Volle Hütte: Amtsbesuch wird zur Odyssee

Die Stadtverwaltung als Dienstleistungsbehörde — damit haben Greifswalder so ihre Erfahrungen. Ein Aufruf an die Leser der OSTSEE-ZEITUNG offenbart: Es gibt sowohl positive als auch negative Erlebnisse. Zwei nehmen wir heute unter die Lupe. Fall 1 — Die Meldebehörde Sylvia Stracke brauchte für ihre Kinder neue Reisepässe. Da sie berufstätig ist, ging sie an einem Dienstagabend ins Stadthaus, zog im Wartesaal eine Nummer und übte sich in Geduld. Nach zwei Stunden erfuhr sie, dass bei der Beantragung „die Kinder dabei sein müssen“. Enttäuscht ging sie nach Hause, um eine Woche später mit den Kindern zu erscheinen. „Wir haben zu dritt von 16 bis 19.45 Uhr gewartet“, schreibt sie. „Die Laune im Wartesaal sank von Stunde zu Stunde.“ Zwar gaben sich die Sachbearbeiter „große Mühe, waren freundlich“ und nahmen auch alle Wartenden dran. Dennoch lagen die Nerven bei der Antragstellerin am Ende blank. Der Grund: Auf ihre Bitte, den Schreibfehler beim Namen ihres Sohnes im neuen Reisepass nicht zu wiederholen, wurde ihr gesagt: „Dann kommen Sie nächste Woche bitte mit der Geburtsurkunde wieder.“ Sylvia Stracke wollte den Schreibfehler deshalb hinnehmen. Das aber ging nicht mehr. Also holte sie die Geburtsurkunde noch am selben Tag um 19.50 Uhr von daheim und der Antrag konnte gestellt werden. Stracke: „Bei der Abholung, wieder an einem Dienstag, musste ich erneut drei Stunden warten. Die Sachbearbeiterin war ebenfalls freundlich.“ Auf ihre Klage über die lange Wartezeit erhielt sie allerdings zur Antwort, dann solle sie besser am Mittwoch- oder Freitagvormittag kommen. Aus dem Rathaus heißt es hierzu auf OZ-Anfrage: „Der Besucheransturm konzentriert sich regelmäßig verstärkt auf die Dienstage.“ Die Kundenanliegen würden häufig bis 19 Uhr bearbeitet. „Bearbeitungszeiten bis 20 Uhr sind die Ausnahme.“ Im Einwohnermeldewesen seien bei voller Besetzung fünf Arbeitsplätze in der Antragsbearbeitung und ein weiterer in der Dokumentenausgabe besetzt. Eine Personalverstärkung sei nicht möglich. Doch es werde geprüft, so Stadtsprecherin Andrea Reimann, ob ein Management zur Terminvergabe eine gewisse Entlastung bringen könnte. Möglicherweise lassen sich einige Kunden auf andere Sprechtage der Woche umlenken. Fall 2 — Neuer Parkausweis Imke Fleddermann suchte vorigen Dienstag im Stadthaus das Tiefbau- und Grünflächenamt auf, weil ihr Parkausweis abgelaufen war. „Ich wurde von einer sehr netten jungen Frau bedient, die mir mitteilte, dass ich einen neuen Antrag stellen muss“, berichtet sie. Dieser Mitarbeiterin gilt ihr großer Dank, „weil sie noch bis 12.15 Uhr für mich da war“, obwohl bereits um 12 Uhr ihre Mittagspause begann. „Allerdings“, so Fleddermann, „ist der Raum, in dem die Parkausweise bearbeitet werden, eine Zumutung.“ Er sei winzig, das Fenster lasse weder Licht noch Luft rein, beschreibt sie den Zustand. Im Vergleich zu den früheren Räumen in der Spiegelsdorfer Wende sei das „eine große Verschlechterung für die Angestellten und Kunden“. Denn aufgrund der Enge müsse die Tür offenstehen. Ein Warteraum — Fehlanzeige. Auch von Datenschutz könne keine Rede sein, da jeder die Anliegen der anderen mitbekomme. „Das Büro ist zwar klein“, räumt die Stadt ein, „aber nicht unzumutbar und es ist ja auch nur für einen Arbeitsplatz ausgerichtet.“ Zudem stehe die Tür nicht wegen der Enge offen, sondern weil die Bürger bei geschlossener Tür ständig klopften und die Tür öffneten, „egal ob jemand auf dem Besucherstuhl sitzt“. Die offene Tür sei von Vorteil, da der Bürger nach der Bezahlung seinen Ausweis gleich in Empfang nehmen könne und sich nicht wieder anstellen müsse. Wünsche ein Kunde Diskretion, werde die Tür geschlossen. Zudem werde geprüft, dieses Büro an das elektronische Aufrufsystem anzuschließen, was bislang nicht der Fall ist. Dienstags dauert‘s länger Seit Ende Juni 2014 bietet die Stadtverwaltung jetzt sämtliche Dienstleistungen im neuen Stadthaus am Markt an. Dabei zeigt sich: Der lange Dienstag wird von Greifswaldern gern für Amtsgeschäfte gewählt. Am 3. März etwa zogen 262 Besucher im Einwohnermeldeamt eine Wartemarke, am darauffolgenden Mittwoch (Sprechzeit bis 12 Uhr) waren es gerade mal 113. Vom 2. Januar bis 6. März wurden in diesem Bereich 6015 Marken gezogen. Die durchschnittliche Wartezeit habe 46 Minuten und 50 Sekunden betragen, „dienstags aufgrund des Ansturms zum Teil auch über eine Stunde“. In der Führerscheinstelle seien im gleichen Zeitraum 732 Marken gezogen worden, durchschnittliche Wartezeit: fünf Minuten und fünf Sekunden. Öffnungszeiten Alle Ämter im Stadthaus am Markt haben zu folgenden Zeiten geöffnet: Dienstag: 9 bis 12 Uhr, 14 bis 18 Uhr Mittwoch: 9 bis 12 Uhr, am Nachmittag nach Vereinbarung Donnerstag: 9 bis 12 Uhr, 14 bis 16 Uhr Freitag: 9 bis 12 Uhr Montag: geschlossen Petra Hase

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