Tribsees bis Altenpleen: Ärger über geforderte Testzentren

Nach einer Videokonferenz mit der Kreisverwaltung konnte der Frust nicht größer sein: Die Kommunen auf dem platten Land, meist ja organisiert in Ämtern, sollten ab Dienstag nach Ostern Testzentren öffnen. In drei Arbeitstagen zuverlässige Möglichkeiten schaffen, damit die Menschen ihren Schnelltest machen können – das schien selbst den Optimisten eine unlösbare Aufgabe. In drei Tagen Testzentrum aus dem Boden stampfen? „Ganz ehrlich, ich bin stocksauer. Wir wollen helfen, ja, aber dann muss das Ganze auch klare Strukturen haben und klare Verantwortlichkeiten. Ich kann doch nicht auf Zuruf in drei Tagen sowas aus dem Boden stampfen“, kritisiert Ines Materna-Braun, leitende Verwaltungsbeamtin in Altenpleen, dass sie schon gern was Schriftliches vom Landkreis hätte. Landkreis: Sind noch im Aufbau: Kreis-Sprecher Olaf Manzke versteht, dass da jetzt in den Kommunen Druck entsteht. „Aber wir wollen ja alle gemeinsam etwas Gutes, nämlich weitere Testzentren schaffen, weil die 150 bisherigen im Land nicht ausreichen. Wie das alles genau organisatorische ablaufen wird, sehen wir in den nächsten Tagen. Wir befinden uns wirklich noch im Aufbau“, bittet er um Geduld. Das Land hatte zunächst nur auf die Apotheken gesetzt, doch der Ansturm ist zu groß, wie die OZ auch in den letzten beiden Tagen berichtete. Deshalb jetzt offensichtlich die Hektik... Lesen Sie auch Vorpommern-Rügen: Ab Mittwoch nur noch mit Test zum Frisör Klinikum Stralsund: Kein Grund zur Panik, Versorgung gesichert Stralsund und Umgebung: So laufen die Corona-Tests an den Schulen Velgast: Kostenlose Corona-Tests bei Arzt und Apotheke Stralsund, Rügen, Grimmen, Ribnitz: Hier gibt es kostenlose Corona-Schnelltests Los geht es schon mal damit, dass die Aussagen zum Testmaterial variieren. Peter Forchhammer, leitender Verwaltungsbeamter in Niepars, geht davon aus, dass die Ämter die erste Fuhre bekommen und dann selbst nachbestellen, dazu gehören auch Schutzanzüge (übrigens wegen der großen Nachfrage gerade teurer geworden), Handschuhe und Masken fürs Personal. Testpersonal zu finden, ist das größte Problem: „Und da sind wir schon beim nächsten Problem. Wer soll denn diese Tests durchführen? Wir werden jetzt Freiwillige suchen, die volljährig und gesund sind. Auf jeden Fall werden diese Personen eine Schulung bekommen, damit nichts schief läuft. Aber wie sieht es mit einer Aufwandsentschädigung aus?“, fragt sich der Amts-Chef. Nach seinen Recherchen ist er auf 12 Euro die Stunde gekommen. Interessenten melden sich bitte unter 038321/66110 bei Carmen Frick. Jugendliche könnten helfen: Gute Nachricht nach dem ersten Rumhören im Amt: Aus der Jugendarbeit haben sich schon junge Leute bereit erklärt. „Und die Abrechnung würde Kristina Freyberger vom Demokratie-Leben-Projekt übernehmen“, so Forchhammer, der die Tests am liebsten im Amtsgebäude (Blümchencafé) machen lassen würde. „Sollte der Ansturm zu groß werden, hat der Steinhäger Bürgermeister die Sporthalle in Negast angeboten.