Ein Refugium für kritische Dichter

Die Wand im Künstlerhaus Lukas in Ahrenshoop hängt voller Din-A4-Blätter. Am Rand stehen Notizen, auf Klebezetteln sind Anmerkungen notiert. Die Arbeit für die Chronik zum 20-jährigen Jubiläum läuft auf Hochtouren. Seit einem Jahr arbeitet die Leiterin des Künstlerhauses, Gerlinde Creutzburg, gemeinsam mit ihrem siebenköpfigen Team an der Chronik. „Mehr als die Hälfte der Zeit haben wir darauf verwendet, Geld einzusammeln“, berichtet die 57-Jährige. Finanzielle Unterstützung gibt es nun vom Land, der Gemeinde und der Sparkasse Vorpommern. „Wir sind froh, dass wir die Arbeit verwirklichen können. Alleine hätten wir das nicht geschafft“, sagt die Leiterin des Künstlerhauses. Das Ergebnis soll am 8. Februar in der Ausstellung „Ein Haus in Arkadien — Das Künstlerhaus Lukas in Ahrenshoop“ sowie am 25. März in der Landesvertretung Mecklenburg- Vorpommern in Berlin vorgestellt werden. Neben bekannten Persönlichkeiten, die das Künstlerhaus besucht haben, werden auch alltägliche Geschichten erzählt. „Wir wollen zeigen, welche Menschen schon hier gelebt haben“, berichtet Gerlinde Creutzburg. „Früher war hier beispielsweise mal ein Friseur und eine Pension. Immer haben die Leute gesagt, dass das Haus ein besonderes Refugium war.“ Denn es blickt auf eine lange Geschichte zurück: Bereits 1894 wurde es vom Maler Paul Müller-Kaempff erbaut. In der Chronik wird auch die DDR-Zeit intensiv bearbeitet. So verkaufte die Familie Saatmann das Haus an die Stiftung Kulturfonds. Seitdem diente es Künstlern als Arbeitsstätte sowie zur Erholung. Einer der prominentesten Gäste in dieser Zeit: Volker Braun. Obwohl er ein kritischer Dichter war, bekam er Aufenthalte im Künstlerhaus Lukas. „Das Haus galt schon immer als freies Refugium, auch zu DDR-Zeiten.“ Interessant seien zudem die Gespräche mit den Angestellten des Hauses gewesen, die aus dem Nähkästchen plauderten — beispielsweise über den Besuch des Schriftstellers Heiner Müller und seinen Freunden im Jahr 1987. „Die Angestellten erinnerten sich, dass es hier sehr turbulent zuging“, berichtet Creutzburg. So sei von Trinkgelagen die Rede gewesen. Nach der Wende hatte das Künstlerhaus auch ungewöhnliche Besucher wie die Schlagersängerin Vera Schneidenbach zu Gast. „Mit ihr haben wir auch gesprochen. Sie hat uns sogar angeboten, ein Konzert zu geben“, sagt Creutzburg. Die Chronik ist allerdings nur ein kleiner Teil des Programms rund um das Jubiläum, das Creutzburg und ihr Team mit viel Unterstützung auf die Beine stellen. Los geht es mit dem Eröffnungswochenende am 8. und 9. Februar (siehe Infokasten). Unter dem Motto „Zuflucht — von der Sehnsucht des Paradieses“ wird ein landesweites Festival für interdisziplinäre, zeitgenössische Kunst organisiert. „Früher war das Haus von der Außenwelt eher abgeschnitten“, erklärt die 57-Jährige. „Mittlerweile wird es durch die Öffentlichkeit viel mehr wahrgenommen. Die Kunst bewegt sich in den Ort hinein.“ Ein Grund sei, dass die Stipendiaten des Künstlerhauses auch an anderen Orten in Ahrenshoop ihre Werke ausstellen und so mehr Aufmerksamkeit bekommen würden. Mit den Veranstaltungen zum Jubiläum hoffen die Verantwortlichen nun noch mehr Menschen zu erreichen und für die Förderung von Kunst im Künstlerhaus zu begeistern. Doch bis dahin muss noch jede Menge organisiert werden. „Wir müssen jetzt die Nerven behalten, denn es gibt noch sehr viel zu tun.“ Eröffnungswochenende 8. Februar: 16 bis 17 Uhr geöffnete Ateliers im Künstlerhaus Lukas 17 Uhr Eröffnung der Ausstellung „Ein Haus in Arkadien — Das Künstlerhaus Lukas“ mit Lesungen im Neuen Kunsthaus Ahrenshoop 20 Uhr Eröffnung der Videokunstausstellung „Zuflucht ins Andere“ mit Konzert in der Strandhalle Ahrenshoop anschließend große Party 9. Februar: 11 Uhr Continuity Tanzperformance im Künstlerhaus Lukas 12 bis 15 Uhr geöffnete Ateliers im Künstlerhaus Lukas • Internet: www.zuflucht2014.de Anika Hoepken

Ahrenshoop - Ein Refugium für kritische Dichter