Beiershagen bei Ribnitz-Damgarten: Wie ein neuer Wald entsteht

Die Corona-Pandemie bestimmt seit Monaten das Leben der Menschen. Ein Thema, das dabei ein wenig in den Hintergrund gerückt ist, ist der Klimawandel. Bevor das Coronavirus die Welt auf den Kopf stellte, waren die Veränderungen des weltweiten Klimas und die damit verbundenen Folgen eines der wichtigsten Themen, wenn nicht sogar das wichtigste Thema der Gesellschaft. Doch bekanntlich lässt sich der Klimawandel auch nicht von einem Virus aufhalten. Der Kampf gegen dessen Auswirkungen glücklicherweise auch nicht. Ein kleiner Beitrag ist jetzt in der Nähe von Beiershagen, Ortsteil von Ribnitz-Damgarten, geleistet worden. Auf knapp fünf Hektar entsteht hier ein neuer Wald. „Fast schon ein historischer Tag.“: Wald nimmt in Mecklenburg-Vorpommern gerade einmal einen Anteil von 24 Prozent der Gesamtfläche ein. In Vorpommern-Rügen ist der Anteil mit 19 Prozent sogar noch geringer. Umso glücklicher ist Andreas Baumgart, Leiter des Forstamtes Schuenhagen, dass es nun gelungen ist, im Forstamtsbereich erstmals seit Jahrzehnten eine Neuaufforstung umzusetzen. „Das ist für uns fast schon ein historischer Tag. Neuer Wald ist einer der Hauptbeiträge zum Klimaschutz“, sagt Baumgart. Im Frühjahr hat die OSTSEE-ZEITUNG die Aktion „Mein Baum“ gemeinsam mit der Landesforst MV ins Leben gerufen. Leser spendeten zu der Zeit bereits mehr als 90 000 Euro. Die Bäume waren bestellt, doch die Pflanztage mussten aufgrund der Pandemie abgesagt werden. Im Herbst rief die OZ erneut zum Spenden und Pflanzen auf, um die Aktion wiederzubeleben. Auch die Nachholaktion im Herbst konnte nicht stattfinden. Bisher sind insgesamt mehr als 113 000 Euro zusammengekommen. Und Sie können noch immer spenden. Zahlungsempfänger: Landesforstanstalt MV IBAN: DE 87 1500 0000 0015 0015 30 BIC: MARKDEF1150 Verwendungszweck: Spende Mein Baum Für Unsere Zukunft Das neue Waldstück westlich von Beiershagen ist Bestandteil der Aufforstungsstrategie des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Das Ziel: 1000 Hektar neuer Wald sollen entstehen. „Wir sind froh, dass wir in unserem Forstamtsbereich nun endlich vorankommen“, sagt Andreas Baumgart. Planung begann im Juni: Wie aufwendig es ist, neuen Wald entstehen zu lassen, weiß Revierleiter Eckhard Syré. Im Juni hatten er und seine Mitarbeiter mit der Vorplanung für die Fläche bei Beiershagen begonnen. Die Fläche wurde verfügbar, weil sie dem Land gehört. Bislang war sie als Ackerfläche verpachtet worden. Der Pachtvertrag sei nicht verlängert worden, was für den Landwirt zwar überraschend gewesen sei. „Aber letztlich entscheidet der Flächeneigentümer, was mit seinem Land passiert“, sagt Andreas Baumgart, der gleichzeitig betont, dass es nicht darum gehe, jemandem Land wegzunehmen. Landwirte und die Forstämter seien Nachbarn und Partner, wenn es um den Klimaschutz gehe. Um einen neuen Wald entstehen zu lassen, müssten außerdem Anträge gestellt werden. Tatsächlich ist auch eine sogenannte Umweltprüfung vorgeschrieben, mit der ausgeschlossen werden soll, ob andere Belange des Umwelt- und Naturschutzes einer Neuaufforstung entgegenstehen, beispielsweise, wenn die vorgesehene Fläche ein Rastgebiet für Zugvögel ist. Fast 19 000 Setzlinge auf fünf Hektar: Vorbereitend musste der Boden bis zu einer Tiefe von 50 bis 60 Zentimetern umgepflügt werden. Im zweiten Schritt wurde die Fläche noch einmal oberflächlich umgepflügt. Damit werde der Boden aufgelockert, nachdem er unter anderem über viele Jahre durch landwirtschaftliche Maschinen verdichtet worden war. 18 900 Setzlinge sind auf der Beiershäger Fläche gepflanzt worden, darunter 9066 Stieleichen, 400 Spitzahorn und 3900 Roterlen. „Das Ziel ist von vornherein, verschiedene Baumarten zu mischen“, sagt Andreas Baumgart. Das Forstamt setzt dabei auf Laubbäume, auch weil einige Nadelbaumarten mit den veränderten klimatischen Bedingungen Probleme haben. So hätte die Fichte laut Baumgart keine größere Zukunft in Mecklenburg-Vorpommern. Die Mischung sei außerdem notwendig, um quasi auf Nummer sicher zu gehen. „Wir wissen nicht, wie sich die klimatische Entwicklung fortsetzt“, sagt Eckhard Syré. Deshalb sei auch nicht abzusehen, ob wirklich alle der acht in Beiershagen gepflanzten Baumarten mit den Veränderungen zurechtkommen. Bleibt eine auf der Strecke, seien jedoch weitere sieben vorhanden. Grundsätzlich seien aber Baumarten gewählt worden, von denen bekannt ist, dass sie eine gewisse Widerstandsfähigkeit besitzen. Lesen Sie auch: Ribnitz: Beliebter Streichelzoo braucht neuen Spielplatz Marlow: Zwei Ärztinnen übernehmen Praxis von Dr. Knaack Weitere Neuaufforstungen im kommenden Jahr: Die Aufforstung in Beiershagen kostet etwa 94 000 Euro. Zusätzlich zu den Bäumen wurden drei Trockenbiotope sowie Blühstreifen und ein zehn Meter breiter Waldrand mit Sträuchern angelegt. Um die Setzlinge zu schützen, wurde das Gelände eingezäunt. In etwa zehn Jahren seien die Bäume groß genug. Dann könne der Zaun entfernt werden. Ein Vorteil der Nutzung einer ehemaligen landwirtschaftlichen Fläche sei, dass der Boden aufgrund der Bewirtschaftung voller Nährstoffe ist und die Bäume schneller als üblich wachsen. Im kommenden Jahr sollen weitere Flächen neu aufgeforstet werden. Unter anderem sollen im Revier Elmenhorst 14 Hektar neuer Wald entstehen. „Und wir haben noch weitere Flächen in der Warteschleife“, sagt Andreas Baumgart. Von Robert Niemeyer