Streit um Greifswalder Vorzeigewohngebiet B-Plan 55

Genau ein Jahr nach dem Verkauf von sechs Hektar städtischen Landes an der Hafenstraße ist immer noch kein Bagger zu sehen. Erneut hat der Eigentümer, die Berliner Projektentwicklungsgesellschaft UTB, den angekündigten Start der Erschließung verschoben, und zwar auf Oktober. Zwischen Marienstraße und der Straße An den Wurthen soll ein Vorzeigewohnprojekt für 1100 Bürger realisiert werden. Auch bezahlbarer Wohnraum soll geschaffen werden. Die Verzögerungen rufen bekannte Kritiker auf den Plan. CDU: UTB schafft es nicht, rosarotes Traumschloss zu errichten: „Das vom OB und seiner linken Mehrheit so sehr gefeierte „Modellprojekt“ B-Plan 55 droht zum Rohrkrepierer zu werden“, sagt Gerd-Martin Rappen, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Mitglied des Bauausschusses. „ Anstelle das Gebiet regulär zu entwickeln und beispielsweise auch Platz für Eigenheime zu schaffen, hat grün-rot-rot seinen Bauträger durchgedrückt, der es offensichtlich nicht schafft, sein rosarotes Traumschloss umzusetzen.“ WVG steht in den Startlöchern: Die WVG (Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft Greifswald) wolle bauen, aber könne es nicht. Die CDU habe Akteneinsicht beantragt, um Klarheit über die zwischen der Stadt und der UTB vereinbarten Verträge zu gewinnen. „Die UTB muss ihre vertraglichen Zusicherungen einhalten“, sagt Rappen. Eine Fristverlängerung dürfe es nicht geben. Projektgesellschaft: Es gibt nur den der Bürgerschaft bekannten Kaufvertrag: UTB-Geschäftsführer Klaus Boemer wundert sich. Es gebe nur den Kaufvertrag, was allen Bürgerschaftsparteien, auch der CDU, bekannt sein sollte. Seines Wissens seien alle Bürgerschaftsmitglieder vor der Abstimmung zum Verkauf umfassend unterrichtet worden. Hochbau muss spätestens im September 2022 beginnen: „Wir werden allen enthaltenen vertraglichen Verpflichtungen nachkommen“, betont der Geschäftsführer. Konkret heiße das, dass der Hochbau bis September 2022 beginnen müsse. „Wir haben dann weitere fünf Jahre bis 2027 Zeit für die Fertigstellung“, informiert Boemer. Lediglich 85 Sozialwohnungen der WVG müssten am 31. Dezember 2023 zur Verfügung stehen. „Sie wird als erste mit dem Hochbau beginnen“, sagt der UTB-Geschäftsführer. „Aber auch alle anderen Investoren wollen nicht bis 2022 warten, sondern werden wahrscheinlich ab Herbst nächsten Jahres ihren Hochbau realisieren.“ Der Greifswalder Wohnungsgesellschaft habe die UTB Baufreiheit ab November zugesichert. „Laut Auskunft der WVG wird sie ihren Bauantrag und Fördermittelantrag im vierten Quartal dieses Jahres stellen.“ Viel Boden muss ausgetauscht werden: Boemer bekräftigt den zuletzt genannten Termin für den Beginn der Erdarbeiten – Ende der letzten Oktoberdekade werden die Bagger anrollen. „Leider haben wir bei den Erkundungen des Baugrunds eine böse Überraschung erlebt“, begründet er die Verzögerung. Es seien bei der Auswertung Böden festgestellt worden, die während der Erschließung ausgetauscht und deponiert werden müssten. Mehrkosten in siebenstelliger Höhe: Wie genau bei den Bodenarbeiten vorgegangen wird, dazu fände derzeit die Endabstimmung ab. „Damit es zu keinen Verzögerungen kommt, wurden bereits Baufirmen angefragt“. Darum sei er sicher, dass Ende Oktober Bagger auf dem Gelände arbeiten. Umsonst ist das nicht zu haben. Die Erschließung verteure sich um eine siebenstellige Summe. Das habe die UTB aber bei ihrer Kalkulation bereits berücksichtigt. Derzeit geht Boemer nicht davon aus, dass höhere Mieten zur Finanzierung nötig sind. Dass noch nicht klar sei, ob sich tatsächlich 22 Interessenten für eine Bauherrengemeinschaft finden, sei bei insgesamt 700 Wohnungen kein echtes Problem. Inzwischen gebe es auch acht Interessierte. Flussregenpfeifer hat erneut gebrütet: Dass erst im Oktober mit den Erschließungsarbeiten begonnen werde, hat eine gute Seite. Die Brutzeit des Flussregenpfeifers ist beendet. Die geschützten Vögel hatten wie 2019 auf dem Gelände gebrütet, die von einem Gutachter empfohlene Maßnahmen gegen das Brüten hätten keinen Erfolg gehabt. Hecke, Wiese und Fledermausquartier: „Auch wenn noch keine Bagger zu sehen sind, haben die Erschließungsarbeiten begonnen“, stellt Boemer fest. Denn es wurden bereits für den Eingriff in die Natur festgelegte Ausgleichsmaßnahmen umgesetzt. „Im Bereich der Helfritzstraße wurde eine Hecke als Ersatzlebensraum unter anderem für Gebüschbrüter angelegt“, erläutert der Geschäftsführer. „Ferner wurde der ehemalige Sprecherturm im Philipp-Müller-Stadion zum Artenschutzturm umgebaut.“ Damit seien Fledermausquartiere und Nistmöglichkeiten für Gebäudebrüter entstanden. Ferner wurde eine arten- und insektenreichen Wiese östlich des Bebauungsplans als Jagdhabitat für Fledermäuse angelegt. Ferner sei durch die UTB ein Zaun ums Gelände gebaut worden, der ein Einwandern von Amphibien während der Bauphase verhindern soll, zählt Boemer auf. „All diese Arbeiten sind eine notwendige Voraussetzung dafür, dass mit den Bodenarbeiten begonnen werden kann.“ Die UTB sei bisher allen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Stadt nachgekommen, fasst Boemer zusammen. Lesen Sie auch Bauen in Greifswald: Hier gibt es noch freie Grundstücke Greifswalds Wohnbauprojekt Hafenstraße ist den unter Top 50 Deutschlands Greifswald: Eigentumswohnungen entstehen direkt am Ryck Von Eckhard Oberdörfer