Stecker kaputt: Zwischenfall bei Wendelstein 7-X

Im Greifswalder Fusions-Experiment Wendelstein 7-X hat es am Wochenende einen Zwischenfall gegeben. Ein Kompressorausfall in der Kälteanlage sorgte dafür, dass die Anlage vorübergehend heruntergefahren werden musste. Mit Wendelstein 7-X soll die Verschmelzung von Atomkernen zur Energiegewinnung untersucht werden. Vorbild sind dafür die Prozesse auf der Sonne (siehe Info-Kasten). Derzeit befindet sich die Anlage in einer Vorbereitungsphase, in der zahlreiche Funktionstests durchgeführt werden. Beate Kemnitz, Sprecherin des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik, erklärte, dass ein Kühlturm durch den Regen vollgelaufen war. Dadurch sei auch ein Stecker nass geworden. Die Folge: Durch das defekte Teil fiel ein Kompressor in der Kälteanlage aus. Die Betriebstemperatur von minus 270 Grad Celsius stieg auf minus 230 Grad. „Es ist ein einfacher Fehler, der aufgetaucht ist und behoben wurde“, sagt Kemnitz mit betont ruhiger Stimme. Sie geht davon aus, dass die Tests in der kommenden Woche wieder aufgenommen werden können. Seit knapp zwei Monaten wurden alle Spulenkreise auf ihre Funktionstüchtigkeit hin getestet— erfolgreich. Erstmals sollten am Montag die 70 supraleitenden Magnetspulen zusammen betrieben werden, was aufgrund des Kompressorausfalls nicht möglich war. In den Spulen soll später ein 100 Millionen Grad heißes Plasma berührungsfrei schweben. Das Plasmagefäß ist ringförmig und wiegt 725 Tonnen. Nach Angaben der Sprecherin waren bislang die sieben Spulengruppen mit jeweils zehn Spulen erfolgreich einzeln getestet worden. Durch den Zwischenfall kam es zu einer Erwärmung der Spulen. Diese sind dadurch aber offenbar nicht in ihrer Funktionstüchtigkeit beeinträchtigt worden. Das Herunterkühlen von minus 230 auf minus 270 Grad sei nach dem Beheben des Schadens wieder innerhalb weniger Stunden möglich, so Kemnitz. Seit fast zwei Jahrzehnten wird an Wendelstein 7-X in Greifswald gearbeitet. Die Gesamtkosten hatten sich im Laufe der Planungs- und Bauphase auf eine Milliarde Euro nahezu verdoppelt. Grüne und Umweltverbände äußerten Sicherheitsbedenken, die aber laut einem Gutachten des Landes haltlos sind. Kommt es zu keinen weiteren Verzögerungen, gehen die Wissenschaftler davon aus, die Anlage 2015 in Betrieb zu nehmen. Neue Energiequelle Die Tests in der Fusionsanlage in Greifswald sollen dazu beitragen, eine völlig neue Primärenergiequelle zu erschließen. Die Kernfusion — so die Physiker — sei eine kohlendioxidfreie Ergänzung zu erneuerbaren Energien. Frühestens 2017 soll mit strahlenschutzrechtlich relevanten Plasmen wie Deuterium gearbeitet werden. Es soll das Verhalten des Plasmas unter Hochtemperatur erforscht werden. Kai Lachmann und Martina Rathke

Greifswald - Stecker kaputt: Zwischenfall bei Wendelstein 7-X