In den Dornröschenschlaf gefallen

Von wegen kleines Nest. Sicher, groß ist der zweitkleinste Ort der Gemeinde Glewitz nicht, dafür ist der Zusammenhalt zwischen den Einwohnern sehr groß. Jeder kennt jeden, auch der Buschfunk funktioniert tadellos. So verwundert es nicht, dass sich zum Dorfrundgang gleich mehrere Einwohner gesellen. Eine alte Kopfsteinpflaster-Straße — gesäumt von einer Kastanienallee — führt in den Ort. „Das eigentliche Dorf befand sich früher aber viel weiter hinten“, erinnert sich Christel Rickelt (81). Sie ist im Ort geboren, aufgewachsen und wohnte bis 1992 dort. Ihr Geburtshaus ist eines von zwei noch bestehenden Wohnhäusern aus dem alten Dorf. „Das neue Dorf am heutigen Dorfanfang wurde erst später errichtet“, erinnert sich die Seniorin, die inzwischen in Grimmen wohnt. Das Kopfsteinpflaster steht unter Denkmalschutz und führt direkt zum Gutshaus, wo Einwohner Alwin Buske (61), der auch in der Gemeindevertretung sitzt, seine Frau Jutta (59) und Enkelin Lara (12) sich dem Dorfspaziergang anschließen. Jutta sei die älteste im Dorf geborene Frau, wird gleich berichtet. Beim Stopp vor dem eingerüsteten Gutshaus, das sich in privater Hand befindet, erzählt Alwin Buske: „Wenn es nach dem vorherigen Bürgermeister von Schack gegangen wäre, dürften wir heute hier nicht stehen. Er wollte die Straße dem Gutshausbesitzer verkaufen.“ Das sei aber verhindert worden. Christel Rickelt beschreibt die ehemalige Gutsanlage in ihrer Chronik: „Der Gutshof war in einem Karree angelegt. Das Gutshaus und daneben das Wirtschaftshaus wurden 1869 erbaut. Daneben folgten Schmiede und Stellmacherei. An der Westseite vom Hof lagen Sauen- und Schweinestall, Pferdestall, Bullenstall und Häckselscheune. An der nördlichen Seite wurde der Gutshof vom Kutschstall und Wagenremisen begrenzt. In westlicher Richtung stand der Kornboden mit Jungviehstall und Dorfkuhstall. Neben der alten Scheune war ein kleiner Teich und in westlicher Richtung ein großer Teich. Daran grenzte der Kuhstall. Ebenso in westlicher Richtung lagen Jungvieh- und Fohlenstall, dahinter eine große Feldscheune und Maschinenschuppen. Hinter dem Sauenstall lag die Gärtnerei. Der Gutshof wurde von einem Park begrenzt. Die Schnitter-Kaserne stand am Dorfanfang.“ Das Gut wurde bis 1942 von Otto Friedrichs gepachtet. Der letzte Pächter war ein Herr Putzier. 1951 wurde das Gut zum volkseigenen Gut (VEG). „Schon ab 1950 wurden in Zarnekow Lehrlinge ausgebildet“, erinnert sich Christel Rickelt. Von da an sei auch das kulturelle Leben in Schwung gekommen. „Es gab Tanzveranstaltungen, Konzerte mit Berufsmusikern und der Landfilm kam monatlich“, erzählt sie. „Unter Kulturleiter Kadow lernten Mädchen Mandoline-Spielen, andere übten Volkstänze, kleine Theaterstücke und Sketche ein“, sagt sie. Viele Feste seien gefeiert worden. „Unser Reiterfest war sehr bekannt. Weit über 800 Besucher kamen damals“, schwärmt sie noch heute. Später habe dies in Voigtsdorf stattgefunden. Nach der politischen Wende 1989 sei aber alles eingeschlafen, bedauert die Seniorin. „Von den einstigen vielen kulturellen Angeboten ist nichts geblieben. Zarnekow scheint wie ausgestorben.“ Dass Besucher in den Ort kommen, liegt zum Teil auch an Werner Schmidt (59). Seine Frau Gabriele, die heute ihren 56. Geburtstag feiert, und er zogen 2001 von Grimmen nach Zarnekow. Seit zehn Jahren betreibt Werner Schmidt seinen Caravan-Verleih „Wega‘s“. „Der Name ist aus unseren und dem unserer Tochter zusammengesetzt“, erklärt er. „Unsere Fahrzeuge laufen in ganz Europa“, sagt der Wahl-Zarnekower. Zuerst habe er schon ein wenig Angst gehabt, ob sein Geschäft in dem abgelegenen Ort funktioniert, „aber es läuft ganz gut“, sagt er. Als Privatperson genieße er es, „morgens aufzustehen und in die freie Natur zu sehen. Das ist wunderbar“, schwärmt er. Campen sei auch das größte Hobby von ihm und seiner Frau. „Wenn ein Fahrzeug dafür übrig ist“, sagt er. Nachdem der Dorfrundgang beendet ist, stellt sich die Frage, was sich Gemeindevertreter Buske für das Dorf wünschen würde. „Was soll ich mir noch wünschen. Eine neue Straße, aber die soll ja gemacht werden“, sagt er. Übrigens wieder mit Kopfsteinpflaster, das fordere der Denkmalschutz. „Und die Allee muss runter. Die Bäume sind alle krank“, fügt er hinzu. Jedoch solle im Anschluss wieder eine neue angepflanzt werden. Anja Krüger

Zarnekow - In den Dornröschenschlaf gefallen