100 Flüchtlinge für Niepars?

Für den Kreis klingt das verlockend: Gleich 100 Flüchtlinge könnte man in einem Neubaublock in der Nieparser Friedensstraße unterbringen. Der Eigentümer hat dieses großzügige Angebot unterbreitet, das jetzt im Handwerkerdorf für heiße Debatten sorgt. Schon bei einer Einwohnerversammlung haben die Nieparser unmissverständlich deutlich gemacht: Hundert Flüchtlinge bei nicht mal 1000 Einwohnern in Niepars — das sei eine Nummer zu groß. Inzwischen hat sich auch die Gemeindevertretung mit dem Thema beschäftigt. Dabei ging es vorrangig um die Frage, ob es sinnvoller ist, die Asylbewerber zentral oder dezentral unterzubringen. Bei der zentralen Unterbringung handelt es sich um Gemeinschaftsunterkünfte, die vom Landkreis spätestens ab einer Anzahl von 100 Flüchtlingen vorgesehen sind. Bei der zweiten Variante werden Familien einzelne Wohnräume zugeteilt. Die Gemeinde würde diese Möglichkeit bevorzugen. „Wir sehen dadurch eine bessere Integrationsmöglichkeit“, begründet Dirk Fürböter. Durchaus gute Erfahrungen hat auch Franzburg (1500 Einwohner) damit gemacht. Vor zwei Jahren wurde dort die erste Wohnung für eine Flüchtlingsfamilie angemietet, inzwischen sind es 40 Asylbewerber, die in der Stadt an den Hellbergen gestrandet sind. „Die Integration ist gelungen. Die Kinder gehen zur Schule, während die Eltern im Schwimmbad beschäftigt werden und sich auch an der Organisation der Stadtfeste beteiligen. Zwei pensionierte Lehrerinnen haben sich bereit erklärt, Deutschunterricht zu geben, und kurze Wege in der kleinen Gemeinde ermöglichen eine gute Vernetzung. Gemeinde, Ärzte und Schule ziehen an einem Strang“, erklärte Marita Thielke den Nieparser Abgeordneten. Die Franzburgerin betreut in ihrer Stadt die Asylbewerber. Auch Konfrontationen mit der rechtsradikalen Szene sind ausgeblieben. „Unsere Befürchtungen haben sich nicht bestätigt“, so Marita Thielke. Manches habe sich hier von selbst geregelt. „Allerdings ist es von Vorteil, wenn sich nicht zu viele Nationalitäten und damit Religionen mischen. Und mit 100 Asylbewerbern, wie sie für Niepars vorgesehen sind, wären wir in Franzburg auch überfordert gewesen.“ Eben diese große Anzahl stößt auch den Gemeindevertretern auf. „Laut gängigem Verteilungsschlüssel kämen wir auf sechs bis zwölf Asylbewerber, da ist der Sprung auf geplante 100 zu krass“, meint Klaus Tiepelmann, Vorsitzender der Freien Wählergemeinschaft. „Hundert sind auch in puncto Betreuung und Integration eine Nummer zu groß für uns“, findet Bürgermeisterin Bärbel Schilling (Wählergemeinschaft). Einen großen Asylbewerberstrom dezentral auf kleinere umliegende Ortsteile der Gemeinde zu verteilen, sei auch keine Lösung. „Ich warne vor einer kleingliedrigen Unterbringung. Bei einem Betreuungsschlüssel von 1:10 bringt das Probleme mit sich“, erklärt Manila Gleisberg, Fachgebietsleiterin in der Kreisverwaltung. Denn gerade im ländlichen Raum, wo viel Zeit für Fahrten draufgeht, reicht dieser Betreuungsschlüssel nicht aus. Aber hat die Gemeinde überhaupt ein Mitspracherecht bei der Entscheidung über zentrale oder dezentrale Unterbringung? „Der Landkreis hat die Aufgabe, Gemeinschaftsunterkünfte zu schaffen“, erklärt Fachdienstleiterin Kristina Winter. Der Kreis kann sich über Wünsche oder Beschlüsse der Gemeinde hinwegsetzen. „Wir sind aber hier, um ein gemeinsames Einvernehmen herzustellen“, betont Kristina Winter. Letztendlich liegt diese Entscheidung aber nicht in kommunaler Zuständigkeit. „Soll heißen, wir haben nichts zu sagen. Wir sollen unser Einvernehmen geben, aber dagegen sein dürfen wir nicht. Das ist doch eine Scheindemokratie“, ärgert sich die Bürgermeisterin und ergänzt: „Vor allem verstehen unsere Einwohner das nicht.“ Die Gemeinde habe Verständnis dafür, dass die Zuständigen unter großem Druck stehen. Immer mehr Flüchtlinge müssen untergebracht werden. „Doch wir wollen hier eine Lösung mit unseren Bürgern finden...“ Ist der Kreis zu Kompromissen bereit? „Jahrelang gab es eine Asylbewerberunterkunft in Martensdorf. Hier waren uns keine wesentliche Vorkommnisse oder gar Übergriffe bekannt geworden. Die Einwohner der Gemeinde Niepars sind beim Landkreis als weltoffen und eben nicht als ausländerfeindlich bekannt“, sagt Pressesprecher Olaf Manzke und meint: „Außerdem kann eine Androhung von Gewalt in der Bundesrepublik kein Grund dagegen sein, Asylbewerber aufzunehmen. Alle Städte und Gemeinden des Landkreises müssen in der jetzigen weltpolitischen Lage damit rechnen, Flüchtlinge aufzunehmen.“ Wenke Büssow-Krämer und Ines Sommer

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