So lief die erweiterte Notfallbetreuung in Greifswalder Kitas

Nach zwei Schritten in den Eingangsbereich der Kita Rudolf Petershagen ist Schluss. Eine freundliche Erzieherin wartet hinter einem Tisch, darauf ein Infoschreiben und eine Klingel, falls der Posten nicht besetzt ist. Eltern dürfen ihre Kinder nun nicht mehr selbst in die Räume der Kita bringen, um das Ansteckungsrisiko mit dem Coronavirus zu minimieren. Abgeholt werden die Kinder am Ende des Tages im Außenbereich. Das tägliche OZ Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Mecklenburg-Vorpommern täglich gegen 19 Uhr im E-Mail-Postfach Viele Anträge auf Notbetreuung: Wegen der Lockerungen der Regeln zur Notfallbetreuung gehen wieder mehr Kinder in die Kita und Krippe; der Mindestabstand von 1,5 Metern und regelmäßiges Händewaschen sollen dabei eine Ansteckung mit Sars-CoV-2 verhindern. „Wir nutzen mehrere Etagen, verteilen die Kinder so weitflächig wie möglich und halten die Kerngruppen klein“, sagt Dörte Ramin (47), Leiterin der Kita, die zum kommunalen Eigenbetrieb „Hansekinder“ gehört. Noch ist es ruhig in dem Gebäude, die Flure wirken verwaist. 13 Kinder sind in der Kita, von regulär 120. Dörte Ramin rechnet bereits am Dienstag mit fünf Kindern mehr, insgesamt 30 Anträge auf eine Notbetreuung lägen vor. Postboten gehören zu systemrelevanten Berufen: Seit diesem Montag gelten erweiterte Bedingungen für die Notbetreuung in den Kindertagesstätten des Landes. Arbeitet nur ein Elternteil in einem systemrelevanten Beruf, hat das Kind einen Anspruch auf Notbetreuung – vorher mussten es beide Elternteile sein. Zudem wurde die Liste der systemrelevanten Berufe erweitert: So zählen nun unter anderem Journalisten, Mitarbeiter von Krankenkassen und ambulanten Pflegediensten sowie Postboten dazu. In der Kita Petershagen werden Türklinken und andere Oberflächen regelmäßig desinfiziert, die Kinder verbringen viel Zeit an der frischen Luft. Ob die von der Landesregierung gewünschte körperliche Distanz mit mehr Kindern in der Einrichtung gewahrt werden kann, weiß Erzieher Hendrik Müller (21) nicht. Mitten in der Coronakrise begann er seinen Job in der Einrichtung, kümmert sich seit Anfang März um die Kleinen. Manche Erzieher ängstlich vor Ansteckung mit Corona: „Wir machen alles gegen eine Ansteckung, aber es ist ein sozialer Beruf. Da wird es schwer, den Abstand immer einzuhalten“, sagt Müller. Auf dem Hof toben Kinder, sie finden sich selbstständig zusammen. Insgesamt sechs Erzieher und ein Mann, der seinen Bundesfreiwilligendienst absolviert, sind im Einsatz. Bei Nachfragen zu ihrem Stresslevel und zu den Konsequenzen durch die neue Situation winken manche Mitarbeiter ab, möchten ihren Namen und ihre Aussagen nicht in der Zeitung lesen. „Ich persönlich habe keine Angst vor einer Ansteckung. Manche Kollegen sind ängstlich, während andere das Risiko für gering halten“, sagt Dörte Ramin, die durch den Bürodienst keinen Kontakt zu den Kindern hat. Ihre Tür ist nun verschlossen, normalerweise dürfen die Kleinen sie stets besuchen. Ramin lobt den Zusammenhalt im Team. Mindestabstand kann beim Spielen nicht eingehalten werden: Karsten Rautenberg gehört zu den Eltern, die ihre Kinder am Montag zum ersten Mal seit Wochen wieder in die Kita gaben. „Ich bin froh, dass die Kitas wieder mehr Kinder aufnehmen, weil das Arbeiten von zu Hause mit schreienden Kindern natürlich anstrengend ist“, sagt der 54-jährige Lehrer an der Beruflichen Schule in Greifswald. Angst vor einer erhöhten Ansteckungsgefahr durch Kontakte in der Kita hätte er nicht. Claudia Moskwa (42) sieht das ähnlich: „Die Durchseuchung in der Region ist gering. Kinder scheinen weniger anfällig zu sein. Ich halte es eher für die Erzieher gefährlich, die zur Risikogruppe gehören“, sagt die Ärztin der Uniklinik Greifswald. Kitaleiterin: „Situation für Erzieher ist entspannt“: Die Aufstockung der als systemrelevant geltenden Berufe könne auch in der kommunalen Kita Zwergenland, einem dreistöckigen Plattenbau im Ostseeviertel, zu einem massiven Anstieg der Betreuungszahlen führen, sagt Leiterin Regina Giermann (60). Auch hier: Händewaschen beim Eintreten in die Kita, empfang im Eingangsbereich durch eine Mitarbeiterin. „Wir haben genügend Platz in diesem Gebäude. Aber den Mindestabstand beim Spielen auf dem Hof einzuhalten – das funktioniert natürlich nicht“, so Giermann. An diesem Montag kommen 26 Kinder, noch in dieser Woche sollen es 43 werden. Normalerweise besuchen 162 Kinder die Kita. In einem Spielraum beschäftigen sich die 6-jährigen Freundinnen Mientje und Amelie mit verschiedenen Spielen. Sie sind die einzigen Kinder in dem weitläufigen Raum. „Es ist schon ein bisschen langweilig“, sagt Mientje. Im Nebenraum schlafen Kinder auf 1,5 Meter weit auseinanderliegenden Matratzen. „Derzeit empfinde ich die Situation für die Kinder und das Personal als entspannt“, sagt Leiterin Giermann. Lesen Sie auch: Wissenschaftler in MV kritisieren Corona-Maßnahmen Trotz Corona nur wenige Mietstundungen in Greifswald Jäger in MV werden ihr Fleisch wegen der Coronakrise nicht los – Preise fallen Mehr über den Autor Von Christopher Gottschalk