Splietsdorf: Hier suchen Stadtmenschen den Landfrieden

Das Schönste an Splietsdorf ist die Nähe zum Wald – das sieht zumindest Andreas Zieris so. „Ich könnte jeden Tag dort spazieren gehen. Ich bin ein absoluter Waldmensch“, betont er. Die paar Hundert Meter von seinem Wohnhaus am Ortseingang bis zum Unterholz rund um die Hellberge kennt Zieris in- und auswendig. Denn der Trockenbauer geht diesen Weg schon seit 39 Jahren. Zieris ist in Splietsdorf geboren und geblieben. „Ich wollt’ hier nie weg.“ Auch als er seine spätere Frau Isabel kennengelernt hatte, war klar: gemeinsames Dorfleben! Denn die Familie genießt die Ruhe auf dem Land. Splietsdorf ist ein Sackgassendorf. Durchfahrtsverkehr? Fehlanzeige! „Es ist schön ruhig. Ich fühle mich wohl hier“, bestätigt Isabel Zieris, die ursprünglich von Rügen stammt. Clubhaus zur Wiederbelebung von Dorffesten: Manchmal ist es vielleicht etwas zu ruhig, denn die jährlichen Events mit allen rund 60 Dorfbewohnern und den Einwohnern der umliegenden Orte sind seit einigen Jahren eingeschlafen. „Hier gab es mal Tannenbaumverbrennen, Glühweintreffen etc.“, zählt Andreas Zieris auf. Er will die Gemeinschaft wiederbeleben. „Wir haben versucht, eine Silvesterfeier zu organisieren. Im Frühjahr sollte eigentlich das Osterfeuer in Splietsdorf brennen.“ Das fiel aber Corona zum Opfer. „Viele sehnen sich danach, dass hier etwas passiert“, ergänzt Isabel Zieris. Vorkehrungen für zünftige Feste wurden getroffen. Die Splietsdorfer haben sich ein Clubhaus mit langer Tafel und Theke eingerichtet. Gegrillt wird vor der Hütte, die am fiktiven „Schluck Weg“ steht, über einer alten Badewanne. Und es tut sich noch mehr in Splietsdorf. Baufällig Scheunen sind längst abgerissen. Dadurch klaffen in Splietsdorf zwar begrünte Baulücken, sieht dafür aber alles andere als verlassen aus. Leerstand wird gefüllt. Denn immer mehr Städter suchen den Landfrieden hier. Kürzlich ist eine Familie aus Berlin zugezogen. „Das Dach dort habe ich früher als Jugendlicher schon mal gedeckt“, sagt Reinhard Zieris, als er den Handwerkern, die das Haus der Berliner herrichten, während des Ortsspazierganges zuwinkt. Dorfteich zugeschüttet, Konsumregale leer: Der Vater von Andreas Zieris ist wie sein Sohn sein Leben lang in Splietsdorf, kennt jede Ecke des Nests auswendig. Der 67-Jährige steht vor einem riesigen Brombeerstrauch und erinnert sich: „Hier war mal ein Dorfteich. Dort mussten die Pferde jedes Mal durch, bevor es für sie in den Stall ging. Im Winter sind wir darauf gerodelt und Schlittschuh gefahren.“ Direkt gegenüber des nun zugeschütteten Teichs steht das Gebäude des ehemaligen Konsums. Es war der Treffpunkt für die Splietsdorfer. „Im Winter 78/79 gab’s nicht einen Schnaps, nicht eine Milch mehr im Konsum“, erzählt Reinhard Zieris vom Versorgungsengpass während der Schneekatastrophe. „Am Abend kamen wir über die Straße noch ins Dorf, am nächsten Morgen aber nicht mehr raus. Dann mussten wir mit dem Trekker übers Feld“, so Zieris weiter. Täglicher Dorfspaziergang: Die Zeit der extremen Winter scheint vorbei, auch im Konsum ging schon lange kein Schnaps mehr über den Tresen. Die Spaziergänge oder Fahrradtouren sind geblieben. Jeden Vor- und Nachmittag sinniert Reinhard Zieris durch Splietsdorf, gern mit einem Plausch am Gartenzaun verbunden. „Ich kann mich mit jedem hier unterhalten“, bestätigt der Senior. Die Strecken in und durch den Wald sind ihm aber zu lang. Diese Touren unternimmt sein Sohn allein. Jetzt – zur Pilzsaison – können die Ausflüge auch mal länger dauern. Dann wird das Schönste an Splietsdorf von Andreas Zieris noch ausgiebiger genossen. Lesen Sie auch Dorfgeschichte: Kirchdorf und Jeeser in Sundhagen Dorf Horst in der Gemeinde Sundhagen war für Feiern bekannt Holthof: Firma Baase ist der Mittelpunkt im kleinen Dorf Von Horst Schreiber