Wie wichtig ist gute Architektur?

In der Hansestadt sind bebaubare Grundstücke im Zentrum oder zentrumsnah mittlerweile rar: mit Ausnahme zweier größerer Bereiche in exquisiter Lage. Erstens ist das die Südseite des Museumshafens zwischen Hansering und Roßmühlenstraße, das sind die sogenannten A-Quartiere. Über deren Neubebauung ist in den letzten Jahren viel gestritten worden. Wettbewerbe wurden gefordert, architektonische Entwürfe debattiert (die OZ berichtete). Das zweite Gebiet liegt an der Hafenstraße zwischen der Marienstraße und der Straße An den Wurthen, der Bereich des Bebauungsplans 55. Dann sind da ein paar Häuser und einige wenige Baulücken im Angebot. Das geht aus den Änderungen des Kriterienkatalogs von 2012 zur Grundstücksvergabe hervor, der in der Stadtpolitik gegenwärtig kontrovers diskutiert wird. Über dieses Papier werden Punkte vergeben, die die Grundlage für die Vergabeentscheidungen im städtischen Sanierungsgebiet sind. Zuletzt gab es bei Verkäufen stets mehr als genug Bewerber. Aber wie viel Punkte gibt es wofür? Wie anspruchsvoll sollen diese Schauseiten der Stadt gestaltet werden? Gibt es trotz hoher Kosten für Erschließung und der gesetzlichen Anforderungen an Wärmedämmung und so weiter auch Raum für sozialen Wohnungsbau — möglichst ohne Förderung? Die Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft Greifswald (WVG) geht aktuell am Hansering für einen geplanten Neubau von Kaltmieten in Höhe von zehn Euro aus, um überhaupt die Investition refinanzieren zu können. Die Verwaltung möchte die Punktzahl für die Qualität der Architektur erhöhen. „Wir wollen keine 0815-Architektur oder weniger, sondern etwas anspruchsvolles“, sagte Volkmar Böttcher vom Immobilienverwaltungsamt auf der Sitzung der Ortsteilvertretung Innenstadt. Er räumte ein, dass Interessenten mit genug Geld auf dem Konto eher gute Architekten für tolle Lösungen bezahlen könnten. „Aber wir wollen ja tolle Lösungen“, sagte er. Bei den A-Quartieren gehe es um „einen besonders anspruchsvollen Bereich, im dem städtebauliche Kriterien im Vordergrund stehen sollten“, heißt es in dem Beschlussvorschlag der Stadtverwaltung. Städtebauliche Qualität wollen alle. Aber einige Stadtpolitiker möchten dem Sozialen und der Kultur mehr Punkte zumessen. So schlägt Michael Hosang (SPD) vor, die Belange von Menschen mit Handicap höher zu werten und bei der Vergabe die Punktzahl für eine öffentliche, soziale kulturelle Nutzung zu verdoppeln. Und auf der Sitzung des Bauausschusses betonte Jörn Kasbohm (Linke) die Bedeutung bezahlbaren Wohnraums. Angesichts der langen Diskussion und der Vielzahl von Änderungsvorschlägen zog die Verwaltung ihren Vorschlag auf den Sitzungen des Finanz- und des Bauausschusses erst einmal zwecks Überarbeitung zurück. Seitens der Fraktion Bürgerliste/FDP liegen „Ergänzungen zur Anwendung des Kriterienkatalogs“ vor. Dabei geht um die gewünschte Streuung von Besitz im Zentrum. Wer vor fünf Jahren ein Grundstück kaufen durfte, soll in der Regel nicht wieder zum Zug kommen, fordert die Fraktion. Das ist noch frei Die Flächen zwischen Hansering, Knopfstraße, Fischstraße und Roßmühlenstraße (A-Quartier 8 und 9) sollen bebaut werden. Baulücken gibt es im Sanierungsgebiet in der Hirtenstraße und in der Kuhstraße. Bebaut und verkauft werden sollen Steinstraße 2, Gützkower Straße 59, Lange Reihe 76/77 und Kapaunenstraße 20. Außerdem gibt es Flächen, die für die Nachbarn interessant sind. Eckhard Oberdörfer

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