„Luise Greger, eine pommersche Gans“: Opernale widmet sich Greifswalder Komponistin

„In Greifswald bin ich geboren, wo es die fetten Gänse gibt. Ich bin auch eine von den Gänsen“, witzelt Luise Greger noch bei ihrem Aufnahmegespräch 1943 in die Psychiatrische Landesheilanstalt Merxhausen. Doch die Situation ist ernst: Die hochbetagte Frau wird beim Gespräch in die Enge getrieben, versucht, durch falsche Angaben Leib und Leben zu retten. Doch vergeblich. Nur sieben Wochen später ist sie tot. Mit der Musiktheater-Uraufführung „Luise Greger, eine pommersche Gans“ rückt das Opernale-Festival 2021 das bewegte Leben und das Werk der Greifswalder Komponistin, Pianistin und Sängerin (1861–1944) in den Fokus. Luise Greger in ihrer Heimatstadt immer noch unbekannt: Mit dem neuen Musiktheaterwerk setzt die Opernale die Reihe der Wiederentdeckung bemerkenswerter pommerscher Frauen fort. Angefangen 2014 mit der jungen Dichterin aus der Barockzeit, Sibylla Schwarz, gefolgt 2017 von der niederdeutsch dichtenden Pfarrerstochter Alwine Wuthenow. „Luise Greger als Komponistin ist natürlich prädestiniert, weil sie schon im Vorfeld sehr viel musikalischen Stoff liefert“, sagt Henriette Sehmsdorf, künstlerische Leiterin der Opernale. Während man sonst Aufträge für Kompositionen vergeben habe, sei es diesmal andersrum: „Hier gibt es die Musik bereits, aber während Luise Greger in ihrem späteren Wohnort Kassel mit einem internationalen Festival gefeiert wird, ist sie in ihrer Heimatstadt noch immer eine Unbekannte“, so Sehmsdorf. Das soll sich nun ändern. Das Benefizkonzert findet am 28. März statt. Der Eintritt ist auf Spendenbasis. Anmeldung notwendig unter https://tix.straze.de/Opernale1/(11 Uhr), https://tix.straze.de/Opernale2/ (15 Uhr). Der Kartenvorverkauf für die diesjährige Opernale startet ab Juni. Premiere ist am 20. August 2021 in der Straze in Greifswald. Wer eine Opernale-Aktie erwerben will, kann sich unter karten@opernale.de melden. Weitere Infos unter: www.opernale.de Vom 20. August bis 19. September wird das mobile Festival wieder mit seinem Musiktheater durchs Land rollen und die Geschichte dieser außergewöhnlichen Frau erzählen, die ihre ersten 26 Lebensjahre in Greifswald verbrachte. Das Stück beginnt mit dem dramatischen Aufnahmegespräch in Merxhausen, bevor der Zuschauer in die Welt von Luises verstörter Seele abtaucht. Ein fiktives letztes Gespräch zwischen der Protagonistin und Pfarrer Theodor Weiß, dem Direktor des hessischen Siechenhauses in Hofgeismar, das Greger vorher bewohnte, bildet den Rahmen für einen Bilderbogen, der Luises Leben bruchstückhaft erscheinen lässt. „Erneut konnten wir Ulrich Frohriep für die Textfassung gewinnen. Musikalisch greifen wir auf das reiche musikalische Schaffen von Luise Greger zurück, das Benjamin Saupe sowohl arrangiert als auch zusammen mit eigenen Kompositionen zu einem neuen Werk zusammenfügt“, verrät Sehmsdorf. Für die Bühne hat Saupe einige Stücke so umgearbeitet, dass sie im Duett gesungen werden können. „Es sind vertonte Gedichte mit Klavierbegleitung, die den Hauptteil von Gregers Werken ausmachen“, so Saupe. Dabei reiche die Bandbreite von nahezu volksliedhaft wirkenden Stücken bis hin zu emotional