Familienbetrieb schippert in dritter Generation über Bodden

Martin (33) Rasche steht am Steuerrad der MS „Ostseebad Prerow“, sein Zwillingsbruder Michael ist gerade mit dem zweiten Ausflugsschiff der Reederei Rasche, der MS „Heidi“, unterwegs. Als die beiden 1999 ihre Ausbildung zum Schiffsführer machten und erfolgreich beendeten, waren sie die jüngsten Kapitäne Deutschlands. „Und dann auch noch Zwillinge. Das war schon etwas Besonderes“, berichtet Bruder Andreas. Auch der 39-Jährige ist Schiffsführer und arbeitet im familieneigenen Unternehmen. 1946 gründete der Großvater der drei Brüder, der Vater ihrer Mutter Elke, die Reederei. „Schwiegervater hat damals eine Wehrmachtsbarkasse gehoben. Er wusste, wo sie lag“, berichtet Wolfgang Rasche (64). In den ersten Jahren seien unter anderem Waren für die Einheimischen transportiert worden. „Die Straße führte damals nur bis Ahrenshoop. Danach war Schluss“, berichtet der 64-Jährige. In den 60er Jahren habe sich das Unternehmen zur Fahrgastschifferei gewandelt. Denn in die Region kamen zahlreiche Ferienkinder, die größtenteils in Fuhlendorf und Bodstedt untergebracht waren. „Alle großen Betrieben hatten hier ihre Ferienlager“, berichtet Wolfgang Rasche. „Die Kinder wollten natürlich alle an den Strand. Und Busse gab es in der Masse noch nicht.“ Mit seinem Schiff — der „Heidi“ — fuhr die Reederei die Kinder vom Festland nach Ahrenshoop oder Prerow. „Mein Schwiegervater war im Sommer von morgens bis abends unterwegs“, berichtet der 64-Jährige. „Die Auftragsbücher waren im Februar schon für den Sommer komplett voll.“ Nach den Sommerferien, die Ende August vorbei waren, habe er Fahrten für Brigadeausflüge von Betrieben angeboten. Wirtschaftlich gesehen, sei diese Zeit die beste Zeit gewesen. „Mittlerweile ist es sehr schwierig und die Kosten steigen enorm, unter anderem für den Diesel oder auch die Liegegebühren.“ Ein wichtiger Faktor für das Geschäft sei das Wetter. „Es darf kein Strandwetter sein. Das ist schlecht für unser Geschäft“, berichtet Andreas Rasche. „Nur wenn es mal mehrere Tage am Stück heiß ist, kommen die Leute auch zu uns, weil die Sonne ihnen schon wieder zu viel geworden ist.“ 1985 haben Elke und Wolfgang Rasche den Betrieb übernommen, jetzt steht wieder ein Wechsel an, denn Wolfgang Rasche geht in den Ruhestand. In den fast 70 Jahren hatte die Reederei zahlreiche Schiffe im Einsatz. So ließ die Reederei allein in den 90er Jahren zwei Schiffe in Berlin bauen — traditionsgemäß wieder eine „Heidi“ und die MS „Ostseebad Ahrenshoop“. „Letzteres haben wir verkauft. Das Schiff fährt mittlerweile auf dem Rhein“, berichtet Elke Rasche. „Für uns war es einfach zu klein. Es passten lediglich 90 Leute drauf.“ Auf ihren jetzigen Schiffen würden 179 beziehungsweise 250 Passagiere Platz finden. Wichtig sei auch, dass genügend Fahrräder drauf passen. „Der Radtourismus nimmt auf jeden Fall zu“, erklärt Andreas Rasche. Serie Unser Mittelstand Wirtschaftsserie Über 90 Prozent der Unternehmen im Landkreis Vorpommern-Rügen gehören zum Mittelstand. In der Serie „Unser Mittelstand“ stellt die OSTSEE-ZEITUNG in loser Folge einige der Firmen zwischen Ribnitz- Damgarten, Barth und Marlow vor. Denn obwohl viele von ihnen in der direkten Nachbarschaft sind, weiß man oft gar nicht, was die Unternehmen eigentlich genau machen. Was produzieren sie? Wer sind ihre Kunden? Wohin liefern sie ihre Produkte? Wie viele Mitarbeiter haben sie? Anika Hoepken

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