“ Einen Start in der kommenden Woche sieht der Nieparser nicht. Logistisch nicht zu schaffen. Tribsees setzt auf Apotheke: Auch im Amt Recknitz-Trebeltal sind die Mitarbeiter noch in der Findungsphase. „Wir wollen die Tests gerne im Impfzentrum in Bad Sülze mit anbieten. Für Tribsees hat der Bürgermeister schon mit der Apotheke gesprochen. Wir hätten dann zwei Varianten, in jeder Stadt eine. Doch das personelle Problem scheint uns das größte zu sein, Freiwillige können sich gern bei uns melden“, sagt Stefanie Timm, Bauamtsleiterin im Amt, und hofft ebenso wie die Nieparser auf Freiwillige. Kritisiert wird an der Basis übrigens auch der bürokratische Aufwand pro Test. Apothekerin in Franzburg ist dabei: Glück haben die Einwohner des Amtsbereiches Franzburg-Richtenberg. Dort übernimmt die Apotheke von Angela Libbert in Franzburg das Testen. Die hatte schon vor einigen Wochen mit der Apothekenfiliale in Velgast und der dortigen Ärztin das Testen in der großen Gemeinde in Angriff genommen (die OZ berichtete). „Sollte das nicht ausreichen, müssen wir noch aufs Vereinshaus ausweichen. Da haben wir schon das Okay vom Bürgermeister“, erklärt Marco Prieß, amtierender Chef der Amtsverwaltung, und schiebt hinterher: „Dann hätten wir aber auch ein Personalproblem: Wer soll das machen, unsere Mitarbeiter? Wie wird das dann abgerechnet?“ Fragen über Fragen – und wenig Antworten. So viel scheint aber durchzusickern: Die Ämter gehen mit allen Ausgaben erst mal in Vorleistung. Altenpleen bastelt an mobiler Variante: In der Zwischenzeit hat Ines Materna-Braun in Altenpleen ihr Netzwerk abgeklopft. „Wir könnten unsere Test in Kooperation mit der Wizlaw-Apotheke in Prohn organisieren. Uns schwebt vor, eine mobile Variante anzubieten. Wir gucken jetzt, wie das funktionieren könnte.“ Da gab es schon Gespräche für eine weitere Kooperation mit dem Storchennest-Verein, der sowohl Kleinbus als auch Mitarbeiter stellt, die gemeinsam mit Apotheker und Pharmazie-Ingenieurin „auf Dorftour“ gehen. Mit Zelt und Kleinbus auf Tour: „Wenn wir mit Auto und Zelt unterwegs sind, dürfte das für den Sommer eine gute Lösung sein“, kann sich der Prohner Apotheker Roland Petersen im OZ-Gespräch mit der Idee anfreunden. „Für die Prohner könnten wir auch das Gemeindebüro nutzen“, sagt der 49-Jährige, der die Apotheke, die 1992 gebaut wurde, im Jahr 2014 übernommen hatte und mit vier Angestellten auch weiterhin den „Normalbetrieb“ wuppen muss – trotz Corona-Tests, für die er sich gerade schulen lässt. Das Amt in Altenpleen wird wahrscheinlich die Terminabsprache übernehmen, dennoch sollte es im jeweiligen Ort auch möglich sein, spontan zum Abstrich zu kommen. „Ich finde nach wie vor, der Kreis sollte der Betreiber aller Testzentren sein“, sagt Ines Materna-Braun und schiebt hinterher: „Warum hat man nicht Tausende Selbsttests bestellt und die an die Bevölkerung ausgeteilt, dann hätten wir das ganze Hin und Her jetzt nicht. Natürlich hätte man sich etwas einfallen lassen müssen, damit die Leute ihren Negativtest auch bestätigt bekommen. Aber wir hätten jetzt nicht diese vielen verunsicherten Menschen.“ Strelapark arbeitet an eigener Lösung: Zweiter Tester im Amtsbereich Altenpleen ist die Brunnen-Apotheke im Strelapark – auf dem Territorium der Gemeinde Kramerhof. Die Apotheke hatte aber bereits signalisiert, mit dem Einkaufstempel mehr als ausgelastet zu sein. Allerdings hat der Strelapark auch noch eigene Ideen, um das Einkaufen mit den Testungen zu verbinden. Von Ines Sommer