Diese Menschen in und um Grimmen helfen in der Not

Eigentlich betreut Romano Müller den Jugendclub in Zarrendorf. Doch seit der Corona-Krise, in der alle öffentlichen Einrichtungen zunächst schließen mussten, hat sich auch sein Arbeitsalltag radikal verändert. Der Mitarbeiter der Gemeinde kauft ab sofort für alle Zarrendorfer Einwohner Lebensmittel ein, die zu den sogenannten Risikogruppen gehören. In der Gemeinde Süderholz gibt es das Hilfsnetzwerk „Nachbarschaftshilfe in Süderholz“. Jugendclub dicht: Jugendwart jetzt als Einkaufshilfe unterwegs: Senioren und auch jüngere Menschen mit Vorerkrankungen sind für das Corona-Virus besonders anfällig. „Sollte jemand Bedenken haben, und sich nicht mehr guten Gefühls in Supermärkte trauen, unterstütze ich diese Menschen beim Lebensmittel-Einkauf“, sagt Romano Müller. Die Idee für diesen Service stammt von Bürgermeister Christian Röver: „Jede Institution hat jetzt besondere Aufgaben und wir haben überlegt, welche Möglichkeiten wir als Kommune haben.“ Auch Bürgermeister setzt menschliches Zeichen: Lebt die Verwandtschaft beispielsweise nicht vor Ort, müsse diese nicht quer durch das Land reisen, um für die Oma einkaufen zu gehen. „Damit nehmen wir hoffentlich vielen älteren Menschen eine Sorge ab“, hofft Röver, der nicht nur im Wahlkampf Bürgernähe demonstrieren möchte, sondern auch in solchen akuten Situationen. Auch der Bürgermeister persönlich bietet seine Hilfe beim Einkaufen an. „Wir besorgen ausschließlich Lebensmittel und Dinge, die für die Grundversorgung nötig sind. Der Service richtet sich außerdem ausschließlich an Zarrendorfer.“ Soweit Romano Müller und Christian Röver befugt sind, besorgen sie auch Medikamente. Ein Anruf bei Romano Müller genüge. Je nach Belieben könne ein Einkaufszettel telefonisch, oder persönlich bei ihm abgegeben werden. Müller eilt dann im Privatfahrzeug nach Negast oder Stralsund und erledigt die Besorgungen. Für Christian Röver ist dieser umsetzbare Service ein eindeutiges Zeichen, dass man sich auf den Dörfern in Krisensituationen besser helfen kann als in großen Städten. „Wir müssen Corona ernst nehmen, sollten möglichst zu Hause bleiben und daran denken, dass die Ärzteteams derzeit mehr als genug zu tun haben.“ Das kann Heike Kasch aus Griebenow nur bestätigen. Sie arbeitet am Uniklinikum in Greifswald. Und sie geht einkaufen für jene Menschen, die zu den Risiko-Gruppen gehören. „Als ich am Montag einkaufen war, traf ich viele ältere Menschen. Da kam mir die Idee“, erzählt sie. Sie habe sich an Brunke Ziemann, Pastorin in Groß Bisdorf gewandt und sei natürlich auf offene Ohren gestoßen. Großes Engagement in der Gemeinde Süderholz: Weitere Mitstreiter gern gesehen: Schnell hat sich die Idee rumgesprochen. Innerhalb weniger Tage haben sich sechs weitere Frauen der Initiative „Nachbarschaftshilfe in Süderholz“ angeschlossen. In sechs der insgesamt 28 Ortsteile gibt es nun eine, in Groß Bisdorf zwei Frauen, die in der Not helfen. „Wir würden uns wünschen, dass sich auch aus den anderen Ortsteilen Menschen melden, die ebenfalls Nachbarschaftshilfe leisten möchten“, sagt Heike Kasch. „Je mehr es sind, um so besser. Jetzt haben wir noch die Chance, ein großes Netzwerk aufzubauen“, sagt die Griebenowerin. „Und nicht zuletzt, jedem zu helfen, der Hilfe braucht“, fügt sie hinzu. „Jetzt ist die Zeit, auch Hilfe anzunehmen!“: Im Gegensatz dazu wisse sie, dass es vor allem älteren Menschen schwer falle, überhaupt Hilfe anzunehmen. „Speziell ältere Menschen gelten aber als gefährdet, wenn es um die Infektion mit dem Coronavirus geht. Deshalb ist es für sie besonders wichtig, sich keinerlei Ansteckungsgefahren auszusetzen, wie sie zum Beispiel beim Lebensmitteleinkauf lauern“, weiß sie. Deshalb auch ihr Appell: „Geben Sie Bescheid, wenn wir durch Einkäufe, Besorgungen oder Ähnliches helfen können. Auch wenn es schwerfällt: Jetzt ist die richtige Zeit, Hilfe anzunehmen.