Vorpommern-Rügens Sportler können sich auf mehr Geld freuen

Fußballplätze pflegen, Turngeräte kaufen, Wettkämpfe organisieren: Der Landkreis Vorpommern-Rügen stellt in diesem Jahr 150 000 Euro mehr zur Förderung des Breitensports und der Sportvereine in der Region zur Verfügung, sodass 2020 nun insgesamt 500 000 Euro abgerufen werden können. Der Kreistag hat auf seiner Sitzung am Montagabend dafür gestimmt, dass anhand einer neuen Förderrichtlinie auch für die Jahre 2021 bis 2024 jeweils eine halbe Million Euro im Fördertopf bereitliegt. Die Vorlage sei mit dem Kreissportbund abgestimmt und das Beantragen von Geld gehe unkompliziert. Dadurch würden die Ehrenamtler in den Vereinen entlastet, was „ein großer Wurf“ sei, wie Maik Hofmann (Bürger für Stralsund) auf der Sitzung feststellte. „Heute ist ein guter Tag für den Sport in Vorpommern-Rügen“, formulierte er. Sein Bonmot wurde zwar von mehreren Rednern wiederholt, doch in der folgenden, immer hitziger werdenden Debatte um die Richtlinie ging es mitnichten um sportliche Aktivitäten, sondern um Diskriminierung, die Landesverfassung, das Attentat in Hanau und die Rolle der AfD. Fördergelder müssen bei Diskriminierung zurückgezahlt werden: Ausgangspunkt dafür war das Ansinnen von mehreren Fraktionen (Grüne/Für Rügen, SPD, Linke, Bürger für Vorpommern/Freie Wähler, Bürger für Stralsund/FDP), in die Richtlinie ein sogenanntes Diskriminierungsverbot aufzunehmen. Das heißt: Die Vereine verpflichten sich schriftlich dazu, dass sie niemanden benachteiligen aufgrund von Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität. Auch öffentliche Äußerungen, zum Beispiel auf der Facebookseite des Vereins, dürfen weder diskriminierend noch gewaltverherrlichend sein. Sollte so etwas nachgewiesen werden, muss die erhaltene Förderung „unverzüglich in voller Höhe“ zurückgezahlt werden, heißt es. Wenke Brüdgam (Linke) betonte: „Wenn wir Geld ausgeben, dann sollten wir auch sicherstellen, dass es den Zwecken entspricht, die wir fördern wollen: soziale Teilhabe und Toleranz und nicht Diskriminierung, Rassismus oder Ähnliches.“ „Erstarken der AfD hat Rassistisches sagbar gemacht“: Ute Bartel (SPD) sagte, das Diskriminierungsverbot sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. „Aber nach den Ereignissen der letzten Wochen ist es notwendig. Auch im Bereich des Sports müssen wir uns gegen rassistisches, gewalttätiges, antisemitisches und diskriminierendes Gedankengut wehren.“ Selbst die Spieler der Bundesligen hätten am Wochenende der Morde von Hanau gedacht. „Ich weise darauf hin, dass durch das Erstarken der AfD Rassistisches sagbar geworden ist, Vorbehalte gegenüber Fremden entfesselt wurden und der Rechtsradikalismus verstärkt wird.“ Das ließen die Redner der AfD nicht auf sich sitzen. Philipp Laars wütend: „Was ich Ihnen vehement abspreche, ist, dass es Ihnen um die Menschen geht, die wirklich Diskriminierung erleiden. Es geht Ihnen darum, ihre politische Agenda durchzudrücken.“ Er betonte: „Auch wir sind gegen Diskriminierung. Welcher vernünftig denkende Mensch könnte dafür sein?“ Aufgrund der „parteipolitischen Vereinnahmung“ stimme er gegen das Diskriminierungsverbot. Präsidentin entzieht Herrmann (AfD) das Wort: Parteikollege Roland Herrmann führte den Anschlag in Hanau allein auf die psychische Erkrankung des Täters zurück, womit die AfD nichts zu tun habe. Dann versuchte er, den Spieß umzudrehen und seine Partei als Opfer darzustellen: „Sie gießen Öl ins Feuer und gegen die AfD. Diese Hetze wird irgendwann aufgehen und dann werden die ersten AfD-Leute Opfer von Brandanschlägen. Und dann haben Sie Schuld!“ Als er immer lauter und aggressiver wurde und auch noch den Wahleklat in Thüringen ansprach, entzog ihm Kreistagspräsidentin Kathrin Meyer das Wort. Nach diesen beiden Redebeiträgen änderte die CDU, die größte und in diesem Fall entscheidende Fraktion im Kreistag, ihre Haltung. Zunächst wollte die Partei wegen eines möglichen Verwaltungsaufwands dem Diskriminierungsverbot nicht zustimmen. Doch offenbar führten die polternden Beiträge der AfD und der Hinweis von Jürgen Suhr (Grüne), das Diskriminierungsverbot sei als Bekenntnis zu verstehen, zum Umdenken. „Die Landesverfassung steht über allem“: Andreas Kuhn (CDU) sagte zwar, es könne nicht Sinn der Kommunalpolitik sein, „bei jeder kleinen Richtlinie grundsätzliche Demokratiedebatten zu führen“. Er verwies zudem darauf, dass ein Diskriminierungsverbot schon in der Landesverfassung stehe. „Und die Landesverfassung steht über allem.“ Doch letztlich stimmten alle Fraktionen dafür – außer die der AfD. Der Landkreis Vorpommern-Rügen fördert über die Richtlinie „insbesondere sportliche Aktivitäten von Kindern und Jugendlichen, Übungsleiter in Sportvereinen, Lohnkostenzuschüsse für Angestellte in Sportvereinen, Anerkennung ehrenamtlichen Engagements und besonderer sportlicher Leistungen sowie regionale Sportprojekte“, heißt es dazu auf der Internetseite des Landkreises. „Anträge auf Förderung nimmt der Kreissportbund Vorpommern-Rügen entgegen.“ Mehr zum Autor Lesen Sie auch: 1 + 1 = 1 AfD bildet im Kreistag künftig nur noch eine Fraktion 2. Sportlerball: Vereine können sich für Preiskategorien bewerben Kostenfreier Sport für Krebspatienten in Stralsund Von Kai Lachmann