Poller-Posse: Protest provoziert Protest

Im Streit um den Super-Poller geraten die Anwohner aneinander. Die Ortsteilvertreter von Wieck und Ladebow protestieren in einem offenen Brief gegen die Demonstrationen an den vergangenen beiden Sonnabenden auf der Wiecker Brücke. Sie seien verärgert über die Art und Weise der Kundgebungen. Die Protestler sollten lieber Ruhe geben. Denn mit ihren Forderungen könnten „Politik, Verwaltung und die Bevölkerung völlig gegen eine weitere Sondernutzung der Brücke aufgebracht werden“, heißt es in dem Schreiben. Die Ortsteilvertreter fürchten eine Sperrung der Brücke für den kompletten Autoverkehr, wie sie von Politikern schon angedroht worden ist. Die Demonstranten lassen sich davon nicht beeindrucken. „Wir geben keine Ruhe. Die Ortsteilvertreter reden viel, machen aber wenig. Bei uns ist das anders“, sagt Sebastian Heiden von der Arbeitsgemeinschaft Wiecker Brücke. Laut Heiden kamen am Sonnabend rund 50 Anhänger zusammen, um sich erneut lautstark für einen sicheren Poller und gerechte Gebühren einzusetzen. Auch auf der heutigen Bürgerschaftssitzung ab 18 Uhr im Rathaus wollen die Protestler ihrem Unmut Luft machen. Dabei soll ein Dokument in den Mittelpunkt rücken, das der OZ vorliegt und die Stadt schwer belastet. Dem Schreiben zufolge habe es schon 2011 erhebliche Zweifel an der Funktionstüchtigkeit des Pollers gegeben. „Die Zuleitung für die Ampeln wurden direkt unter die Sicherheits-Induktionsschleife gelegt, daher kann und werde ich keine Garantie für die einwandfreie Funktion übernehmen“, schreibt der Mitarbeiter einer Hamburger Firma in dem Reparatur-Protokoll. Trotz dieser Warnung nahm die Stadt den Poller offensichtlich immer wieder in Betrieb. Eine OZ-Nachfrage dazu beantwortete die Verwaltung bislang nicht. Heiden spricht von Betrug. Die Stadt habe Unfälle fahrlässig in Kauf genommen, was auch die hohe Anzahl von Kollisionen mit einheimischen Autofahrern erkläre. 14 Anwohner mit Sonderberechtigung waren in die 31 Unfälle seit 2011 verwickelt. Einige ziehen bereits gegen die Stadt vor Gericht (die OZ berichtete). Heiden und Co. ermutigt das, weiter Druck zu machen. Sie sprechen von ersten Erfolgen. „Während unserer Demonstrationen war die Polizei vor Ort und führte endlich Kontrollen durch. Das schreckt viele Auswärtige ab. Es fahren nicht mehr so viele Unberechtigte über die Brücke“, betont Aktivist Heiden. Die Ryck-Querung darf mit dem Auto nur von Einwohnern passiert werden. Diese müssen dafür eine Sondergebühr von 0,50 Euro pro Überfahrt zahlen. Momentan überqueren jedoch alle die Brücke. Denn der Super-Poller, der Unberechtigte an der Überfahrt hindern soll, ist noch immer in der Reparatur. Nach OZ-Informationen soll er frühstens Mitte Oktober an seinen Platz zurückkehren. Doch wenn es nach den Demonstranten geht, kann die angeblich unkaputtbare Technik ruhig fortbleiben. Heiden und Co. wünschen sich den Ur-Poller zurück. Denn seitdem die Stadt auf immer mehr Hightech setze, häuften sich die Unfälle auf der Wiecker Brücke. Auch in der Politik wachsen die Zweifel. Die Grünen bereiten für die übernächste Bürgerschaftssitzung einen Antrag vor, nach dem geprüft werden soll, ob statt des Pollers nicht auch Wärter den Autoverkehr regeln könnten. Die Kompetenz für Vorpommern unterstützt das Vorhaben. Auf der heutigen Sitzung soll es zudem kritische Nachfragen zum aktuellen Stand des Poller-Dramas geben, wie aus einigen Fraktionen zu hören ist. Greifswald und der Poller — eine Leidensgeschichte Die Hansestadt will mit dem Poller alle Schwarzfahrer ausbremsen. Die denkmalgeschützte Wiecker Brücke darf nur mit einer kostenpflichtigen Sondergenehmigung passiert werden. Schwarzfahrer warten jedoch, bis ein Auto mit Berechtigung den absenkbaren Stempel passiert, und rauschen hinterher. Das funktionierte früher mal. Der erste Poller hielt dadurch 20 Jahre. Doch die neue Technik schießt seit 2011 sofort hoch — und rammt in den Unterboden der nachfahrenden Autos. Das Ergebnis: 31 Unfälle, acht verschlissene Poller. Um die Serie zu stoppen, investierte die Stadt Greifswald mehr als 184 000 Euro in eine neue Anlage, Ampeln, Schilder, Kameras und Spiegel. Ohne Erfolg. Der Super-Poller hielt nicht mal sechs Wochen. Kulturnacht lockt Tausende Die Greifswalder strömten am Freitag in mehr als 50 Einrichtungen und ließen sich unterhalten. Seite 11 André Wornowski

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