“ Und dieser Appell gelte nicht nur für die älteren Süderholzer, sondern für alle Personen, die zu den Risiko-Gruppen gehören. Gerade auch an Krebspatienten denkt sie dabei. „Deren Immunsystem ist durch die Behandlungen, wie Chemotherapien, extrem geschwächt“, weiß sie. Eine falsche Bescheidenheit sei in Zeiten, in denen sich das Coronavirus scheinbar unaufhaltsam ausbreite, nicht nötig. „Melden Sie sich bei uns, wenn wir etwas für Sie tun können. Wir machen das gerne“, betont sie noch einmal. Das bereits jetzt, nach nur fünf Tagen, zahlreiche Süderholzer bereit sind, zu helfen, rühre sie sehr. „Es ist ein schönes Gefühl zu sehen, dass die Leute wieder zusammenrücken – im übertragenen Sinne“, sagt Heike Kasch. In Grimmen und den umliegenden Gemeinden bieten viele Menschen jenen Hilfe an, die sich aufgrund ihres Alters oder gesundheitlichen Zustandes beim Einkaufen einem hohen Risiko aussetzen würden. Das sind die Menschen, die in ihrer Heimatgemeinde Nachbarschaftshilfe leisten: Zarrendorf: Romano Müller (Tel. 0173/ 6 18 64 78) Zarnewanz: Franziska Bluhm (Tel. 0177 / 4 33 02 56) Kandelin: Arite Prax, Lebensmittelladen (Tel. 038332 / 7 17 01) Griebenow: Anke Langosch (Tel. 0152 / 37 05 08 04) sowie Heike Kasch (Tel. 038332 / 8 04 22; E-Mail: heike_kasch63@web.de) Kreutzmannshagen: Kathrin Kunze (Tel. 0152 / 37 05 08 04) Groß Bisdorf: Brunke Ziemann (Tel. 038332 / 7 18 22 oder 0176 / 60 80 99 93; E-Mail: gross-bisdorf@pek.de) sowie Kerstin Notzke (038332 / 319) Neuendorf: Jeannette Knedel (Tel. 0176 / 50 16 88 64) Gesamte Gemeinde Süderholz: Tobias Lembke und Georg Günther (per Anmeldung unter www.die-einkaufshelden.de oder Tel. 0385 / 5900413) Kirchenkreise in den Gemeinden Sundhagen und Wittenhagen: Viviane Schulz (Tel. 0151 / 2 01 47 44 65) oder Kristina Pitschke (Tel. 0157 / 87 04 66 77). Junge Union organisiert: Die Junge Union Vorpommern-Rügen beteiligt sich an der deutschlandweiten Einkaufshelden-Aktion, der sich zuvor die JU des Landes angeschlossen hatte. „Ältere und schwächere Menschen sind während der Corona-Pandemie auf unsere Unterstützung angewiesen. Wir wollen Einkäufe und andere Erledigungen im Alltag für sie übernehmen. So helfen wir der sogenannten Risikogruppe dabei, öffentliche Bereiche zu meiden. Gesunde, jüngere Menschen und Hilfesuchende können sich auf der Homepage www.die-einkaufshelden.de registrieren. Dort vermittelt die Junge Union dann die Nachbarschaftshilfe. Diese Aktion ist parteiunabhängig. Jeder kann mitmachen“, unterstreicht Landesvorsitzender Georg Günther. Darüber hinaus finden Freiwillige auf der Homepage einen individuell vorausgefüllten Aushang für ihren Hausflur oder das Schwarze Brett im örtlichen Supermarkt. So sollen auch Menschen aus der Risikogruppe erreicht werden, die sich nicht im Internet registrieren. Außerdem stellt die Junge Union Mecklenburg-Vorpommern eine landesweite Telefonnummer zur Verfügung unter der sich Hilfesuchende melden können (Tel. 03 85/5 90 04 13). „Über die Nummer wollen wir alle Eingaben sammeln und in unseren JU-Kreisverbänden besser koordinieren“, ergänzt Günther. Grimmener bieten sich über Facebook-Gruppe als Einkaufshilfe an: Auch in Grimmen haben sich etliche hilfsbereite Privatpersonen bereiterklärt, für Senioren einkaufen zu gehen. In der Facebook-Gruppe „Wenn du in Grimmen aufgewachsen bist“ bieten sie ihre Hilfe an. In den Gemeinden Sundhagen und Wittenhagen helfen die Pastorinnen: In den Kirchenkreisen wird ebenfalls Nachbarschaftshilfe organisiert. Pastorin Kristina Pitschke beispielsweise organisiert Einkaufshilfen für die Kirchen am Sund zwischen Horst, Reinkenhagen, Reinberg, Abtshagen, Elmenhorst und Brandshagen. Allerdings scheint nach den Erfahrungen in der Kirchenregion „Kirchen am Sund“ die Notwendigkeit derzeit noch nicht allzu groß. „Hier auf dem Land gibt es bereits funktionierende Hilfe-Strukturen. Nachbarn, Familie und auch die Sozialstation unterstützen sowieso regelmäßig“, sagt Pastorin Viviane Schulz. Wenn aber jetzt zusätzliche Hilfe gebraucht werde, könne man sich gern an die Pastorinnen wenden. Lesen Sie auch: Was uns Hoffnung macht: Sieben gute Nachrichten aus MV in der Corona-Krise Liveticker zur Coronavirus-Lage in MV: Das ist die Situation am Freitag Corona: Rostocker Experte erklärt, warum eine Ausgangssperre in MV falsch wäre Von Anja Krüger und Carolin Riemer