Bauern droht schlechter Preis für gute Ernte

170 Euro für eine Tonne Weizen, 330 Euro für eine Tonne Raps — einen Monat vor dem voraussichtlichen Erntebeginn liegen die Aufkaufpreise für die wichtigsten Anbaukulturen einheimischer Landwirte deutlich unter Vorjahresniveau. „Wer nicht zwischenlagern kann — weil er keine Hallen hat oder auf die Einnahme aus dem Sofortverkauf angewiesen ist — wird unterm Strich wohl weniger verdienen als 2013“, prophezeit Gerd Rupnow, Vorsitzender des Kreis-Bauernverbands. Nikolai Rogos, Landwirt in Stresow und Mitglied im Landes-Fachausschuss Pflanzenbau, schließt einen weiteren Preisverfall in den Folgewochen nicht aus. Auch Qualitätseinbußen seien noch möglich. Und das, obgleich der Witterungsverlauf in den vergangenen zwei Monaten den Feldfruchtbauern mehr als entgegenkam. „Wir hatten sehr gute Wachstumsbedingungen“, sagt Rogos. Viel Niederschlag im Mai und Juni sowie nicht allzuhohe Temperaturen hätten Gerste, Raps und Weizen allerorts gleichmäßig gut gedeihen lassen. Ein Wetterumschwung auf heiß und trocken hätte Rogos zufolge kaum noch Einfluss auf Getreide und Ölsaat: „Die Kulturen nehmen nur noch wenig Wasser auf und sind jetzt im Abreifen.“ Allerdings: Dauerregen oder Unwetter wie Sturm und Hagel, warnt der Bauer, könnten die Erntebilanz auf der Zielgeraden noch vermiesen. Im Greifswalder Umland hatte es allein im Juni zweimal gehagelt. Ein Phänomen, mit dem Landwirte hier in Zukunft womöglich stärker rechnen müssen. „Das Klima“, glaubt Nikolai Rogos, „ist im Wandel, Wind und Niederschlag werden zunehmen. Die Hagelgrenze wandert immer weiter nach Norden.“ „Die Kühe“, sagen Landwirte wie Gerd Rupnow, „werden im Herbst gezählt.“ Soll heißen: Bis die Ernte nicht eingebracht ist, bleibt manches ungewiss. Der gute optische Eindruck, den Felder derzeit machen, ist das Eine. Der Ertrag am Ende unter Umständen etwas anderes. „Es nutzt einem nichts, sich über Bilderbuchfelder zu freuen — es kann noch einiges dazwischenkommen“, sagt Nikolai Rogos. Wer Gerste angebaut hat, wird dieser Tage schon erfahren, woran er mit der Ernte ist: Gerste kommt als allererste Kultur vom Halm. Auf einigen Schlägen schon an diesem Wochenende, auf allen anderen in den Folgetagen. Auch bei Gerste wird der Vorjahrespreis nicht erzielt: Für eine Tonne bekam der Landwirt 2013 noch 180 bis 200 Euro. „Im Moment“, weiß Rogos, „sind es 140.“ Angesichts dieser Entwicklung seien Landwirte schon seit geraumer Zeit damit befasst, die Entwicklung auf dem Markt nicht aus den Augen zu lassen, sagt Kreis-Bauernchef Gerd Rupnow. Immer mehr seiner Berufskollegen verlegten sich darauf, einen Teil ihrer Ernte einzulagern und erst dann zu verkaufen, wenn die Preise wieder gestiegen sind. Sven Jeske

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