aufbrausenden Werken. Zwei Greifswalder Künstlerinnen in einem Musikwerk vereint: „In den Liedern werden Gefühlsnuancen in den verschiedensten Schattierungen dargestellt,“ sagt Saupe. Dargeboten werden sie von den Sängerinnen Klara-Henrike Breitsprecher, die den Part der jungen Luise Greger übernimmt, Joana-Maria Rueffer sowie Bariton Lars Grünwoldt. „Luise Greger hat auch Texte der hiesigen Dichterin Alwine Wuthenow vertont, so dass hier zwei Greifswalder Künstlerinnen in einem Musikwerk vereint sind“, freut sich Saupe. Premiere hat das Stück „Luise Greger, eine pommersche Gans“ in der Greifswalder Straze – dem ehemaligen Gesellschaftshaus der Stadt. „Es hat schon in der Zeit von Luise Greger existiert und besitzt einen Ballsaal, von dem wir annehmen können, das sie dort getanzt hat“, sagt Sehmsdorf. Station macht das Opernale-Festival zudem in der Kulturkirche Landow auf Rügen, im Innenhof des Kunstmuseums Ahrenshoop, in Nehringen, im Ballsaal Tucholski in Loitz, im Gutshaus Ramin, im Herrenhaus Liepen sowie in Bagemühl, einem Ortsteil der Gemeinde Brüssow. „Wir sind zudem im Gespräch mit der Fachhochschule Stralsund, dort gibt es eine alte Mensa“, sagt Sehmsdorf. Weitere Spielorte sollen dazukommen. Seit 2011 zieht der Opernale-Verein mit seinem rollenden Musiktheater durchs Land und bespielt Kirchen, Herrenhäusern, Scheunen oder Gasthäuser. Mehr als 55 Spielorte sind bereits zusammengekommen. Lesen Sie auch Koggenzieher in Rostock: Comedians senden lustigen Lockdown-Livestream Rostocker NSU-Theaterprojekt: Neun Geschichten von starken Frauen Filmland MV kümmert sich um die kleinen Kinos Opernale-Team ist coronaerprobt: Auch coronaerprobt ist das Opernale-Team bereits aus dem vergangenen Jahr: „Wir haben den Plan mehrmals ändern müssen und vier verschiedene Flyer gedruckt“, sagt Sehmsdorf. Mit reduzierter Besucheranzahl, Abstand und Maskenpflicht konnten die Opernale-Macher 2020 eine abgespeckte Version des Festivals auf die Bühne bringen. „Weil das geplante Stück in Länge und Ensembleanzahl nicht durchführbar war, haben wir es als Hörbuch herausgebracht, ein Spin-off entwickelt und es mit reduzierter Schauspieleranzahl auf die Bühne gebracht“, sagt Sehmsdorf. In diesem Jahr müsse man ähnlich spontan reagieren – auch wenn eine reduzierte Besucheranzahl weniger Einnahmen bedeute. 85 000 Euro kostet die aktuelle Produktion: Rund 85 000 Euro kostet die aktuelle Produktion. „Einen großen Teil davon müssen wir noch zusammentragen“, sagt die Opernale-Chefin. Finanziert wird es ohne institutionelle Förderung allein aus Fördertöpfen und Eigenmitteln, die aus Kartenverkäufen und Spenden stammen. Mit dem Kauf einer Förderaktie können Besucher die Arbeit des gemeinnützigen Vereins unterstützen. Den Auftakt zum Opernale-Jahr 2021 gibt ein Benefizkonzert in der Straze in Greifswald am 28. März, bei dem Katharina Treutler (Klavier), Jonathan Weigle (Cello), Lars Grünwoldt und Klara-Henrike Breitsprecher (Gesang) Werke von Robert und Clara Schumann sowie Fanny Hensel vortragen. Zur musikalischen Einstimmung auf das Opernale-Festival werden zudem Lieder von Luise Greger erklingen. Der Erlös kommt der Opernale und den mitwirkenden Künstlern zugute. Von Stefanie Büssing