Grimmens Tätowierer kritisieren Corona-Lockdown

Seit neun Jahren betreibt Paul Riotté in Grimmen das „INK“lusiv Tattoo-Studio. Eine wahre Erfolgsgeschichte, wäre da nicht die Corona-Pandemie. Bei dem Körperkünstler aus der Trebelstadt muss man monatelang auf einen Termin warten. Seine Fähigkeiten sind längst über die Kreisgrenzen hinaus bekannt und zahlreiche Kunden kommen aus ganz Mecklenburg-Vorpommern ins sein Studio. Bereits im Frühjahr musste der 35-Jährige, beim ersten Lockdown, sein Geschäft für über fünf Wochen schließen. Dass der Tätowierer nun erneut keine Kunden empfangen darf, ist für ihn unverständlich. Die OSTSEE-ZEITUNG traf Paul Riotté und sprach mit dem jungen Körperkünstler über die aktuelle Situation. Wie haben Sie die Nachricht aufgefasst, dass auch Tattoo-Studios wieder schließen müssen? Mit großem Unverständnis. Die Situation fühlt sich ganz einfach sehr ungerecht an. Ich betreibe ein kleines Studio. Habe immer nur einen Kunden im Geschäft. Bei meiner Arbeit ist Hygiene und Schutz schon immer das Wichtigste gewesen. Ich arbeite nur auf desinfizierbaren Oberflächen. An einem ganzen Tag kommen inklusive der Laufkundschaft maximal zehn Leute in das Geschäft. Warum kann ich unter den gegebenen Maßnahmen nicht weiterarbeiten? Für mich gibt es dafür keine Argumente. Was macht die Situation für Sie so ungerecht? Ich denke da beispielsweise an ein großes Modehaus. Dies darf geöffnet bleiben. Hunderte Kunden können dort am einem einzigen Tag Klamotten kaufen. Dort kann aber nicht im geringsten so desinfiziert werden wie bei mir. Diese Geschäfte dürfen aber weitermachen. Ich bin mit solch einem kleinen Studio anscheinend nicht systemrelevant. Ganz ohne Frage gönne ich es jedem, der weiter seiner Arbeit nachgehen darf. Ich für mich persönlich kann es aber nicht verstehen. Darum habe ich auch rechtliche Schritte eingeleitet. In welcher Form gehen Sie rechtlich vor? Ich habe mit meinem Anwalt eine Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht. Dies machen aktuell zahlreiche Tätowierer der Region und wir hoffen auf ein schnelles Ergebnis. In anderen Bundesländern durften Tätowierer bereits wieder öffnen. Ich hoffe, dass dies auch bei uns der Fall sein wird. Wie hat sich die Arbeit in Zeiten der Pandemie denn verändert? Zum einen haben wir beispielsweise in Sachen Desinfektionsspender und Plexiglasscheiben alle Vorgaben umgesetzt. Dies allein war mit einem enormen Kostenaufwand verbunden, aber wir haben es gemacht. Hygieneartikel sind im Preis zum Teil um das Fünffache gestiegen. Bedeutet: Die Kosten sind natürlich deutlich gestiegen. Dass wir trotz all dieser Maßnahmen nun wieder zu denjenigen zählen die schließen mussten, fühlt sich wie ein Schlag ins Gesicht an. Hat dies auch Folgen für Ihre Kunden? Natürlich. Zwangsläufig müssen irgendwann die Preise steigen. Zudem bin ich schon bis weit ins nächste Jahr gut ausgebucht. Ich bin immer noch dabei, die Termine aus dem ersten Lockdown irgendwie nachzuholen. Es wäre ja ungerecht, den Leuten, die ein Dreivierteljahr auf ihr Tattoo gewartet haben, abzusagen. Eine unglaublich schwierige Situation, die sich nun mit der erneuten, vierwöchigen Schließung weiter zuspitzt. Was würde ein weiteres Jahr wie dieses bedeuten? Eine absolute Katastrophe. Nicht nur für uns, sondern für viele Wirtschaftszweige. Man kann als solch kleines Unternehmen nicht mal so einfach auf zehn Wochen seiner Einnahmen verzichten. Ich hoffe nun ganz einfach, dass nochmals über die Entscheidung nachgedacht wird. Wie bereits gesagt, ich arbeite lediglich an einem Kunden. Und dies unter höchsten Hygienestandards. Lesen Sie auch: Corona in Stralsund: Diese Schulen sind derzeit betroffen So ging Fürst zu Putbus vor 200 Jahren mit Impf-Gegnern in Grimmen um Corona in MV: So hoch ist die Inzidenz aktuell in den Städten und Landkreisen Von Raik Mielke