Wundenlecken am Tag danach

Sie haben zwar nicht das Direktmandat im Wahlkreis 15 (Vorpommern-Rügen, Greifswald, Amt Landhagen) errungen, sind aber trotzdem künftig im Bundestag vertreten: Kerstin Kassner (Die Linke) und Sonja Steffen (SPD). Die beiden Frauen von der Insel Rügen und aus Stralsund waren der haushohen Favoritin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) deutlich unterlegen. Beide sind mit dem Abschneiden der eigenen Partei nicht so richtig zufrieden, ziehen jedoch über die Landesliste in den Bundestag ein und wollen sich dort für die Region stark machen. Kerstin Kassner liegt besonders die Hochschullandschaft am Herzen. „Das Kooperationsverbot zwischen Land und Bund ist ein wichtiges Thema“, sagt die 55-Jährige, die erstmals im Bundesparlament Platz nimmt. Die Ex-Landrätin der Insel Rügen war zuletzt Beigeordnete in Vorpommern-Greifswald. Auch Sonja Steffen verspricht, sich für den gesamten Wahlkreis im Bundestag einzusetzen. Die Rechtsanwältin mit eigener Kanzlei in Stralsund sitzt bereits seit 2009 im Bundesparlament. „Es ist ganz gut, dass wir jetzt mit drei Frauen aus dem Wahlkreis in Berlin vertreten sind. Gemeinsam sind wir besser in der Lage, etwas zu bewegen“, erklärt die 49-jährige Mutter von drei Kindern. Sie betont auch die gute Zusammenarbeit mit Matthias Lietz (CDU). Der Lubminer holte das Direktmandat im Nachbarwahlkreis 16 und vertritt die Region bereits seit vielen Jahren im Bundestag. Wundenlecken derweil bei der FDP: Kreischef André Bleckmann (34) blickt sorgenvoll auf die Kommunalwahlen 2014. „Die mediale Aufmerksamkeit wird nachlassen, jetzt wo die FDP nicht mehr im Bundestag ist. Das macht es für den Wahlkampf nicht leichter.“ Dann wird in Greifswald nicht nur eine neue Bürgerschaft, sondern auch ein neuer Kreistag gewählt. Schwacher Trost für die Liberalen ist, dass sie im Wahlkreis 15 immerhin das beste MV-Ergebnis erzielten. 2,6 Prozent der Wähler gaben ihre Zweitstimme der FDP, im Landesschnitt erreichte die Partei nur 2,2 Prozent. Auch die Grünen erreichten im Wahlkreis 15 mit 4,7 Prozent ein Ergebnis über dem Landesschnitt (4,3 Prozent). Das finden die Grünen aber keineswegs zufriedenstellend, insbesondere wenn man gleichzeitig die 2,7 Prozent im Wahlkreis 16 betrachtet, zu dem ein großer Teil des Greifswalder Umlandes gehört. „Ich bin erschrocken, wie stark das konservative Lager ist“, erklärt Ulrike Berger (Grüne), die in der Greifswalder Bürgerschaft und im Landtag sitzt. Sie dachte, dass die Menschen angesichts der guten Situation, in der sie leben, sich deutlicher dazu positionieren würden, mehr Geld in Bildung, Kindertagesstätten und alternative Energien zu investieren. In Schönwalde I und II erreichte die eurokritische Partei Alternative für Deutschland (AfD) in mehreren Wahlbezirken zwischen neun und fast zwölf Prozent. Der Greifswalder Gunter Jess, Beisitzer im AfD-Landesvorstand, will das nicht überbewerten: „Die zweistelligen Ergebnisse können auch rechnerische Gründe haben, weil in einigen Wahllokalen ja nur etwas mehr als 100 Menschen gewählt haben. Insgesamt haben wir in Greifswald mit 6,7 Prozent aber ein sehr gutes Ergebnis und liegen sogar über dem Bundesdurchschnitt.“ Jess betont: „Wir freuen uns schon auf die nächsten Wahlen.“ Die nächsten Wahlen Der 25. Mai 2014 ist der nächste große Wahltag in Mecklenburg-Vorpommern. Dann wählen die Bürger das Europäische Parlament, die Bürgerschaft in Greifswald und den Kreistag für Vorpommern-Greifswald. Katharina Degrassi und Kai Lachmann

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