Franzburg lehnt Asyl im alten Gymnasium ab

Knapp 70 Flüchtlinge werden zurzeit in Franzburg und Richtenberg betreut. Sie sind familienweise in Wohnungen untergebracht. „Das läuft gut, warum sollen wir da etwas ändern“, sagt Bürgermeister Dieter Holder (CDU) am Dienstagabend auf der Stadtvertretersitzung im Rathaus und meint nach Absprache mit den beiden Betreuerinnen Marita Thielke und Ramona Schult, dass man die Kapazität noch auf 90 Flüchtlinge hochschrauben könnte, dann sei aber das Machbare erreicht. Der Kreis, der nach den jüngsten Zahlen von 2800 Flüchtlingen statt bisher geplanten 1400 mächtig unter Druck steht, sieht das natürlich anders. Ein Angebot des privaten Eigentümers des ehemaligen Franzburger Gymnasiums würde Vorpommern-Rügen gern annehmen. Der bietet an, in diesem Backsteinbau Unterkünfte für 250 Asylbewerber einzurichten. Der Kreis reduzierte die Offerte auf 125 Leute. „Das hieße ja, Franzburg hat dann über 200 Flüchtlinge hier — bei 1400 Einwohnern“, rechnet ein Franzburger vor. Man solle die Asylbewerber doch auf den ganzen Kreis verteilen. Stadtvertreter Klaus Wisse (SPD) forderte, dass man doch noch selbst entscheiden müsse. „Wir können uns doch nichts aufdiktieren lassen.“ Bürgermeister Holder legte noch einmal Argumente vor, die für eine dezentrale Unterbringung sprechen. „Wir haben Schule, Kindergarten und Arzt mit einbezogen. Das läuft. Wir betreuen die Flüchtlinge persönlich. Dazu tragen auch viele Ehrenamtliche bei. Und wir konnten für Beschäftigung sorgen. Da arbeiten jetzt Leute im Klostergarten oder Schwimmbad. Das ist Integration. Und diesen Weg wollen wir weiter beschreiten.“ Er betonte immer und immer wieder an diesem Abend, dass die Franzburger nicht dagegen sind, Flüchtlingen zu helfen. „Wir sind nur gegen das menschenunwürdige Unterbringen im Gymnasium, da kann von Integration keine Rede sein.“ Das Landwirtschaftsamt werde leer gezogen, hinter der Schule solle ein Containerdorf entstehen, man müsse also mindestens mit 300 bis 400 Leuten in Franzburg rechnen, meinte ein Mann aus dem Publikum. Anne-Maria Schauseil, ebenfalls in den Zuschauerreihen, sagte: „An dem Fakt an sich können wir hier doch nichts ändern. Das Ganze wird uns aufgenackt, und wir müssen damit klarkommen. Aber wir kriegen das hin, nur die Organisation ist wichtig. Und darum müssen wir uns Gedanken machen, sonst entsteht Stress.“ Die junge Frau meinte, es könnten ja auch Privatleute Wohnraum zur Verfügung stellen. „Und wir brauchen noch mehr Ehrenamtliche, die Aufgaben übernehmen.“ Da meldete sich Ronny Weidenreich: „Ja, wir betreuen in unserem Fitnessclub auch Flüchtlinge. Aber das können wir nicht ins Unendliche steigern. Man muss auch Zeit und Kraft haben, um sich um die Leute zu kümmern. Da stoßen wir doch schon längst an Grenzen“, so der Franzburger. Pastor Axel Prüfer betonte ebenso, dass die Ehrenamtlichen viel abfangen und meinte in Bezug auf die Zahl der Asylsuchenden: „Wir sollten jetzt aber auch aufpassen, dass wir hier nicht unnötig Ängste schüren.“ Stadtvertreter Roland Rahden (CDU) hakte später ein: „Ich denke, wir brauchen keine Angst vor erhöhter Kriminalität zu haben. Die Bettlerbanden, die wir hier manchmal beobachten, standen schon lange da, bevor die Flüchtlinge kamen.“ Nach fast zweistündiger, aber stets fair geführter Debatte erteilten die sechs Stadtvertreter dem Antrag auf Umnutzung des Franzburger Gymnasiums eine Abfuhr. „Natürlich wissen wir, dass der Kreis, wenn wir dagegen sind, unser so genanntes Einvernehmen ersetzen kann. Dann erfolgt der Umbau ohne unsere Zustimmung. Aber ich hoffe doch, dass hier nicht über unseren Kopf hinweg entschieden wird“, so Stadtoberhaupt Dieter Holder. Unterschriftensammlung gegen Heimunterbringung 723 Franzburger haben eine Erklärung unterschrieben, in der man sich für eine dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge ausspricht. Die Unterschriftensammlung wurde Bürgermeister Dieter Holder überreicht. Er will den Stapel samt abgelehnten Umnutzungsbeschluss an den Kreis weiterleiten. 50 Einwohner und Gäste verfolgten die Stadtvertretersitzung am Dienstagabend im Rathaus. 2800 Flüchtlinge soll der Kreis nach neuesten Erklärungen aufnehmen. Das sind doppelt so viele wie Anfang 2015 geplant. Noch im Juli ging man von 1755 Menschen aus. „Wir müssen jetzt wirklich überall nach Möglichkeiten suchen, wie wir die Menschen vernünftig unterbringen können“, sagt Landkreissprecher Olaf Manzke. Er bestätigte auf OZ-Anfrage, dass Asylsuchende zurzeit in der Sporthalle des Berufsschulzentrums Velgast betreut werden. iso Ines Sommer

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