Klangliche Noblesse im Dom

„Eine große Freude!“ So nannte es vorgestern Greifswalds Dom-Organist Frank Dittmer, den Kammerchor Vocalisti Rostochienses der Hochschule für Musik und Theater Rostock (HMT) für ein Konzert in St. Nikolai gewinnen zu können. Die Besucher haben sie mit ihm geteilt. Denn das unter dem Motto „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“ stehende chorische Advents- und Weihnachtsprogramm machte dem international vielfach mit Preisen und Medaillen ausgezeichneten Ensemble alle Ehre. Dagmar Gatz, Professorin für Chorsingen und Chordirigieren an der HMT, favorisierte für diesen Abend ein Repertoire, an dem sich auch drei Studentinnen beteiligten. Jenseits populärer „Ohrwürmer“ ging es mit Kompositionen von Moritz Hauptmann, Josef Gabriel Rheinberger, Peter Cornelius und Emil Naumann um anspruchsvolle a-cappella-Romantik, Chorsätze von Zoltan Kodaly, Józef Swider, Robin Wells, Joseph Graham und Camille Saint-Saëns sowie diverse Arrangements. Das Programm schien vor allem geeignet, wichtige Tugenden des Chores zu betonen: schönste klangliche Ausgeglichenheit, runde, weiche, stets klangvolle und lockere Tongebung sowie eine bemerkenswerte dynamische Variabilität, verbunden mit der Fähigkeit zu einem phantastischen Piano; von exquisiter Intonation ganz zu schweigen. Da verriet jeder Takt akribische gesangstechnische und stimmliche Feinarbeit, die sich aber nie im Detail verlor. Sie erschien als beeindruckendes Gesamtbild gestalterischer Vielfalt auch dort, wo es sich scheinbar um „einfache“ Chorsätze handelte. Unverkennbar schien der Hang zur Verbindung von klanglicher Noblesse und starker dynamischer Zurückhaltung. Ein wahrlich genussreicher Abend! Es war wohl dem hohen Besinnlichkeitsfaktor des Themas geschuldet, dass kraftvolle, auch einmal freudig glänzende Klänge eher wenig Platz im Programm hatten. Vielleicht bei einem nächsten Besuch? Ekkehard Ochs OZ

Greifswald - Klangliche Noblesse im Dom