Keine Förderung: Niederdeutsch-Kurs zu preiswert

Zwölf Pflegekräfte des Kursana-Domizils in Grimmen lernten seit April Plattdeutsch. Kursleiterin war Petra Schwaan-Nandke — bekannt als Referentin, Schauspielerin und vor allem Niederdeutsch-Erhalterin im Land. Geld bekam die Wilmshagenerin dafür nicht. Und das, obwohl sie einen Förderantrag an das Kultusministerium gestellt hatte. „Bei unseren Bewohner kommt es sehr gut an, wenn wir versuchen Platt zu sprechen, besonders bei den Demenzkranken“, sagt Pflegedienstleiterin Elfriede Henning, die nach wenigen Wochen schon kleine Gespräche auf Niederdeutsch führen konnte. „Die Senioren lachen über unsere kleinen Fehler, verbessern uns, und besonders schön ist es, dass einige, die aufgrund ihrer Demenz schon seit längerer Zeit verstummt waren, wieder anfangen, zu sprechen“, sagt Elfriede Henning weiter. „Man erreicht die Bewohner, die die Sprache aus ihrer Kindheit kennen, besser.“ „Plattdeutsch in der Pflege“ sei gewinnbringend für beide Seiten, weiß Petra Schwaan-Nandke. Einerseits haben die, die gerade diese alte Sprache lernen, sofort Resonanz, weil sie eben mit alten Leuten zu tun haben, die sie ebenfalls kennen und sprechen können. Daraus entwickele sich eine Eigendynamik, die es so beispielsweise in Schulen und Kindergärten nicht gebe. Schwaan-Nandke: „In der Altenpflege lernen die Schüler, also die Pflegekräfte, von ihren Patienten und Bewohnern immer weiter und sie können mit den Senioren eine noch engere Verbindung aufbauen.“ Sie habe die Erfahrung gemacht, dass viele ältere Menschen aus Norddeutschland das Niederdeutsche vor allem mit schönen Zeiten verbinden: mit ihren Kindheits- und Jugendjahren, mit Erinnerungen an ihre Eltern und ihr Zuhause. Und diese Verbindung gebe ihnen im Alter Sicherheit. Schwaan-Nandke: „Es ist ein vertrauter Klang aus schöner Zeit.“ Und weil mit „Plattdeutsch in der Pflege“ so viele positive Komponenten verbunden sind, kann sie auch nicht verstehen, dass für ihre Arbeit im Grimmener Altenheim keine finanzielle Unterstützung durch das Land möglich war. „Die Arbeit der Niederdeutschen erfährt immer weniger Unterstützung durch das Land“, schrieb sie deshalb auch an den Bürgerbeauftragten des Landes MV. In ihrer Petition beruft sie sich auf die Charta der Europäischen Union zur Pflege der Regional- und Minderheitensprachen. Diese Charta weist als Unterpunkt „Niederdeutsch in der Altenpflege“ aus. Ein Sachverständigenausschuss bescheinigte dem Land ein „zum Teil erfüllt“, schreibt sie weiter. Nach den Erfahrungen von Petra Schwaan-Nandke gab es bisher aber noch keinen offiziellen Niederdeutsch-Kurse in der Altenpflege des Landes. Nun ist sie natürlich gespannt, ob ihr Kurs trotz der Fördergeld-Ablehnung als Pluspunkt für die Pflege des Niederdeutschen in der Altenpflege Mecklenburg-Vorpommerns gewertet wird. Die Ablehnung von beantragten Fördermitteln in Höhe von 850 Euro für ihren Kurs wurde damit begründet, dass sie eine Einzelperson sei — es gibt gegenwärtig auch keinen Dachverband im Land, in den sie sich integrieren könnte. Außerdem könne der Kurs nicht über die Sparte Kulturförderung bezahlt werden, weil es keine Veranstaltung sei und das Sozialministerium wäre wohl eher zuständig. Und vor allem: Der Kurs sei zu billig. Wolfgang Schloth, der stellvertretende Bürgerbeauftragte in MV, hatte zur Petition von Petra Schwaan-Nandke eine Stellungnahme des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur eingeholt. Darin wird zwar zunächst das jahrelange Engagement der Wilmshagenerin für die Pflege der niederdeutschen Sprache gewürdigt, aber auch Minister Mathias Brodkorb schreibt, dass eine Förderung erst ab einer Höhe von 3000 Euro vorgesehen sei. Sonst wäre der Verwaltungsaufwand zu hoch. Außerdem riet er ihr zur Zusammenarbeit mit der Stiftung Mecklenburg, zu deren Aufgaben die Niederdeutschpflege gehöre und die kurzfristiger und flexibler reagieren könne. Stiftung Mecklenburg Die Förderung Mecklenburger Identität durch Sammlung, Bewahrung, Erschließung, Pflege, Auswertung und Vermittlung kultureller Werte und Überlieferungen Mecklenburgs ... gehört zu den Satzungszielen der Stiftung, an die die Referentin vom Kulturministerium verwiesen wurde. OZ

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