Greifswalder Ärztin reist zu Flüchtlingen nach Lipa in Bosnien

Die humanitäre Situation in Bosnien-Herzegowina nahe der Grenze zu Kroatien bleibt angespannt. Die Greifswalder Ärztin Kristina Hilz reist nach Velika Kladusa in der Nähe der bosnischen Gemeinde Lipa, um dort zu helfen. Seit einem verheerenden Brand in einem Geflüchteten-Lager harren im Gebiet rund um das Dorf laut Berichten von Medien und Hilfsorganisationen noch immer mehrere tausend Menschen in provisorischen Camps aus. Bei Minusgraden leben die Geflüchteten dort an der EU-Außengrenze quasi schutzlos im Freien, ohne Zugang zu medizinischer Versorgung. Mit über 50 Schlafsäcken nach Bosnien: Kristina Hilz reiste am Freitag zunächst nach Süddeutschland. Den Rest der etwa 1500 Kilometer langen Route über Österreich, Slowenien und Kroatien an die bosnische Grenze legte die Greifswalderin wegen eines noch ausstehenden Corona-Tests am Dienstag zurück. Ihren Kleinwagen hat die junge Ärztin bis unter das Dach vollgestopft mit Schlafsäcken. Lesen Sie auch: Bericht: Flüchtlinge im bosnischen Lager schlafen bei minus 15 Grad im Freien Da die Geflüchteten in Bosnien real vom Kältetod bedroht sind, hatte der Verein „Greifswald hilft“ zu einer Spendenaktion aufgerufen. Mehr als 50 Schlafsäcke kamen so zusammen. „Die Beteiligung war wirklich sehr groß. Am Ende mussten wir die Aktion abbrechen, weil ich nicht mehr Schlafsäcke hätte mitnehmen können“, erzählt Hilz, die sich selbst seit 2015 in dem Verein engagiert. Einsatz in Moria war prägend: Für die 26-Jährige ist es auch nicht das erste Mal, dass sie sich dorthin begibt, wo die Not von Geflüchteten besonders dringend ist. Als Studentin war sie im griechischen Lager Moria im Einsatz. Die Eindrücke, die sie vor Ort gewann, prägten sie nachhaltig. „Die Arbeit dort hat mir verdeutlicht, dass diese Lager die Hölle auf Erden sind und ihr Erhalt Menschen und Grundrechte mit Füßen tritt“, sagt Hilz. Sie sei schockiert von den Entwicklungen der letzten Jahre. Sowohl von der Abschottung der EU-Außengrenze als auch von der Art und Weise, wie sich manche Menschen hierzulande geistig vor dem Leid der Geflüchteten verschließen würden. „Wie wir mit den schutzsuchenden Menschen umgehen, ist wohl eine der wichtigsten Fragen unserer Zeit.“ Derweil häufen sich auch zur Lage der Menschen rund um Lipa die Berichte über sogenannte „Pushbacks“. Geflüchtete, denen der Grenzübertritt nach Kroatien, also auf EU-Territorium, gelang, würden gewaltsam von der kroatischen Polizei wieder zurück nach Bosnien gebracht. Hilz: Gerade diesen Menschen helfen: Vier Wochen – länger konnte Hilz damals wegen des Zeitdrucks in ihrer Ausbildung nicht in Moria bleiben. Diesmal ist die Ausgangslage anders: Vor gut einem Monat schloss sie ihr Medizinstudium ab und ist seitdem eine approbierte Ärztin. In Bosnien will sie nun so lange Hilfe leisten, wie es die Umstände erlauben. Ihr Visum ist bis zu 90 Tage gültig, erzählt sie. Mit ihrer Arbeit unterstützt sie vor Ort die Organisation Medical Volunteers International (MVI), die gleiche Organisation, für die sie auch schon in Moria tätig war. Was die Ärztin neben dem Menschenrecht auf medizinische Hilfe bei ihrer Arbeit immer wieder bewege, seien die Erfahrungen, die ihre Patienten mit ihr teilen. Die Geflüchteten in Bosnien stammen überwiegend aus Afghanistan, Algerien, Bangladesch und Pakistan. Nicht erst seit dem Brand Ende des letzten Jahres, sondern schon seit Jahren würden sie nahe der Grenze zu Kroatien im Elend leben, betont Hilz. „Diese Menschen fliehen vor Krieg, politischer Verfolgung oder anderen Gewalterfahrungen. Ihre Erlebnisse während ihrer Flucht bedeuten für sie dann noch ein zweites, an der Grenze gefangen zu sein ein drittes Trauma.“ Es ginge ihr daher darum, gerade diesen Menschen möglichst viel Hilfe und Unterstützung zukommen zu lassen. Von Alexander Kruggel