Usedomer Bäderbahn rüstet auf: Bald sollen mehr Züge rollen

Ahlbeck — Die Lokführer der Usedomer Bäderbahn (UBB) haben in den vergangenen Wochen mehrfach gestreikt. Grund ist ihre Ausgliederung ab dem 1. Oktober in ein eigenständiges Unternehmen, die Vorpommernbahn. Die OSTSEE-ZEITUNG sprach mit dem Geschäftsführer der UBB und der Vorpommernbahn, Jörgen Boße, über Hintergründe, den Ärger der Fahrgäste und neue Vorhaben des Unternehmens. OZ: Die UBB wirbt mit dem Slogan „Unterwegs mit Bus und Bahn“. Aber wer sich darauf einlässt, läuft Gefahr, im Zug oder auf dem Bahnhof festzusitzen, weil die Lokführer mal wieder streiken. Geht das jetzt immer so weiter? Jürgen Boße: Das weiß ich nicht, die Streikaufrufe kommen ja von der Gewerkschaft und nicht von der Geschäftsführung. Von uns haben die Lokführer den Auftrag, die Personenbeförderung pünktlich und sicher durchzuführen. OZ: Die Gewerkschaft der Lokführer behauptet, mit der Ausgliederung zur Vorpommernbahn würden die Kollegen schlechter gestellt. Stimmt das? Boße: Nein. Gerade gestern haben wir die Verträge für das neue Unternehmen unterzeichnet. Die Lokführer behalten ihre tarifliche Eingruppierung, auch die Betriebszugehörigkeit. Sie sind ab 1. Oktober nur nicht mehr bei der UBB, sondern bei der Vorpommernbahn beschäftigt. OZ: Wenn Geld, Urlaub und Betriebszugehörigkeit so bleiben, warum die Ausgliederung? Boße: Weil es die europäische Rechtsprechung so fordert. Das EU-Recht sieht vor, dass Verkehr und Infrastruktur getrennt werden müssen. Also gründen wir die Vorpommernbahn GmbH. Dort sind die 27 Zugführer und Schaffner sowie die 27 Triebfahrzeugführer plus Meister angesiedelt. In der UBB verbleiben die Instandhaltung, die Bahnhöfe, das Schienennetz, der Vertrieb und die Busse, insgesamt 130 Mitarbeiter. OZ: Und wer bestimmt dann, welche Züge wohin fahren? Die Deutsche Bahn, unter deren Dach sich beide Unternehmen befinden? Boße: Das Land Mecklenburg-Vorpommern schreibt die Verkehrsleistung im Teilnetz Vorpommern künftig europaweit aus, auch das ist durch die EU so vorgeschrieben. Wir werden uns darum bewerben — und hoffentlich den Zuschlag erhalten. Hier vor Ort wird dann der konkrete Fahrplan erarbeitet. OZ: Wie ist die UBB eigentlich mit dem Fahrgastärger während der Streiks umgegangen? Boße: Da die Streikankündigungen sehr kurzfristig kamen — meist zehn Minuten vorher, in einem Fall zwei Minuten vorher — konnten wir nicht mehr reagieren und weder die Fahrgäste beim Fahrkartenkauf informieren noch so schnell Schienenersatzverkehr organisieren. Anrufern haben wir am Telefon dann die Situation erklärt und um Verständnis gebeten. OZ: Wie, es gab keine Beschwerden und Schadenersatzforderungen? Boße: Doch, wir haben vier Beschwerden erhalten. Ein Fahrgast fordert Schadenersatz, da es mehrfach Streiks gab und wir darauf hätten eingestellt sein müssen. Das haben wir abgelehnt. OZ: Nun hat gerade gestern der Europäische Gerichtshof etwas anderes entschieden, nämlich dass Bahnreisenden bei Streik Entschädigung zusteht. Und nun? Boße: Zuerst einmal muss das schriftliche Urteil her. Und dann muss es in deutsches Recht übertragen werden. Dann sehen wir weiter. Da geht bestimmt noch Zeit ins Land. OZ: Wie viele Personen nutzen eigentlich die UBB? Boße: Wir haben 23 Triebwagen im Einsatz. Pro Jahr befördern wir 3,6 Millionen Fahrgäste. OZ: Ist das noch steigerungsfähig? Boße: Im Moment nicht. Gerade im Sommer müssen wir an Tagen, wo wegen riesiger Staus auf der B 111 viele Leute auf die Bahn umsteigen, sogar Fahrgäste wegen Überfüllung der Züge stehen lassen. OZ: Dann setzt die UBB mehr Triebwagen ein . . . Boße: Wir haben keine weiteren Triebwagen zur Verfügung. Wir haben bei der Deutschen Bahn zwar Bedarf angemeldet, der wird frühestens 2015 realisiert. Ein Triebwagen kostet drei Millionen Euro. Außerdem können mehr Triebwagen erst eingesetzt werden, wenn zwei zusätzliche Kreuzungsbahnhöfe ausgebaut sind: Schmollensee und Mölschow. OZ: Wann soll das passieren? Boße: Schmollensee voraussichtlich 2015/16, Mölschow dann 2016/17. Danach können wir in der Hauptsaison bei großem Bedarf auch die Taktzeiten, in denen die Züge verkehren, von 30 auf 20 Minuten verkürzen. Und dann sind vier Millionen Fahrgäste drin. OZ: Und wie werden die von der UBB angebotenen Busreisen angenommen? Boße: Sehr gut. Bei Tagesfahrten verzeichnen wir in diesem Jahr 10 000 Gäste, bei Mehrtagesfahrten durch ganz Europa haben wir 1000 Gäste — Tendenz steigend. OZ: Wie sieht es mit der Konkurrenz zum Bahnverkehr, den Bus-Fernlinien aus? Boße: Wir haben Bus-Fernlinien ab 2014 im Angebot, wollen dann von Usedom, Rügen und dem Darß nach Hamburg und Berlin fahren. Unterwegs gibt es Zwischenstopps in Güstrow, Schwerin, Warnemünde oder Wismar. Das Bahnunternehmen 130 Mitarbeiter zählt künftig die Usedomer Bäderbahn. Dazu gehören die Kollegen der Bereiche Instandhaltung, Bahnhöfe, Schienennetz, Vertrieb und Busse. 60 Mitarbeiter, darunter 27 Zugführer/Schaffner und 27 Triebfahrzeugführer, gehören ab 1. Oktober zur neu gegründeten Vorpommernbahn. 3,6 Millionen Fahrgäste befördert die UBB jährlich und stößt an ihre Grenzen. Um die Zahl auf vier Millionen zu steigern, müssen zwei neue Kreuzungsbahnhöfe errichtet werden: in Schmollensee und in Mölschow. Interview von Cornelia Meerkatz

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