Glashagener wollen Solarpark stoppen

Die Glashagener wollen keinen Solarpark direkt vor ihrer Haustür. Das machten vier Vertreter aus dem Dorf der Gemeinde Wittenhagen den Gemeindevertretern am Montagabend deutlich. Im Dorf habe es eine Unterschriftenaktion gegeben, etwa dreiviertel aller Einwohner hätten sich schriftlich gegen die Pläne, in Glashagen eine große Photovoltaikanlage zu errichten, ausgesprochen, erklärten sie. Bereits im Januar hatten die Gemeindevertreter einem Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan „Sondergebiet Photovoltaikanlaqe Glashagen“ der Gemeinde Wittenhagen zugestimmt. Danach soll rechts und links der Bahnstrecke Grimmen - Stralsund, auf einer Länge von circa zwei Kilometern durch den Ort Glashagen hindurchführend der Bebauungsplan mit Umweltbericht aufgestellt werden. Die Gesamtfläche beträgt 88,4 Hektar. Kooperationsvereinbarung: „Planungsziel ist die Schaffung von Baurecht für eineFreiflächenphotovoltaikanlage mit einer Leistung von 100 MWp“, heißt es im Beschluss. Investor ist die Wind-Projekt GmbH & Co. KG, die bereits den Windpark bei Glashagen errichtete und sämtliche Kosten übernimmt. Das Vorhaben gehöre zum Entwicklungskonzept „Grünes Gewerbegebiet/Energiekommune Wittenhagen, erläuterte Bürgermeister Frederic Beeskow. Zwischen der Gemeinde und der Wind-Projekt GmbH gibt es eine Kooperationsvereinbarung aus dem Jahr 2019. Einwohnerversammlung derzeit nicht möglich: Die Gemeindevertreter hatten den Einwohner nach einer regulären Gemeindevertretersitzung die Möglichkeit gegeben, ihre Bedenken zu äußern. „Normalerweise hätten wir bereits eine Einwohnerversammlung durchgeführt, um über das Vorhaben zu informieren“, sagte Beeskow. Coronabedingt könne die im Moment nicht stattfinden, werde aber auf jeden Fall nachgeholt, versprach er als Antwort auf die Kritik, dass nicht genügend mit den Dorfbewohnern kommuniziert werde. Bürger sollen profitieren: Mit einem Mix aus Windkraft und Solarenergie sollen auch die Einwohner in der Grünen Gemeinde vom günstigen Strom profitieren, nannte der Bürgermeister einen Grund für das Vorhaben. Ursprünglich und jahrelang hatte die Gemeinde gegen den Bau der Windräder unmittelbar bei Glashagen geklagt, sich später aber mit dem Investor geeinigt. „Seitdem haben wir kein Vertrauen mehr in die Beschlüsse der Gemeinde“, sagte Kai Bösefeldt, der gemeinsam mit seiner Frau einer der Glashagener Vertreter am Montagabend war. Er hätte damals daran geglaubt, dass die Windräder niemals in Betrieb genommen werden, erklärte er. „Mit den Windrädern gab es bei uns viel verbrannte Erde, jetzt wird noch einmal Öl darauf gegossen“, sagte die Glashagenerin Nadja Walenta. „Aus raumordnerischer Sicht handelt es sich bei den geplanten Photovoltaik-Freiflächenanlagen vorrangig um für die Solarenergienutzung privilegierte Bereiche, da diese entlang der öffentlichen Bahnlinie verlaufen. Die derzeit ausgewiesenen Flächen sind lediglich potenzielle Baufelder, deren Eignung jetzt untersucht werden soll“, betont Beeskow. „Der eigentliche Solarpark soll nicht so groß werden“. Aber der Untersuchungsradius solle so groß wie möglich gehalten werden, um dann zu sehen, wo es Befindlichkeiten gebe und wo gebaut werden könne. „Erst dann legen wir fest, welches Baufeld in welcher Größe, wie und wann entwickelt wird“, so Beeskow. Auch daran wollen die Glashagener nicht so recht glauben. „Wie groß soll denn der eigentliche Solarpark werden?“, fragte sie deshalb Tobias Bölke, Projektplaner in der Wind-Projekt-Gesellschaft. „Es werden definitiv nicht alle Flächen nördlich und südlich von Glashagen mit dem Solarpark bebaut“, sagte er. Gemeinsam mit der Gemeinde würden später Baufelder ausgewählt werden. Auch Heckenbepflanzungen und andere Sichtschutzelemente seien möglich. Eine genaue Größe nannte er jedoch nicht. Einwohner: Wir sind nicht gegen erneuerbare Energien: Grundsätzlich sei es nicht so, dass die Glashagener gegen erneuerbare Energien seien, betonte Nadja Walenta. Aber wenn Wittenhagen eine Grüne Kommune werden soll, müsse auch die gesamte Gemeinde daran beteiligt werden: „Wir in Glashagen haben mit den Windkraftanlagen vor der Haustür unseren Teil getan, der Solarpark soll woanders entstehen“, forderte stellvertretend Ina Bösefeldt. Nadja Walenta geht sogar noch einen Schritt weiter: „Das ist Enteignung durch Wertminderung“, sagte sie. Denn das Thema Grüne Gemeinde bringe für den Gemeindeteil Glashagen einen Industriepark vor die Haustür, der die offene Landschaft vernichte. Lesen Sie auch Sundhagen: Feuerwehr stoppt Gartenfeuer Nun ist es amtlich: Zehn Kandidaten wollen in Grimmen Bürgermeister werden Als Eignungsgebiet festgelegt: Dass es sich bei den Glashagener Flächen um Eignungsgebiete für Solarparks handele, entstamme nicht der Idee der Gemeinde, stellte Beeskow klar, der von den Gemeindevertretern unterstützt wird. Das sei im Regionalen Raumentwicklungsprogramm festgelegt. Ursprünglich war deshalb der ehemalige Landwirt in Stoltenhagen einen Vertrag mit Wind-Projekt eingegangen. Der Agrarbetrieb hat mittlerweile einen anderen Eigentümer. Cay und Sohn Justus Ahlmann, der den Betrieb führt, waren am Montag ebenfalls anwesend. Als wir vom Vorvertrag mit Wind-Projekt erfuhren, war uns klar, dass das Diskussionen geben wird“, sagte Cay Ahlmann. „Wir sind Landwirte und wünschen uns keine industrieähnlichen Verhältnisse“, sagte er. Deshalb sollte man noch mal neu denken, regte er an. Als Unternehmer dürfe er jedoch auch keinen Schaden aufgrund der bereits vorliegenden Verträge in Kauf nehmen. Er sei ansonsten jedoch bereit, im Interesse der Einwohner zu entscheiden. Ahlmann: „Wir können jetzt Tempo rausnehmen. Verträge zu öffnen, geht aber nur gemeinsam mit Wind-Projekt“. Von Almut Jaekel