Greifswald: Thomas Bartels zeigt Kindern im Tierpark das Imkern

Wenn es im Tierpark Greifswald summt, ist er nicht weit: Thomas Bartels ist seit 2014 für das dortige Bienenhaus verantwortlich – und das aus Leidenschaft im Ehrenamt. Angefangen hat alles mit seinem Beruf als ambulanter Familienhelfer. Hierfür war er oft mit seinen Klienten im Greifswalder Tierpark zu Besuch. Eines Tages im Jahr 2014 sah er das dortige Bienenhaus leer stehend – und fragte nach dem Grund. Volltreffer! Der Arbeitsvertrag des damaligen Pflegers war gerade ausgelaufen, die Bienen wurden versorgt, aber viel mehr Zeit blieb dem Tierpark nicht für weiterführende Projekte. Ein glücklicher Zufall für beide Seiten, auch für Tierpark-Chefin Heidi Schönherr: „Wir sind sehr froh, dass Herr Bartels zu uns gestoßen ist. Er hat die AG „Kleine Imker“ ins Leben gerufen, betreut Seminare für den Bundesfreiwilligendienst, hält zu speziellen Anlässen Vorträge – so werden unsere Bienen professionell betreut und der Tierpark ganz wundervoll repräsentiert.“ Eine glückliche Fügung – doch ehrenamtlich auch nicht immer einfach. Lesen Sie auch 3,8 Milliarden Euro jährlich: So viel leisten Insekten für Deutschlands Wirtschaft Winterlinge im Stralsunder Zoo bieten Bienen erste Nahrung Garten für Bienen gestalten: Welche Pflanzen helfen gegen das Bienensterben? Bildung mit Mehrwert für beide Seiten: Ansatz des Tierparks war es von Anfang an, das Wissen über Bienenvölker und Honigherstellung auch interessierten Besuchern zugänglich zu machen. So gibt Thomas Bartels im Rahmen seiner Tätigkeit auch Imker-Seminare für Kinder im Tierpark. Ein Gewinn für beide Seiten: Die Teilnehmer lernen am lebenden Beispiel, wie ein hochintelligentes Bienenvolk funktioniert und wie Honig eigentlich entsteht – auf der anderen Seite hat der Imker fleißige Helfer, die ihm beim Erstellen teils hunderter Rahmen für die Bienenstöcke der Saison zur Hand gehen. Oder, sehr beliebt bei den Kindern: beim Schleudern des Honigs helfen. Ein wenig Durchhaltevermögen ist allerdings schon gefragt: Etwa ein Jahr sollten sie dabeibleiben. Anders ist die Arbeit im Ehrenamt nicht zu bewerkstelligen. Mit den Bienen in die Kitas: Ein ganz neuer Ansatz, der begeistert angenommen wird: Thomas Bartels betreut mit seinem Wissen auch Kita-Kinder. „In den ersten warmen Tagen dieses Jahres kamen die Kinder plötzlich zu uns, sie hatten Bienen gefunden. Sie sorgten sich um deren Wohl, weil es doch wieder kalt werden sollte“, so Martina Voigt, Betreuerin in der Kita „Kleine Entdecker“ in Greifswald. „Das war für uns die Geburtsstunde der Idee, nach einem Imker zu suchen, um das schon vorhandene Interesse der Kinder zu unterstützen.“ Etwa 2950 Imker mit mehr als 28 000 Bienenvölkern gibt es derzeit in Mecklenburg-Vorpommern. Davon sind 1900 Imker im Landesverband organisiert. Der größte Anteil entfällt dabei auf Freizeit-Imker. Um Imker zu werden, benötigt man keine Extra-Ausbildung, eine Imker-Schulung mit Grundkenntnissen auch zu rechtlichen und Versicherungsfragen wird aber vom Landesverband empfohlen. An die zehn Völker hat jeder Imker hierzulande, das ist der höchste Durchschnittswert in ganz Deutschland. Und: Kein anderes Bundesland produziert mehr Honig als MV – etwa 924 Tonnen pro Jahr! Am 20. Mai ist übrigens UN-Weltbienentag. Damit unterstreicht die Weltgemeinschaft den dringenden Schutz der Bienen. Keine Seltenheit, so die Erfahrung von Thomas Bartels. Schon Dreijährige kümmern sich gerne rührend um „ihr“ Bienenvolk, naschen mit Vorliebe direkt aus den Waben. Fragen haben die Kleinen viele: ob es auch einen Bienenkönig gibt oder ob die Bienen ihre Imker erkennen können. Staunend beobachten sie, wie ein Bienenstock entsteht und ein paar Monate später Honig daraus wird. Den können sie sogar mit nach Hause nehmen, denn der Tierpark verkauft den eigenen Honig auch vor Ort. Besonders spannend: Ein Rahmen mit dem Namen der jeweiligen Kita darauf schafft persönliche Bindung und Verantwortungsbewusstsein. Lust und Frust: Es ist nicht alles süß, was schmeckt: Thomas Bartels weiß mittlerweile viel über die hoch entwickelten Insekten, ist immer wieder begeistert von deren Intelligenz und weiß um ihre Bedeutung für das gesamte Ökosystem. Und darum macht er gerne weiter. Dennoch braucht es Leidenschaft für diese Tätigkeit, denn die Bedingungen sind schwierig. Mindestens zwei Standorte muss er für seine Bienenvölker haben, zu groß die Gefahr, dass eines einen harten Winter nicht übersteht. Und natürlich muss er auch Steuern zahlen für die Insekten und deren Haltung. Aber deswegen aufhören mit dem Ehrenamt im Tierpark? Für den zweifachen Vater keine Option. „Die Kinder sind von sich aus interessiert an Bienen, an allen Tieren. Sie sorgen sich um ‚ihre Biene‘, wollen verstehen, wie sie helfen können, dass es ihnen gut geht.“ Das ist für mich der beste Ansatz, ein Bewusstsein zu erwecken. Dass es sich lohnt, für unsere Umwelt zu kämpfen. Kinder tragen das ganz intuitiv in sich. Ein Vorbild für uns alle.“ Der schönste Lohn: Darum macht er weiter, für sich und die nächste Generation. Aus Überzeugung und weil er sieht, dass die Arbeit Früchte trägt. „Neulich kam ein Seminarteilnehmer zu mir. Er bedankte sich herzlich und sagte, er würde aber in Zukunft nicht mehr kommen. Weil er jetzt ein eigenes Bienenvolk hat. Nichts Schöneres hätte er mir sagen können. Dann weiß ich: Ich habe alles richtig gemacht.“ Von Annika Zimmermann