Ja oder nein? Bürger von Stimmzettel irritiert

Nachdem in den vergangenen Tagen die Briefabstimmungsunterlagen zum Volksentscheid über Gerichtsstrukturreform verschickt worden sind, mehren sich die Beschwerden, dass die Formulierung auf dem Stimmzettel nicht eindeutig genug sei. In den Ämtern der Region melden sich irritierte Bürger. „Wir finden, dass die Fragestellung des Stimmzettels sehr irreführend ist“, schreibt Britt Schmidt aus Ribnitz-Damgarten an die OZ-Redaktion. Auch die Initiatoren des Volksbegehrens und des Volksentscheids befürchten, dass der Abstimmungsvorschlag missverstanden werden könnte. „Die Gefahr besteht“, sagt Axel Peters, Vorsitzender des Richterbundes Mecklenburg-Vorpommern und Direktor des Amtsgerichtes Ribnitz-Damgarten. Am 6. September haben die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern die Wahl. Erstmals findet ein Volksentscheid nach einem erfolgreichen Volksbegehren statt. Die Bürger können selbst über ein Gesetz abstimmen. Allein im Landkreis Vorpommern-Rügen sind 189477 Menschen — davon 15869 in Ribnitz-Damgarten — berechtigt, ihre Stimme zur Gerichtsstrukturreform der Landesregierung abzugeben. „Zur Abstimmung steht der Gesetzentwurf zur Aufhebung der mit dem Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz beschlossenen Änderungen“ heißt es auf dem Stimmzettel. „Stimmen Sie dem Gesetzentwurf zu?“ lautet die dazugehörige Frage. „Das ist insofern kompliziert, weil die Menschen gedanklich gegen die Reform stimmen wollen“, sagt Axel Peters. Allerdings steht nicht die Gerichtsreform selbst zur Debatte. Die ist längst beschlossene Sache. Stattdessen wird über das Gesetz abgestimmt, das die Initiatoren eingebracht haben und das die Änderungen rückgängig machen würde. Das ist eine formelle Voraussetzung, um ein Volksbegehren bzw. einen Volksentscheid anzuschieben. Der Volksentscheid wird vom Land koordiniert, in Zusammenarbeit mit den Kommunen. Auch Frank Ilchmann (parteilos), Bürgermeister Ribnitz-Damgartens, teilt die Befürchtung. „Das ist schwierig formuliert“, sagt er, „schließlich wollen wir ja ein Gesetz ändern“. Rein formal sei die Formulierung richtig, so Axel Peters. Umso wichtiger sei es nun, die Stimmberechtigten darüber aufzuklären. Deshalb hängen mittlerweile überall in der Region Plakate, auf denen das Kreuz bei „Ja“ gesetzt ist. Das Land, so die Kritik der Initiatoren, halte sich mit der Information der Bürger, anders als bei Wahlen, sehr zurück. „Das Problem ist bekannt“, heißt es aus dem Innenministerium auf OZ-Anfrage. Die Gestaltung des Stimmzettels sei gesetzlich vorgegeben. „Der Stimmzettel für den Volksentscheid entspricht diesen Vorgaben.“ Die Bekanntmachung des Gesetzentwurfs, auf das sich die Abstimmung bezieht, obliege der Gemeindewahlbehörde. Der Gesetzentwurf der Reformgegner sei zudem im Amtsblatt M-V vom 16. Juli veröffentlicht worden. Auf dem Internetauftritt des Landes gebe es weitere Informationen. Bürger müssen dafür jedoch lange suchen und klicken. Der Link, den das Land angibt, lautet: www.statistik-mv.de/cms2/STAM_prod/STAM/de/ start/_Landeswahlleiter/Landeswahlleiter/volksentscheide/20. Darunter sind dann das Volksabstimmungsgesetz, die „Durchführungsverordnung und die Verwaltungsvorschrift zur Vorbereitung und Durchführung von Volksentscheiden eingestellt“, so die Information. „Damit ist das Land seinen Informationspflichten nachgekommen. Im Übrigen obläge es auch den Initiatoren, für Aufklärung zu sorgen“, heißt es weiter. Um Unterstützung für die Bürger zu leisten, hat das Amt Ribnitz-Damgarten jetzt in Abstimmung mit dem Innenministerium eine Lösung entwickelt. Den Briefabstimmungsunterlagen wird ein Info-Blatt beigelegt, das erklärt, was ein Kreuz bei „Ja“ und was ein Kreuz bei „Nein“ bedeutet. „Wir müssen ja die Neutralität wahren“, sagt Gemeindewahlleiterin Eleonore Mittermayer. Bei der Abstimmung am 6. September liegen diese Zettel in den Abstimmungslokalen aus. Im Vorfeld können sich Bürger auch im Rathaus informieren. Auch in Marlow hat es nach Angaben von Bürgermeister Norbert Schöler Irritationen gegeben. Deshalb hat die Stadt auf ihre Homepage im Internet Hinweise zur Volksabstimmung gegeben. Bisher hätten bereits 70 Bürger per Briefwahl abgestimmt. Auch Landrat Ralf Drescher (CDU) hat in der vergangenen Woche noch einmal die Bürger aufgerufen, sich an dem Volksentscheid zu beteiligen. „Die Teilnahme der Menschen an Wahlen und Abstimmungen ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie. Wir hoffen deshalb, dass viele Menschen die Möglichkeit nutzen, zum ersten Mal bei einem Volksentscheid direkt mitzuentscheiden“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung des Landrats und des Stralsunder Bürgermeisters Alexander Badrow (CDU). Die Vorbereitungen hinter den Kulissen laufen derweil auf Hochtouren. „Es ist sehr aufwendig, weil das Zeitfenster so kurz ist“, sagt Eleonore Mittermayer. Die Befürchtung, nicht genug Abstimmungshelfer zu gewinnen, habe sich jedoch hier nicht bestätigt. 160 ehrenamtliche Helfer sind am Abstimmungssonntag im Einsatz. Im gesamten Landkreis sind 250 Abstimmungslokale geöffnet, unter anderem 24 im Amt Ribnitz-Damgarten. Wohin mit dem Kreuz? Ja Ein Kreuz an dieser Stelle bedeutet, dass dem eingebrachten Gesetz der Reformgegener zugestimmt wird. Damit wird gegen die Gerichtsstrukturreform der Landesregierung gestimmt. Die Schließung bzw. Umwandlung von elf Amtsgerichten in Zweigstellen wird rückgängig gemacht. NeinEin Kreuz an dieser Stelle stimmt gegen das eingebrachte Gesetz der Reformgegener und für die Gerichtstrukturreform der Landesregierung. Damit würden elf Amtsgerichte geschlossen bzw. in Zweigstellen umgewandelt. Die Reform der Landesregierung wird bereits umgesetzt. Die Amtsgerichte in Anklam, Ueckermünde, Hagenow und Bad Doberan sind bereits geschlossen. Die Amtsgerichte Neustrelitz, Parchim und Grevesmühlen sind zur Zweigstelle umgewandelt worden. Es folgt die Schließung des Amtsgerichtes Wolgast, die Amtsgerichte Demmin und Bergen auf Rügen sollen Zweigstellen werden. 2017 soll das Amtsgericht in Ribnitz-Damgarten schließen. Ein Drittel der Stimmberechtigten in Mecklenburg-Vorpommern müssen für „Ja“ stimmen, wenn die Gerichtsstrukturreform rückgängig gemacht werden soll. Robert Niemeyer

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