lohn pünktlich bekommen. Die Löhne für April würden jetzt über das Insolvenzgeld gezahlt. Auf diesem Wege seien auch die Einkommen für Mai und Juni abgesichert. In dieser Zeit will Sievers „an der Zukunft stricken“ und hofft, dass die Verhandlungen zum Erfolg führen. Um wen es sich bei dem Investor handelt, darüber sei aber absolutes Stillschweigen vereinbart worden. Die Tradition der Fischerei reicht an dem Standort bis ins Jahr 1932 zurück. Die Fischereigenossenschaft gründete sich 1959. Ende der 90er-Jahre schieden aber die letzten Fischer aus. Seitdem handelt es sich um einen reinen Produktionsbetrieb für Fischverarbeitung. Spezialität sind Bratheringe in verschiedenen Marinaden, Bismarck-Hering, Rollmöpse und Matjes — auch in Großabpackungen für die Gastronomie. Die Geschäftsleitung liegt in den Händen von Wolfgang Hübner, der seit über 40 Jahren im Betrieb ist. 1973 hat er hier seine Lehre absolviert und war bis 1993 als Fischer unterwegs. Dann wechselte der 57-Jährige in den Technik- und Produktionsbereich. 2006 übernahm er den Genossenschaftsvorsitz und schließlich die Geschäftsleitung. Täglich können in dem Unternehmen bis zu zwölf Tonnen Hering verarbeitet werden. Fangquoten sorgen jedoch für eine angespannte Marktlage. „Es ist nicht einfach“, sagte Hübner gestern. Morgens gefangen, mittags im Glas Mit dem Slogan „Morgens gefangen, mittags im Glas“ wirbt die Fischereigenossenschaft „Strelasund“ für ihre Produkte. Die Tradition reicht bis in das Jahr 1932 zurück. Am 1. Januar 1959 gründete sich die „Produktionsgenossenschaft werktätiger See- und Küstenfischer Strelasund“. 1960 schlossen sich sämtliche 111 Einzelfischer an. Damit entstand die größte Fischereigenossenschaft im damaligen Bezirk Rostock. In den 60er-Jahren gab es eine eigene Brutanstalt für Hechte. Am 20. Oktober 1965 fingen die FPG- Fischer Hermann Heiden und Gerhard Venz die legendäre Lederschildkröte, die noch heute im Meeresmuseum zu sehen ist. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) besuchte den Betrieb am 19. Juni 2002 und sah sich die für 4,2 Millionen DM sanierten Hallen an. 1990 stellten 107 Beschäftigte im Jahr 1200 Tonnen Fischerzeugnisse her. 2002 verarbeiteten 30 Beschäftigte 800 Tonnen Fisch.an Marlies Walther

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