Wusterhusen: Tischler macht Möbel aus Wald in der Nähe

Ökologischer geht es nicht. Die Möbel der Firma Frostleiste entstehen in einer kleinen Werkstatt in Wusterhusen aus jenen Bäumen, die einen Katzensprung entfernt zuvor jahrzehntelang gewachsen sind. Von der Baumpflanzung bis zum fertigen Möbelstück legen die Materialien nur anderthalb Kilometer Reise zurück. Das ist ziemlich einmalig in Deutschland. Frank Tornow (51) ist einer der wenigen Waldbesitzer, der auch Tischler ist und dieses Konzept so umsetzt. Damit sind die Möbel aus seinem Hause vermutlich die mit dem kleinsten ökologischen Fußabdruck überhaupt und Unikate sowieso. Seit vier Generationen in Besitz der Familie: Das knapp 14 Hektar große Waldstück zwischen Lubmin und Wusterhusen ist bereits seit vier Generationen in Familienhand. Die Eichen, Buchen und Eschen, die heute zu Tischen, Bänken und Stühlen verarbeitet werden, sind knapp 100 Jahre alt. Damit in weiteren 80 bis 100 Jahren wieder Bäume gefällt, gesägt und verbaut werden können, haben Frank Tornow, sein Sohn Hannes Reisich und Firmenpartner Toralf Glawe am Sonnabend mit Unterstützung von Unternehmern eines gemeinsamen Netzwerkes knapp 600 Buchen, Ulmen und Kirschbäume auf einer Fläche von 1000 Quadratmetern gepflanzt. Lesen Sie auch Greifswalder dekorieren Bäume in Schönwalde II Wald mit Ex-SED-Führungsbunker in Neubrandenburg wird in Berlin versteigert Aufforstung als Beitrag für das Klima: „Wir sehen es als unsere Verpflichtung an, den Wald auch für nachfolgende Generationen zu erhalten und einen Beitrag für Klima und Umweltschutz zu leisten“, sagt Hannes Reisich (20), der den Wald später übernehmen und bewirtschaften soll. So zumindest wünscht es sich der Vater. Derzeit macht Reisich in Rostock eine Ausbildung zum Immobilienkaufmann. In seiner Freizeit unterstützt er den Betrieb mit viel Leidenschaft und Ausdauer. Auf das nachhaltige Konzept seines Vaters ist er ganz besonders stolz. Seit 1955 ist das Waldstück zwischen Lubmin und Wusterhusen in Besitz der Familie. Der Opa von Frank Tornow kaufte es damals, hinterließ es später seinem Sohn, der den Wald wiederum 1992 an dessen Neffen Frank Tornow verkaufte. Hannes Reisich ist damit die vierte Generation, die im Wald neue Bäume pflanzt und diesen pflegt. Erst mobiles Sägewerk, später Tischlerei: Frank Tornow erinnert sich noch gut daran, wie er im Alter von zwölf Jahren mit seinem Opa und einer Schrotsäge durch den Wald ging und die Bäume sägte. Damals ist der Wunsch in ihm gewachsen, Tischler zu werden. 2007 machte sich Tornow schließlich mit einem mobilen Sägewerk selbstständig. 2016 gründete er gemeinsam mit Toralf Glawe die Firma Frostleiste, die längst den Hauptbestandteil des Geschäfts ausmacht. Möbel aus „Holz mit Charakter“: Tornow und Glawe bauen Möbelstücke aus „Holz mit Charakter“, wie sie es nennen. Während hochwertiges Holz im klassischen Handel möglichst schlicht und frei von Ästen ist, legt Tornow seit Jahren eben jene Stücke beiseite, die besonders ungewöhnlich gemasert sind und viel Struktur haben. In den Augen von Tornow ist das Holz dann besonders lebendig. „Daraus ist die Idee entstanden, diese Dinge weiterzuverarbeiten“, erzählt Tornow. Beispielsweise habe er gerade erst den Auftrag für eine Lampe entgegengenommen. Der Kundin hat er drei ungewöhnlich gemaserte Holzstücke zur Wahl gestellt und nun wird die Lampe ganz individuell nach ihren Wünschen gestaltet. Dieser Arbeitsansatz hat der Firma auch ihren Namen gegeben. Denn eine Frostleiste ist in der Fortwirtschaft ein Holzfehler. Er entsteht, wenn Holz sehr starken Temperaturunterschieden ausgesetzt ist. Dann reißt die Rinde auf. Der Prozess, wenn ein solcher Riss wieder heilt, wird Frostleiste genannt. Während das normalerweise ein Makel beim Möbelbau ist, suchen Tornow und Glawe genau diese außergewöhnlichen Strukturen, um daraus beispielsweise Wanddekorationen zu fertigen. Produkte auf Messen präsentiert: Auf Messen wie der Lebensartmesse in Putbus, dem Klostermarkt in Eldena oder bei Kunst Offen präsentieren die Geschäftsleute ihre Möbel und Holzobjekte. Weil coronabedingt im vergangenen Jahr viele Veranstaltungen ausfielen, verkaufte Hannes Reisich die Möbel am Strand von Lubmin. Und immer öfter wenden sich interessierte Kunden ganz direkt an die Macher von Frostleiste. Von Katharina Degrassi