Stämme werden zu Dorfmusikanten

„So etwas habe ich zuvor noch nie gemacht. Man braucht viel Fantasie, um sich vorzustellen, was am Ende der Woche aus den Baumstämmen entstanden sein soll. Und sehr viel Geduld bei der Arbeit“, sagt Gymnasiast Oliver Kiencke. Der 15-Jährige ist einer von zehn Gymnasiasten und insgesamt 40 Teilnehmern der 16. Bildhauerwoche der SOS-Dorfgemeinschaft Hohenwieden. Wenn sich die Kettensägen unaufhaltsam durch das dicke Eichenholz fräsen, die Holzhammer immer wieder im Takt auf die Schlitzmesser schlagen und mit Schleifpapier die Oberflächen bearbeitet werden – dann ist Musik drin in der Hohenwiedener Bildhauerwoche. „Schon ziemlich passend, dass in diesem Jahr das Motto ’ Musik weltweit’ lautet“, sagt Christoph Gramberg. Der Projektleiter und Holzkünstler aus Berlin begleitet seit Jahren die Bildhauerwoche. „Trotzdem finde ich es immer wieder spannend, wie Menschen mit Behinderungen, Gymnasiasten und Kindergartenkinder gemeinsam an einem Projekt arbeiten. So etwas erlebe ich nur hier in Hohenwieden“, betont er. Gestern war erst der zweite von vier Arbeitstagen dieser künstlerischen Woche. Doch aus den dicken Eichen- und Eschenstämme zeichnen sich inzwischen recht deutlich erste Formen und Strukturen ab, die erahnen lassen, was für ein Kunstwerk bis zur Finissage am Freitag entstehen soll. „Wir haben uns bezüglich des Themas gemeinsam mit den Schülern Gedanken gemacht, welche Kunstwerke entstehen könnten“, sagt Kunstlehrerin Kia Bönisch. „Musik kommt ja überall vor. Nicht nur in Konzertsälen, sondern beispielsweise auch in der Natur“, beschreibt Oliver Kiencke und verrät schon mal, dass bei seinem Kunstwerk zwei Singvögel eine wichtige Rolle spielen. Die unproblematische Zusammenarbeit zwischen Menschen mit Behinderungen und angehenden Abiturienten verleiht der Bildhauerwoche auch in diesem Jahr einen ganz besonderen Charakter. „Es ist ein schönes Gefühl, dass wir den Schülern helfen können“, sagt Lucas Küster. Der 23-Jährige arbeitet seit Jahren in der Holzwerkstatt der SOS-Dorfgemeinschaft. „Dadurch kann ich mit den Werkzeugen sehr gut umgehen“, sagt er. Das erste Mal ist hingegen sein Kollege Adrian Eggert dabei. „Ich komme aus Tribsees und bin erst seit einiger Zeit in der Holzwerkstatt beschäftigt. Es ist total aufregend und ich freue mich riesig auf das Ergebnis“, beschreibt der 20-Jährige. Dass es kein Einstiegsalter für die künstlerische Betätigung gibt, beweisen die Knirpse der Wald-Kita der Dorfgemeinschaft. Sie gestalten gemeinsam einen musikalischen Käfer, der später hunderte Kilogramm wiegen wird. Und was die Bremer Stadtmusikanten an der Weser sind, sollen nun die Hohenwiedener Dorfmusikanten werden. Was sich hinter dieser verrückten Idee verbirgt, wird aber erst am Freitag bei der Finissage verraten. Für die 16. Auflage der Bildhauerwoche in Hohenwieden konnte die Dorfgemeinschaft die Bildhauer Christoph Gramberg aus Berlin und Sebastian Harbort aus Tegau gewinnen. Die Ergebnisse des kreativen Schaffens werden am kommenden Freitag bei einer Finissage ab 14 Uhr in der SOS-Dorfgemeinschaft präsentiert. 40 künstlerisch Kreative des Grimmener Gymnasiums, der SOS-Dorfgemeinschaft und der Wald-Kindertagesstätte arbeiten vier Tage an Eichen- und Eschenstämmen, um aus ihnen Skulpturen mit Motiven zum Thema „Musik weltweit“ entstehen zu lassen. Raik Mielke

Hohenwieden - Stämme werden zu Dorfmusikanten