Die Basis sitzt im Schatten

Vorsitzendenwahl in trauter Runde: Der Grünen-Kreisverband Vorpommern-Rügen hat während einer Kreismitgliederversammlung am Freitagabend eine neue Führung gewählt. Neues Oberhaupt der Ökopartei ist die Stralsunder Altenpflegerin Gudrun Klein-Schrader. Sie war zuvor Beisitzerin im Kreisvorstand. Zur Wahl anwesende Personen: 21. Sowie ein Idefix ähnlicher Hund. Der klassische „Atomkraft? Nein danke“-Aufkleber, den moderne umweltbewusste Menschen heute nicht mehr unbedingt vor sich hertragen würden, hier, an der überschaubaren Parteibasis, gilt er offenbar noch immer als eine Art gemeinschaftstiftendes Emblem. Grund für den Wechsel an der Spitze des Kreisverbandes ist, dass Klein-Schraders Vorgänger Jürgen Kwast seine Energie für die politische Arbeit in Zukunft parteiintern anders einsetzen wolle, wie er sagte. In der Partei war seine Absicht, das Amt nach knapp einem Jahr nicht erneut anzustreben, bekannt. Er wolle sich nun lieber an der Vorbereitung des Grünen-Programms für die Landtagswahl im nächsten Jahr beteiligen, sagte der Rügener Betriebswirt. Die Führung des Kreisverbandes sei eine Tätigkeit mit hohem Verwaltungsaufwand, die sich im Vergleich zur Arbeit in den Fraktionen der kommunalpolitischen Vertretungen eher im Schatten abspiele. Kwast: „Öffentlich wahrgenommen wird die Fraktionsarbeit.“ Dieses Problem, dass die Aktivitäten der Kreisparteiverbände im Vergleich zur Arbeit der Fraktionen in den Kommunalparlamenten in der Öffentlichkeit kaum eine Rolle spielt, haben in Vorpommern prinzipiell alle Parteien. Aber bei den Grünen tritt es derzeit besonders deutlich hervor. Die Fraktionen — in der Stralsunder Bürgerschaft unter Führung des Landtagsabgeordneten Jürgen Suhr, im Kreistag mit Chefin Claudia Müller — sind im Vergleich zum Kreisverband Vorpommern-Rügen hochaktiv. Die Parteibasis wirkt dagegen geradezu verschlafen. Müller ist zugleich Vorsitzende des Landes-Parteiverbandes. Allerdings scheint zugleich auch das parteiinterne Interesse von oben nach unten gering zu sein. Weder Suhr noch Müller, beide sind Stralsunder, noch irgendein anderes Mitglied der Stralsunder Bürgerschaft nahm an der Kreismitgliederversammlung teil. Eine kleine, aber bemerkenswerte Personalie am Rande: Der umtriebige Stralsunder Nachwuchspolitiker Conrad Busse ist der SPD davongelaufen und Mitglied bei den Grünen geworden, die ihn als Beisitzer neben Klein-Schrader sogleich in den Führungszirkel wählten. In seiner Begründung für den Wechsel hielt Busse sich nicht eben zurück: „Das Einbringen meiner Meinungen und die reaktionären Konter aus den Reihen des Mitvorstandes in der SPD brachten mich schlussendlich dazu, der Stagnation den Rücken zu kehren und zu euch zu kommen.“ Rumms. Vielleicht sind die Grünen nicht nur deshalb eine der jüngsten Parteien in Vorpommern. Durchschnittsalter: 45,4 Jahre. Benjamin Fischer

Stralsund - Die Basis sitzt im Schatten