Manipulation bei Inzidenz in Vorpommern-Greifswald? Aufklärung gefordert

Nach den offensichtlichen Diskrepanzen in der Inzidenz-Statistik des Kreises Vorpommern-Greifswald wächst der Druck auf die Kreisverwaltung. Nach den Grünen forderte die Fraktion FDP, Freier Horizont, Bürgerliste sowie die SPD Aufklärung durch Landrat Michael Sack (CDU). „Die Diskrepanzen sind offensichtlich. Die korrekten Zahlen müssen auf den Tisch“, sagte David Wulff (FDP), Fraktionschef von FDP, Freier Horizont, Bürgerliste. Ähnlich argumentiert Erik von Malottki (SPD): „Die Berechnungen erscheinen plausibel. Der Landkreis muss die starken Abweichungen zwischen der tagesaktuell gemeldeten 7-Tage-Inzidenz und der 7-Tage-Inzidenz einschließlich der nachgemeldeten Fälle erklären.“ Starke Abweichungen: Kreis lag nie wirklich unter 100: Bis Mitte Februar war die 7-Tage-Inzidenz, die der Landkreis dem Lagus meldete, mit der RKI-Datenbank, in die auch die nachgemeldeten Fälle eingehen, nahezu identisch. Seit der Diskussion um die hohen Infektionszahlen Mitte Februar weicht die tagesaktuelle Inzidenz, die Grundlage für politische Entscheidungen zu Öffnungen ist, deutlich und systematisch nach unten von den Werten mit den nachgemeldeten Fällen ab. Die Grünen warfen dem Kreis vor, seitdem Positiv-Fälle in Größenordnungen systematisch zeitverzögert zu melden, um so früher aus der Kategorie „Hochrisikogebiet“ herauszufallen und Öffnungen zu ermöglichen. „Größenordnung, die es so in keinem anderen Kreis gibt“: Unabhängig von einem Wissenschaftler-Team aus Greifswald und Rostock (OZ berichtete) nahm nun das IT-Unternehmen Systeon aus Rostock die Daten unter die Lupe. Die auf Datenanalyse spezialisierte Firma kommt zu demselben Ergebnis: „Wir sehen in Vorpommern-Greifswald einen Meldeverzug der positiven Fälle in einer Größenordnung, die es so in keinem anderen Landkreis in MV gibt“, sagte IT-Spezialist Olaf Gschweng. So ergibt sich zum Beispiel beim Lagus für den 6. März ein aktueller Inzidenzwert von 96 für Vorpommern-Greifswald. Beim RKI mit den nachgemeldeten Fällen lag der Wert bei 107. Den Berechnungen zufolge erreichte der Kreis bislang nie eine stabile Inzidenz von unter 100. Grüne: Künstliches Kleinrechnen gefährdet Menschen: Die Grünen sprechen bereits von einer systematischen Manipulation. „Die Zahlen künstlich klein zu rechnen, gefährdet die Menschen und zwingt den Kreis letztendlich in einen noch längeren Lockdown“, so Grünen-Kreischef Hannes Damm. Landrat Michael Sack trage dafür die politische Verantwortung. SPD wie auch das Bürgerbündnis sind in der Bewertung vorsichtiger, zunächst müssten die Ursachen geklärt werden. Lesen Sie auch Corona-Gipfel: Schwesig sieht keine Akzeptanz für Ausgangssperren Fähre von Rügen nach Schweden fährt wieder: Diese Urlaubs-Regeln gelten 82 Corona-Fälle am Sonntag in MV: Zwei Kreise mit Inzidenz über 100 David Wulff (FDP) warnte vor voreiligen Schritten. „Solange die Gründe für die Diskrepanzen nicht zweifelsfrei geklärt sind, sollten wir die Schulen nicht schließen.“ Jetzt in den Panikmodus zu verfallen, sei falsch. Zum Hintergrund: In Schulen ist erst ab einer stabilen Inzidenz von unter 100 Präsenzunterricht erlaubt. Kreisverwaltung schweigt: Die Gründe für den hohen Anteil an Nachmeldungen in Vorpommern-Greifswald liegen weiter im Dunkeln. Eine OZ-Anfrage an den Kreis blieb unbeantwortet. Die Fraktionen werfen der Kreisverwaltung vor, zu mauern. „Wir benötigen eine offene Diskussion darüber, wo die Fehlerquellen liegen“, sagte SPD-Mann von Malottki. „Mit seinem autoritären Vorgehen tut sich der Kreis keinen Gefallen.“ Von Martina Rathke