Stralsunder Studenten bauen jetzt ein verkehrstaugliches Wasserstoffauto

Seit 2008 wird an der Hochschule Stralsund (HOST) mit Wasserstoff gefahren. Das interdisziplinär zusammengesetzte studentische ThaiGer-H2 Racing Team hat über die Jahre hinweg seinen Prototypen immer weiterentwickelt. Lohn dieser Kontinuität war 2019 der dritte Gewinn in Folge beim Shell Eco-Marathon, einem der weltweit größten Energieeffizienz-Wettbewerbe. „Es ist an der Zeit, ein echtes Auto zu bauen“: Wenn man so wie die Stralsunder Studenten eigentlich alles gewonnen hat, was soll danach kommen? „Diese Frage haben wir im Team auch diskutiert“, sagt Andreas Sklarow, Projektmitarbeiter an der HOST. Der heutige Master of Science hatte bereits während seines Studiums am ThaiGer mitgebaut und sich in seiner Bachelorarbeit mit der Entwicklung einer Steuereinheit für den Betrieb eines Brennstoffzellenfahrzeugs beschäftigt. Sklarow kennt das Ergebnis der Debatte. „Das Team will sich mit der Entwicklung und dem Bau eines Urban-Concept Cars einer neuen Herausforderung stellen.“ „Das heißt, es ist an der Zeit, jetzt mal ein echtes Auto zu bauen, dass auch eine Straßenzulassung bekommen würde“, sagt Professor Johannes Gulden, Leiter des Direktoriums des Instituts für Regenerative Energie-Systeme (IRES). Geplant ist ein Zweisitzer mit echten Rädern und allem was dazu gehört, von der Beleuchtung über die Hupe bis zu den Bremsen. Alles entsprechend den Regeln der Kategorie Urban-Concept des Shell Eco-Marathons. Mit zwei Autos zum Wettbewerb: Denn auch mit dem neuen Auto wollen sich die Stralsunder Studenten dem internationalen Wettbewerb stellen – parallel zur Prototypen Kategorie mit dem neuen ThaiGer. „Der hat schon Gestalt angenommen. Er ist kürzer und aerodynamischer geworden als der ThaiGer, der 2019 den Sieg geholt hat“, sagt Gulden. Ein Modell vom neuen Urban-Concept Car kann man bei Andreas Sklarow in der Werkstatt schon besichtigen. Das Team tastet sich stufenweise an die neue Aufgabe heran. „Der neue Wagen soll zunächst mit Elektroantrieb gebaut werden, der seine Energie aus einer Batterie bekommt. Den Platz für die neue, größere Brennstoffzelle haben wir schon mit eingeplant.“, sagt Sklarow. Ziel ist das autonome Fahren: Das Ziel ist es, das Concept Car soweit zu entwickeln, dass es am Ende auch autonom fahren kann“, sagt der Projektmitarbeiter. Der Vorteil, damit lassen sich auch die IT-Spezialisten unter den Studenten in das Vorhaben einbinden. „Für das neue Auto brauchen wir ohnehin mehr Leute im Team“, sagt Prof. Gulden. Dieses Vorgehen hat auch strategische Gründe. Beim Eco-Marathon können zwei studentische Teams einer Hochschule in verschiedenen Klassen starten. Dann jedoch mit zwei Antriebskonzeptionen. Und da der ThaiGer bereits auf die Brennstoffzelle und damit Wasserstoff als Energielieferant setzt, könnten mit dem Concept Wagen der Hochschule zunächst batterieelektrisch unter Wettbewerbsbedingungen Erfahrungen gesammelt werden. Zwei Elektromotoren für mehr Fahrspaß: Für das neue Auto wird derzeit vieles neu entwickelt. Wobei dabei auch auf Bewährtes zurückgegriffen werden kann. So etwa auf den für den ThaiGer entwickelten ultraleichten bürstenlosen Elektromotor, der den Strom mit einer Effizienz von bis zu 97 Prozent in Leistung umsetzt. „Der muss jetzt überarbeitet werden, da im neuen Auto mehr Leistung gebraucht wird. Das Concept Car soll zwei dieser Motoren bekommen, die in den Hinterrädern verbaut werden. „Das Auto soll ja auch ordentlich Fahrspaß bieten“, sagt Johannes Gulden. Über 30 Abschlussarbeiten sind im ThaiGer-Team entstanden: Das ist für die Studenten die eine Seite der Motivation. Eine andere ist die Möglichkeit, durch die Mitarbeit im ThaiGer-Team auch ein Thema für die eigene Abschlussarbeit zu finden. Die Chancen dafür stehen gut. „Bislang sind im ThaiGer-Projekt über 30 Abschlussarbeiten entstanden“, sagt der Professor. Und Andreas Sklarow ergänzt: Das bringt das Projekt durch viele innovative Eigenentwicklungen voran.“ Lesen Sie auch Clubs in Stralsund: „Werkstatt“-Leiter Reimers über Corona-Situation Vorpommern-Rügen - Hausmacht CDU contra Newcomer: Streit um 200 000 Euro Brüder und Geschäftspartner: Zwillinge leiten die Media Märkte in Rostock und Stralsund Unter Corona-Bedingung gestaltet sich die Arbeit am neuen Auto derzeit etwas schwieriger. Zwar können in der Konzeptionsphase solche Sachen wie Produktteilerecherche, Berechnungen oder 3D-Entwürfe auch in Heimarbeit erledigt werden, doch Gulden weiß, dass die Online-Treffs am Monitor nicht die spannendere Teamarbeit vor Ort ersetzen können. „In einem internationalen Umfeld behauptet“: Da war es gewissermaßen ein größeres Trostpflaster, als jetzt das Landesförderinstitut MV dem Verein der „Freunde und Förderer der Hochschule Stralsund“ einen Zuwendungsbescheid über 15 000 Euro für das ThaiGer-H2 Racing Team und sein Urban-Concept Car Projekt überreichte. Das Geld aus dem Strategiefonds ist für Dietmar Eifler, Mitglied der CDU-Landtagsfraktion MV und Vorsitzender des Fördervereins, gut angelegt. „Das ThaiGer-H2-Racing Team verwirklicht bereits seit gut 12 Jahren Projekte im Bereich der wasserstoffelektrischen Mobilität. In den vergangenen Jahren ist es den Studenten der Hochschule gelungen, sich im Energieeffizienz-Wettbewerb in einem internationalen Umfeld zu behaupten“, so Eifler. Für Andreas Sklarow und das Team ist das eine wichtige Unterstützung ihrer Arbeit, macht diese Förderung etwa ein Drittel des Etats für das Concept Car aus. Jetzt wird ein Name für das Concept Car gesucht: Fehlt eigentlich nur eins, was es jetzt zu lösen gilt. Das neue Auto braucht noch einen Namen. Erste Ideen werden von den Studierenden bereits diskutiert, sagt Prof. Gulden und verweist auf den „HOSTI“ oder „E-Strela“, das sich im Zuge der Weiterentwicklung des Autos auch zu „H-Strela“ wandeln ließe, und auch „HighGer“ ist noch in der Diskussion. Man darf also gespannt sein – auf das neue Auto und seinen künftigen Namen. Von Jörg Mattern