Dorfgeschichte aus Bremerhagen: Wieder in die Heimat gezogen

Ingrid Wilhelm und ihr inzwischen verstorbener Mann waren die ersten Mieter im ehemaligen Konsum von Bremerhagen. Nur die Einheimischen werden sich an die alte Verkaufsstelle erinnern. War es doch zu DDR-Zeiten eine wichtige Einkaufsquelle für die Bremerhagener Einwohner sowie für die vielen Frauen, die einst in der Gärtnerei in Bremerhagen gearbeitet haben. Drei Mal in der Woche gab es frische Milch und Backwaren. Aber das ist lange her. Dieter Sengbusch kaufte das Gebäude, baute es um und so entstand ein Vierfamilienhaus. Altersitz Bremerhagen: Ingrid Wilhelm verlebte eine glückliche Kindheit in Segebadenhau, besuchte in Bremerhagen und Horst die Schule. Mit 13 Jahren ging sie mit den Eltern und Geschwistern in den sogenannten Westen. In einem Dorf in Hessen wurde die Familie sesshaft. Ein idyllisch gelegener Reiterhof mit Pension war ihr ganzes Leben lang Dreh- und Angelpunkt. Zwei Töchter machten das private Glück perfekt. Aber als der Ruhestand immer näher rückte, suchte das Ehepaar einen schönen Ort als Alterssitz. Sie wollten räumlichen Abstand zum jahrelangen Arbeitsleben. Eine der Töchter führt die Pension weiter. „Wir sind nach der Wende oft nach Mecklenburg-Vorpommern in den Urlaub gefahren. Haben Urlaub auf dem Darß, auf Rügen und Usedom gemacht. Dabei haben wir auch immer Verwandtenbesuche unternommen“, erzählt die 80-jährige rüstige Seniorin. So war sie auch in Bremerhagen bei Familie Sengbusch zu Gast. Und Dieter Sengbusch erzählte von seinen Plänen mit dem gerade erworbenen Konsum. Immer Heimat geblieben: Ingrid und ihr Mann brauchten nur kurze Bedenkzeit und die Wohnung wurde nach ihren Wünschen geplant. „Ich war so glücklich, dass mein Mann mit mir in die alte Heimat wollte. Das war so wunderbar. Ich kann von meinem Balkon nach Segebadenhau gucken, in das Dorf, in dem ich geboren bin.“ Inzwischen wohnt Ingrid Wilhelm 24 Jahre in Bremerhagen. Leider mittlerweile allein, aber dennoch glücklich. Segebadenhau ist zeitlebens die alte Heimat geblieben. Das Poesiealbum aus Kindertagen ist ihr bis heute liebe Erinnerung. Ingrid Wilhelm ist eine Frau, die durch ihr Arbeitsleben viel Trubel gewohnt ist. Und den braucht sie bis heute, wenn auch in anderer Form. „Mir sind so viele nette Leute über den Weg gelaufen. Ich pflege viele Kontakte unterschiedlicher Art“, erzählt die Wahl-Bremerhagenerin, die als Einzige von Anfang an in diesem Mietshaus wohnt. Die Wohngemeinschaft funktionierte und funktioniert super, erzählt sie. Seniorin ist sehr aktiv: Außerdem sind da noch die Leute vom Grimmener Kulturbund und der Landfrauenverein. Ingrid Wilhelm ist auch bei ihren Yogadamen und mit einer kleinen Saunarunde aktiv. Manchmal geht sie zum Reiten oder lädt sich Frauen ein – dann wird plattdeutsch gesprochen. In der kleinen Handarbeitsrunde fühlt sie sich genauso wohl wie beim Kartenspielen. Sie ist ein Superbeispiel, wie aktiv man im Alter sein kann. Denn sie ist mit ihrem roten Flitzer-Pkw auch immer noch mobil und ist eine gute Reiseführerin für ihre Besucherinnen. Mehr zum Thema: Bremerhagen: Ein origineller und rustikaler Fahrradständer Bremerhagen seit 1323: Über die Entstehung eines Dorfes Die Kontakte nach Hessen hat Ingrid Wilhelm durch den Umzug nach Vorpommern nicht abbrechen lassen. Klar ist auch für sie durch Corona das vergangene Jahr anders gelaufen als geplant, aber ein Stück Strand zum Spazierengehen gab es für sie immer. Von Roswitha Pendzinsky