Geschichte aus Tribsees: Flüchtlinge nutzten Eisenbahn

In diesem Jahr feiert die Stralsund-Tribseer-Eisenbahn (STE) ihren 120. Geburtstag. OZ erinnert in einer kleinen Serie daran. Die Stralsund-Tribseer-Eisenbahn war vor allem für den zunehmenden Ausflugsverkehr von Stralsund zum Borgwallsee wichtig. Ab 1935 pendelte an Wochenenden häufig ein aus Görlitz gelieferter Triebwagen zwischen Stralsund und Negast. Das war effektiver als der Einsatz dampflokgetriebener Züge. 1936 wurden über 97 000 Personen fast 49 000 Tonnen Güter transportiert. Im Vergleich mit der ebenfalls bis Tribsees führenden Greifswald-Grimmer-Eisenbahn waren das etwa 20 000 Personen mehr, aber nicht einmal die Hälfte der beförderten Güter. Die Betriebsführung der Strecke lag nach wie vor in den Händen der Firma Lenz & Co. Neben dem Triebwagen verfügte die STE über zwei Dampfloks eines speziell für Nebenbahnen gebauten Typs, sechs Personen- und 18 Güterwaggons. Wichtig für Kinder aus zerbombten Städten und Flüchtlinge: Am Ende des Zweiten Weltkriegs nahm die Bedeutung der Strecke für den Personenverkehr noch einmal zu. 1943/44 wurden Kinder aus durch Bombenangriffe zerstörten Städten in vorpommersche Dörfer gebracht. Später nutzten viele Menschen die Strecke, die aus den deutschen Ostgebieten geflohen waren. Lesen Sie auch: Vor 120 Jahren in Vorpommern: Als die Eisenbahn von Stralsund nach Tribsees fuhr Tribsees war einst ein Eisenbahnknotenpunkt Nach einer kurzen Unterbrechung am Ende des Krieges verkehrten erneut Züge. Sie beförderten noch im Juli 1945 insbesondere Flüchtlinge zu den Dörfern sowie Lebensmittel, Holz und Kohle. Auch der Transport von Schnaps für die sowjetische Armee von Richtenberg nach Stralsund spielte eine gewisse Rolle. Das Ende kam – wie bei der Greifswald-Grimmer-Eisenbahn – ohne große Vorankündigung. Im August 1945 wurde auch diese Strecke als Reparationsleistung für die Sowjetunion abgebaut. Lediglich ein kleines Stück von etwa einem Kilometer blieb als Anschlussgleis erhalten. Ein Stück Gleis wurde noch lange genutzt: Vor 1945 waren über die STE bereits das Sägewerk Max Wilhelm, die Mühlenwerke Rasmus & Röhl sowie das Sägewerk Wi. Fütterer über Anschlussbahnen an die Strecke angebunden. In der DDR blieben die letzten Gleise der Stralsund-Tribseer-Eisenbahn zum Beispiel für den VEB Holzhandel und den VEB See- und Hafenbau wichtig. Auch nach der Wiedervereinigung nutzten sie Firmen, wie Raab Karcher, der Handelshof Vorpommern und der Hagebaumarkt. Erst 2005 endete der Betrieb auf den Anschlussbahnen der Strecke Stralsund – Stralsunder Vorstadt der Greifswald-Tribseer-Eisenbahn. Von Werner Hormann und Eckhard Oberdörfer