Protest in Greifswald: Aktivisten besetzen Baum in Stralsunder Straße

Protestaktion in der Stralsunder Straße 47/48: Zwei Aktivistinnen besetzen seit Montagmorgen eine Linde vor der ehemaligen Gaststätte „Flora“. Sie wollen damit gegen den geplanten Bau eines mehrgeschossigen Wohnhauses der Investoren Braun/Fehlhaber auf dem Gelände in der Steinbeckervorstadt demonstrieren. 48 Wohnungen und sechs Gewerbeeinheiten sollen entstehen. „Wir wollen den Baum vor der Fällung retten“, sagt eine der zwei Aktivistinnen, die sich der Klimagerechtigkeitsbewegung zuordnen, vor Ort. Ihren Namen gibt sie mit Emma Zipation an. Hintergrund ist, dass Baumfällungen noch bis 1. März erlaubt sind, bevor anschließend laut Bundesnaturschutzgesetz erst wieder ab Oktober gefällt werden darf. Hoffnung der Aktivisten: Bleibt der Baum stehen, müssten auch Abrissarbeiten ruhen. Allerdings könne der Abriss der „Flora“ auch ohne die Baumfällung geschehen, sagt Investor Sebastian Braun auf OZ-Nachfrage. Die Abrissgenehmigung liege vor. „Wir wollen damit aber nicht unmittelbar beginnen.“ Auf einen Zeitplan legte er sich nicht fest. Trotz einer dafür vorliegenden Genehmigung habe man den Baum in dieser Woche nicht fällen wollen. „Die Aktion der Aktivisten ist Hausfriedensbruch. Aber wir werden keine Anzeige erstatten oder polizeiliche Maßnahmen veranlassen“, sagt Braun, zugleich Geschäftsführer der Greifswalder Arzneimittelfirma Cheplapharm. Eine Polizeisprecherin sagt auf OZ-Nachfrage, dass weder eine Gefahr für die Aktivistinnen noch eine Gefährdung des Straßenverkehrs vorliege, sodass die Beamten zunächst nicht eingreifen würden. Protest gegen soziale Spaltung: Der Protest richte sich dagegen, dass auf dem Areal in der Steinbeckervorstadt hochpreisige Wohnungen entstehen, heißt es in einer Pressemitteilung. Der Bau würde die soziale Spaltung in Greifswald verstärken. „Die Schaffung von sozialem Wohnraum ist Aufgabe von Politik und Gesellschaft und darf nicht an meistbietende Investor*innen versteigert werden. Profitinteressen lassen Luxus-Bauten entstehen, die nur wenigen Menschen zugänglich sein sollen“, heißt es weiter in der Mitteilung. Man teile die Ziele der Initiative Steinbeckervorstadt. Der Zusammenschluss setzt auf eine zurückhaltende Bebauung und sieht die Vereinbarungen des Masterplans für den Stadtteil verletzt. Investor verzichtet auf Anzeige: Die Baugenehmigung für das Wohnhaus mit Tiefgarage sei beantragt, bestätigt Braun. Es fehle allerdings noch ein Gutachten, bei dem es darum gehe, wie sich das geplante Gebäude in die Stadtsilhouette einfüge. Erst dann könnten die Behörden über die Genehmigung entscheiden. Lesen Sie mehr: Greifswalder Streitobjekt Steinbeckervorstadt – Wie geht es jetzt weiter? Aus seiner Sicht werde ein energieeffizientes Haus mit dringend benötigtem Wohnraum entstehen – und keine Luxuswohnungen. „Aus dieser Sicht habe ich kein Verständnis dafür, dass Klimaaktivisten diesen Baum besetzen.“ Mit „einem Augenzwinkern“ macht Braun den Protestierenden ein Angebot: „Wenn sie noch bis Dienstag um 12 Uhr ausharren, dann bringen wir ihnen sogar warme Kleidung vorbei“, sagt Braun. Diese Meldung wird fortlaufend aktualisiert. Von Christopher Gottschalk