Grimmener SOS-Kindergarten: Eltern erheben Vorwürfe

Sechs Eltern, deren Kinder den SOS-Kindergarten „Hermann Gmeiner“ in Grimmen besuchen, sind sehr besorgt. Das zumindest schildert Patricia Lenter. Diese Eltern der Mädchen und Jungen der sogenannten „Schlauki-Gruppe“ – dort werden die fünf- bis sechsjährigen Vorschüler betreut – haben Angst um ihre Kinder. Ein anderes Kind in dieser Gruppe würde sie regelmäßig verletzten. Seit Dezember sei dieses sogenannte Integrativkind, also ein Kind, das aufgrund seiner Entwicklung einer besonderen Förderung bedarf, in der Gruppe. Und seitdem verletze es andere Kinder, schildert die Mutti. Sie selbst sei vor etwa zwei Wochen mit ihrem Sohn sogar beim Arzt gewesen, nachdem er im Gesicht stark gekratzt worden sei. Kinder sollen miteinander lernen: Der konkrete Vorwurf der Eltern an die Kita: Sie werden über solche Vorfälle nicht informiert. Über die Verletzungen wie beispielsweise Kratzer im Gesicht und Boxen in den Bauch werde lediglich gesagt, das sei im Spiel geschehen. Außerdem gebe es in der Gruppe mit rund 15 Kindern und eben einem Integrativkind reell nur eine Erzieherin und einen Azubi, der aber aufgrund seiner Ausbildung teilweise nicht in der Kita sei. „Und die Schuld für die Verletzungen wird meist bei unseren Kindern gesucht“, sagt Patricia Lenter. Sie fühle sich ohnmächtig. Die Grimmener SOS-Kita ist eine integrative Kindertagesstätte. Das bedeutet, dass laut Konzeption behinderten wie nicht behinderten Kindern gemeinsame Erfahrungsfelder und Lernanreize geboten werden. „Es soll ihnen die Möglichkeit gegeben werden, miteinander und voneinander zu lernen und Beziehungen zueinander aufzubauen. Der Umgang miteinander soll, trotz unterschiedlicher Fähigkeiten und Beeinträchtigungen ... durch persönliche Wertschätzung, wechselseitige Anerkennung und gegenseitige Unterstützung gekennzeichnet sein“, heißt es konkret in der Konzeption. Dass die Einrichtung eine integrative ist, sei den Eltern natürlich bekannt. Ihres Wissens aber sei diese Gruppe keine integrative Gruppe. Die Kinder seien ja nicht nur körperlich betroffen. „Unsere Kinder haben jetzt morgens Angst, in die Kita zu gehen, das kann doch nicht sein“, sagt Patricia Lenter. Gemeinsames Gespräch brachte Eltern keine Klärung: Die Eltern hätten bereits mehrfach den Kontakt zu Erziehern und Kita gesucht, um auf ihre Ängste aufmerksam zu machen. In der vergangenen Woche gab es ein Gespräch, an dem sowohl die amtierende Kita-Leiterin Melanie Hoenig und der SOS-Dorfleiter Hans-Peter Fromm, Eltern und die Gruppenleiterin teilnahmen. „Herausgekommen ist bisher nichts“, bedauert Patricia Lenter. Hans-Peter Fromm, Dorfleiter des SOS-Dorfes Hohenwieden, zu dem die Kita in Grimmen gehört, und die amtierende Kita-Leiterin Melanie Hoenig betonen, dass sie die Sorgen der Eltern ernst nehmen. „Wir haben zeitnah das Gespräch ermöglicht und daraufhin den Kontakt zu den zuständigen Behörden beim Landkreis Vorpommern-Rügen gesucht“, sagt Fromm gegenüber der OSTSEE-ZEITUNG. „Wir handeln da transparent“, widerspricht er der Mutter. Integrativ bezieht sich auf alle Gruppen: „Wir sind eine integrative Kita. Das bezieht sich auf alle Gruppen“, stellt Fromm klar. „Aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen in MV machen wir gute pädagogische Arbeit“, sagt er. Er habe Vertrauen in das pädagogische Personal in der Kita; auch insoweit, dass sie die Eltern stets über eventuelle Vorfälle unterrichten. Das bestätigt auch eine Elternvertreterin, die beim OZ-Gespräch ebenso wie die amtierende Kita-Leiterin und die Gruppenerzieherin Sigrid Holler anwesend war. Die Elternvertreterin habe selbst ein Kind in der Schlaukis-Gruppe, erzählt sie. „Ich kann nicht von solchen außergewöhnlichen Problemen berichten“, sagt sie. Ihr Kind sei nicht geschubst oder verletzt worden und habe zu Hause auch nicht von anderen Fällen berichtet. Auch von anderen Eltern sei sie als Elternvertreterin nicht über Vorfälle informiert worden. Lesen Sie auch Buchpräsentation aus Grimmen: Geschichten gegen das Vergessen Verkehrsunfall auf der A 20 bei Grimmen mit mehreren Autos – Verursacher flüchtig „Es gab mehrere Gespräche mit der Familie, andere Eltern sind bisher nicht an mich herangetreten“, informiert die Kita-Leiterin Melanie Hoenig. Die Gruppenleiterin erzählt jedoch von einem weiteren Elternpaar, dass Sorge wegen einer möglichen Gefährdung ihres Kindes hätte. „Nach meinen Erfahrungen kommt kein Kind mit Angst in unsere Gruppe“, sagt Erzieherin Sigrid Holler. Mit den Kindern werde über den Umgang mit dem Integrationskind geredet, auch darüber, dass es etwas anders nicht, noch nicht so viel könne wie die anderen und viel lernen müsse. Die Kinder, auch der Sohn von Patricia Lenter, würden regelmäßig mit dem Kind spielen. Es seien Regeln aufgestellt worden, wie die Kinder grundsätzlich miteinander umgehen und wann sie sich Hilfe bei den Erziehern holen. „Das machen die Kinder richtig gut“, sagt Sigrid Holler. Personal entsprechend der Vorgaben: Und gibt es grundsätzlich zu wenig Personal in der Gruppe? „Wir haben einen Personalschlüssel entsprechend der gesetzlichen Vorgaben und halten uns daran“, sagt Fromm. Natürlich gebe es Ausnahmen, beispielsweise, wenn eine Erzieherin den Raum kurzfristig verlassen müsse. Und natürlich könne in einer Kita immer mal wieder etwas passieren, räumt er ein. Aber grundsätzlich sei bei Angeboten usw. immer jemand für das Integrativkind da und nehme es aus der Gruppe, wenn die Konzentration nachlasse, ergänzt Sigrid Holler. „Und auch diesem Kind setzen wir Grenzen.“ „Ich habe die Vermutung, dass die Eltern auf jeden Fall wollen, dass das Integrativkind die Gruppe verlässt. Solch ein Denken und Handeln können wir unseren Kindern doch nicht vorleben“, sagt die Elternvertreterin. „Wir müssen ihnen erklären, wie sie mit schwierigen Situationen umgehen können.“ So werde jetzt das Integrationskind zum Opfer, ist sie überzeugt. Von Almut Jaekel