Einst spezialisiert auf Herrenmäntel

Der Komplex des ehemaligen Kleiderwerkes in der Stoltenhäger Straße schlummert vor sich hin. Das Unkraut wuchert, Fenster sind zerschlagen, die Gebäude sind dem Verfall preisgegeben. Vor drei Jahren musste sogar die Feuerwehr ausrücken, um in Brand geratene Strohballen zu löschen. Keine Rettung in Sicht? Im Februar 2014 stellt Roman Niehaus als Eigentümer der Kleiderwerke ein Konzept für die leerstehende Immobilie vor — er will dort Wohnraum für ältere Menschen schaffen. Auf dem 12 800 Quadratmeter großen Grundstück sollen Zwei-Raum-Wohnungen und Appartements entstehen. Im März 2014 soll begonnen werden. Passiert ist seitdem nichts. Die Grimmener Kleiderwerke hatten einst einen guten Ruf als spezialisierter Betrieb für Herrenmäntel. „Besonders gefragt sind Parkas und Blousons, die in verschiedenen Farben für den Sommer und den Winter hergestellt werden“, schreibt Kurt Noske in „Grimmen — ein Stadtrundgang“ von 1987. „Außerdem werden Kooperationsleistungen durch den Zuschnitt weiterer Mäntel für die Produktion in den Betriebsteilen Bergen und Dranske auf Rügen erbracht. Die dort gefertigten Mäntel kommen dann wieder nach Grimmen zurück und werden hier versandfertig gemacht.“ Der VEB Kleiderwerke Greifswald hatte am 15. November 1972 im ehemaligen „Haus des Bergmanns“ in Grimmen ein weiteres Werk eröffnet. Im Mai 1976 wurde ein neues Produktionsgebäude in der Stoltenhäger Straße übergeben, aus dem alten wurde ein Sozialtrakt mit Speisesaal, Kantine und Arztzimmer. Die Zahl der Beschäftigten wuchs schnell auf mehr als 380, auch 33 Lehrlinge gehörten zum Werk Grimmen. In den Abteilungen Zuschnitt, an den Nähautomaten, in der Bügelei sollte in zwei oder sogar drei Schichten gearbeitet werden. Das Kleiderwerk sei nicht nur ein Frauenbetrieb, schreibt Kurt Noske. Von den sieben Produktionsbrigaden seien vier Jugendbrigaden. Schüler der 9. und 10. Klassen führen im Werk ihre Produktionsarbeit als Bestandteil des polytechnischen Unterrichts durch. Zahlreiche Schüler nehmen nach Schulabschluss die Facharbeiterausbildung im Betrieb auf. Der VEB Kleiderwerke Greifswald wird sogar mit dem Orden „Banner der Arbeit“, Stufe III ausgezeichnet. Er unterhält auch enge Beziehungen zum Bekleidungskombinat Latwija in Riga. 2001 steht das Kleiderwerk vor dem Aus. „Nach mehreren gescheiterten Privatisierungsversuchen ist für die ehemalige Tricota Moden GmbH ein Fremdantrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt worden“, meldet die OZ am 18. 10. 2001. Schon im Juni war über Zahlungsschwierigkeiten des inzwischen unter dem Namen GAP Dinesse Fashion Gmbh agierenden Unternehmens mit seinen 36 Mitarbeitern informiert worden... Quellennachweis Kurt Noske „Grimmen — ein Stadtrundgang“ aus dem Jahr 1987 Archiv der OSTSEE-ZEITUNG 2000 bis 2014 Wolfgang Marder, Foto (Heimatforscher aus Grimmen) WeltN24 GmbH 2015 Christine Drabsch

Grimmen - Einst spezialisiert auf Herrenmäntel