Riemser will Bestseller auf den Markt bringen

Greifswald — Konstantin von Alvensleben (57) ist seit Anfang Juni neuer Geschäftsführer der Riemser Pharma GmbH. Im OZ-Interview gibt er ein Bekenntnis zum Standort im Nordosten ab und spricht über Tretroller im Büro. OSTSEE-ZEITUNG: Wie sind Sie zu Riemser gekommen und was reizt Sie an der neuen Aufgabe? Konstantin von Alvensleben: Riemser suchte nach einer Führungskraft mit Europa-Erfahrung. Als früherer Geschäftsführer von Schwarz Pharma Frankreich, England und Deutschland habe ich die Entwicklung der Firma in diesen Märkten gestaltet. Bei meinem letzten Arbeitgeber habe ich auch erlebt, dass große Strukturen Zeit brauchen. Bei Riemser ist das anders. Die Einführung bestimmter Software dauert woanders drei Jahre, hier geht das in sechs Monaten. OZ: Was sind ihre ersten Eindrücke? von Alvensleben: Unser Berliner Büro ist so lang, dass die Mitarbeiter dort mit Tretrollern durch die Gänge fahren. In Greifswald bin ich etwa zweimal im Monat und lerne gerade alles kennen. In der Stadt sind wir auf der Suche nach neuen Büroräumen. Wir wollen das Ganze modern gestalten und haben zwei Objekte im Auge. Der Umzug soll im Frühjahr erfolgen. OZ: Ist das, nachdem Riemser 2014 einen Teil nach Berlin verlagert hat, ein Bekenntnis zum hiesigen Standort mit seinen mehr als 80 aktiven Mitarbeitern? von Alvensleben: Das Unternehmen ist hier oben an der Ostseeküste auch mit Hilfe des Landes groß geworden. Deshalb haben wir eine historische Verpflichtung. Greifswald bleibt Hauptsitz der Firma, Hier sind unter anderem die Firmen-IT, Zulassung und Qualitätssicherung angesiedelt. Hier gibt es Know-how, das man nicht verlagern möchte. Ich will Veränderungen aber nicht gänzlich ausschließen. OZ: Wie wollen Sie Riemser künftig ausrichten? von Alvensleben: Vieles ist schon gemacht. Wir wollen weiter wachsen. Dafür werden Mitarbeiter gesucht. Zum Beispiel planen wir noch weitere Filialen in Europa aufzubauen. Wir haben unsere Nischen gefunden und liefern Exportartikel in 50 Länder. Unser Schwerpunkt wird der deutsche Markt bleiben. Wir suchen ständig pharmazeutische Spezialprodukte, die zu uns passen, um diese dann zu vermarkten. OZ: Können Sie ein aktuelles Beispiel nennen? von Alvensleben: In wenigen Wochen werden wir ein hochspannendes Produkt auf den Markt bringen. Es handelt sich um ein Antiemetikum, mit dem Brechreiz und Übelkeit während der Krebstherapie unterdrückt werden. Das geht mit einer Tablette, deren Wirkung für 90 Stunden anhält, und ist ein Nachfolgeprodukt eines von Riemser Pharma bereits erfolgreich seit 2008 einlizenzierten Produktes, ein Riemser „Bestseller“. Dementsprechend ist auch unsere Umsatzerwartung hoch. Jeder geeignete Patient sollte es bekommen. Wir können das Produkt aus Lizenzgründen nur in Deutschland vertreiben. OZ: Wie läuft so eine Produktzyklus ab? von Alvensleben: Ein Patent hat 20 Jahre Bestand. Von der Idee bis zum fertigen Produkt werden schon mal zwölf Jahre für die Erforschung und die Entwicklung und die Studien benötigt. Für einen „Bestseller“ muss man da erstmal eine Milliarde Euro investieren. Deshalb erwerben wir nur die Lizenz. Uns bleiben dann noch acht Jahre für die Vermarktung, in der die Kosten wieder eingenommen und Gewinn realisiert werden muss. OZ: Riemser vertreibt auch den in Greifswald entwickelten Stichheiler „bite away“, der Linderung nach Insektenangriffen verspricht. Hat der noch Potenzial? von Alvensleben: Das ist ein qualitativ sehr hochwertiges Produkt. Ich habe den Stichheiler selbst schon erfolgreich angewendet. In Deutschland haben wir über 100000 Stück verkauft. Wir streben die Zulassung für die USA an. OZ: Haben Sie persönliche Beziehungen zum Nordosten? von Alvensleben: Mein Patensohn lebt hier. Vor einigen Wochen bin ich auch schon auf der „Greif“ mitgesegelt. Das fand ich spannend, weil ich auch selbst Segler bin. Außerdem war ich schon mal als Jäger in Vorpommern auf der Pirsch. Herziehen werde ich aber nicht. Ich lebe mit meiner aus Frankreich stammenden Frau schon in Düsseldorf und nun auch in Berlin. Interview: Kai Lachmann, und Eckhard Oberdörfer Berlin soll Europa-Zentrale werden 223 Mitarbeiter beschäftigt die Riemser Pharma GmbH. Das Unternehmen vermarktet medizinische Produkte vor allem für die Bereiche Onkologie, Rheumatologie, Infektiologie, Dermatologie und Herz-Kreislauf-Krankheiten. Mehrheitsaktionär ist die global agierende Investmentgesellschaft Ardian. Ende 2014 zogen Unternehmensteile der Pharma-Firma von Riemserort nach Berlin. Riemser will international aktiver werden. OZ

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