Greifswalder Kunstauktion ohne Auktionator

Anett Simon ist mit zwei Elstern ins St. Spiritus gekommen. „Elster 1 und Elster 2 heißen sie“, klärt die Keramikerin aus Groß Kiesow schmunzelnd auf. Beide schwarz-weißen Vögel wurden bei 900 Grad gebrannt, können also auch draußen stehen. Wie sie kamen letzten Freitag dutzende Künstler ins Soziokulturelle Zentrum in die Lange Straße, denn von 11 bis 17 Uhr wurden dort alle Werke angenommen, die jetzt unter den Hammer kommen sollen. Symbolisch, versteht sich. Denn eine Kunstauktion mit wortgewandtem Auktionator, wie sie es seit 38 Jahren in Greifswald immer im Advent gegeben hat, darf in diesem Jahr leider nicht stattfinden. Wegen Corona. „Wir haben uns deshalb für unsere 39. Kunstauktion etwas anderes einfallen lassen müssen“, erklärt Ekkehard Brunstein, der Vorsitzende von art7. Lesen Sie auch: Gaspipeline Nord Stream 2 kann weitergebaut werden: Warum es jetzt schnell gehen muss Landrat Sack gegen Ex-Senator Scheer: Warum sich die Betrugsvorwürfe in Luft auflösen Zusammen mit dem zweiten Greifswalder Kunstverein artcube ist art7 Veranstalter der nunmehr ersten „Stillen Auktion“ in Greifswald. Sie heißt deshalb so, weil man nicht lauthals sein Gebot in einen Saal rufen kann. Man darf es nur aufschreiben. Still und leise für sich. Am besten macht man das auf einer Bieterkarte, aber eine einfache Mail tut es auch. Gebote per Karte oder Mail: Und wo gibt es nun Bieterkarten? Man kann sie sich unter www.art7-greifswald.de online abrufen oder einfach abholen im Laden von St. Spiritus, in der Neuen Greifengalerie sowie in der Galerie Schwarz. Wem das zu viel ist, der schreibt eine Mail an info@art7-greifswald.de. Und damit auch jeder weiß, wo er in etwa mit seinem Gebot steht, sollen bereits eingegangene Zahlen dreimal veröffentlicht werden. Und zwar am 3., 6. und 8. Dezember in den Schaufenstern sowie auf www.art7-greifswald.de. Alle Freitag im St. Spiritus angelieferten Werke sind inzwischen auf drei Plätze in der Innenstadt verteilt worden. Das sind die Kultur-Vitrinen in der Luther-/Ecke Lange Straße und im schillernden Kiosk am Mühlentor. Dritter im Bunde ist der Kunstkubus am Karl-Marx-Platz. Jedes Werk hat dort eine Nummer, die neben dem persönlichen Gebot natürlich beim Bieten anzugeben ist. Geboten werden kann bis 9. Dezember. Einen Tag später soll bereits die Auswertung erfolgen. Entscheidend ist am Ende wie immer das Höchstgebot. Im letzten Jahr, als alles noch normal ablief, wurden im St. Spiritus 70 Exponate eingereicht. 61 davon versteigert. „Der Gesamterlös lag 2019 bei 7233 Euro“, informiert Ralf Müller-Feldhoff, der Schatzmeister von art7. Er hofft, ebenso wie Ekkehard Brunstein, auf ein ähnlich gutes Ergebnis in diesem Jahr. „Die Einstiegspreise wurden von den Künstlern angemessen festgelegt“, verspricht er. Einige Werke liegen bei einem Startgebot unter 100 Euro und sind damit auch für Einsteiger in die Kunstwelt interessant“. Arbeiten bekannter Künstler und Newcomer: Exakt 100 Euro pro Elster möchte Anett Simon mindestens erlangen. „Im Preis ist bereits der Metallstab zum Aufstellen inclusive“, sagt sie. Neben Keramik gibt es bei der 39. Kunstauktion viel Malerei, Zeichnungen, auch Grafiken, Fotografien und unterschiedliche Skulpturen. Die Werke kommen von bekannten Künstlern der Region, wie Karin Wurlitzer aus Neuenkirchen, Thomas Reich aus Müggenwalde bei Grimmen oder Eckard Labs und Sigrid Henschel aus Greifswald. „Aber es sind auch Newcomer dabei“, sagt Ekkehard Brunstein. Die Kunstwerke für die 39. Greifswalder Kunstauktion sind ab 1. Dezember an drei Standorten offiziell zu besichtigen: im Kunstkubus am Karl-Marx-Platz sowie in den Vitrinen in der Luther-/Ecke Langestraße und am Kiosk Mühlentor. Bieterkarten gibt es im St. Spiritus-Laden, in der Neuen Greifen-Galerie und der Galerie Schwarz. Sie können ausgefüllt mit Geboten und Ausstellungsnummern in den Briefkasten am St. Spiritus eingeworfen oder online unter info@art7-greifswald.de eingesandt werden. Einsendeschluss ist der 9. Dezember. Online sind Bieterkarten unter www.art7-greifswald.de abrufbar. Einer davon ist Ted Behrens. Der Kunstlehrer beim Seminar für kirchlichen Dienst lebt seit dreieinhalb Jahren in der Hansestadt. Er nimmt zum zweiten Mal an der Auktion teil, erzählt er, und versteigert diesmal eine Skulptur und einen Holzschnitt. Beide Arbeiten warten im Kubus am Karl-Marx-Platz auf Gebote. „Wir wollen mit der ‚Stillen Auktion‘ wie auch die Jahre zuvor unsere Künstler unterstützen“, erklärt Ekkehard Brunstein das Anliegen. „Vor allem jene, die hauptberuflich von ihrer Kunst leben. Wegen geschlossener Galerien und abgesagter Märkte gehören sie ja zu den Hauptverlierern der Corona-Krise.“ Und Brunstein kann guter Hoffnung sein, dass dieses Vorhaben gelingt: Denn schon am Wochenende gab es reges Interesse an der ausgestellten Kunst, wenngleich hier und da noch Bieternummern fehlten. Aber die werden noch angebracht. Offizieller Start der 39. Kunstauktion ist der 1. Dezember 2020. Von Reinhard Amler