Kerth ist gegen niedrigere Gewerbesteuer

Die Gewerbesteuer soll in Barth spürbar gesenkt werden. Das haben die Stadtvertreter vor Kurzem mit einer knappen Mehrheit beschlossen. Doch ob die Unternehmer künftig wirklich weniger Steuer zahlen müssen, ist noch offen. Wie sich in der kontroversen Stadtvertreterdebatte bereits andeutete, ist in dieser Angelegenheit noch nicht das letzte Wort gesprochen. Bürgermeister Stefan Kerth (SPD) will nun gegen den Vorstoß Widerspruch einlegen. „Ich widerspreche dem Beschluss der Stadtvertreter, da er in mehrerer Hinsicht gegen Kommunalverfassungsrecht verstößt“, erläutert Kerth. „Ein solcher haushaltsändernder Beschluss muss den Anforderungen eines Nachtragshaushaltes genügen. Das ist hier nicht gegeben“, begründet der Bürgermeister. In der klammen Barther Haushaltskasse fehlen dann wichtige Einnahmen. Das Defizit würde sich nicht verkleinern, sondern gegenüber der reinen Steuermindereinahme deutlich vergrößern. Unter anderem führt Kerth an, dass die in Aussicht gestellten Einnahmesteigerungen auf Fehlannahmen basieren würden. Eine Senkung der Gewerbesteuer unter den Landesdurchschnitt würde laut Kerth zu verschlimmernden Nebeneffekten bei der Kreisumlage und den Schlüsselzuweisungen führen. Laut Beschluss der Stadtvertretung sollen die Hebesätze für in Barth ansässige Unternehmen von jetzt 345 Prozent auf 295 Prozent fallen. Das wären 50 Prozentpunkte. Zum Vergleich: Ribnitz-Damgarten hat einen Hebesatz von 320 Prozent. Für Neugründungen sollen im ersten Jahr gar keine Gewerbesteuern anfallen. Damit wollte die Stadtvertretung den Gewerbetreibenden entgegenkommen. 1,4 Millionen Euro macht die Gewerbesteuer derzeit für Barth aus. Stadtpräsidentin Petra Meinert (CDU) hatte in der Debatte bereits deutlich gemacht: „Selbst, wenn diesem Antrag zugestimmt wird, werden wir das nicht durchsetzen können.“ Den Antrag hatte die FDP-Fraktion eingebracht. Die Liberalen begründeten ihren Vorschlag damit, dass auch Barth gezwungen sei, wettbewerbsfähig zu bleiben. Einen Ausgleich für die finanziellen Einbußen im Haushalt sieht die FDP über den kommunalen Finanzausgleich realisierbar. Die Stadtvertretung hat auf Antrag der FDP ebenfalls eine Erweiterung der Rathaus-Öffnungszeiten beschlossen. Auch gegen diesen Beschluss will Stefan Kerth in der nächsten Stadtvertretersitzung Widerspruch einlegen. „Wesentliche Belange sind nicht gegeneinander abgewogen worden“, begründet Kerth. Die Bürgermeister des Amtes seien der Auffassung, dass die Öffnungszeit „aus Gründen der Arbeitseffektivität auf das in anderen Verwaltungen vergleichbare Maß reduziert werden müsse, um mit der gleichen Personenzahl eine bessere Abarbeitung der Verwaltungsvorgänge zu erreichen“. Kerth weiter: „Es scheint mir grundsätzlich nicht sinnvoll, anhand der Quantität der Öffnungszeiten eine Bewertung über die Qualität der Bürgernähe treffen zu wollen.“ Seiner Ansicht nach sollte eine Lösung gefunden werden, die eine hohe Qualität der Bürgernähe sichere, der Haushaltslage angemessen sei und nicht im Widerspruch zu den Vorstellungen der anderen amtsangehörigen Gemeinden stehe. Kerth regt zur Öffnungszeitenfrage deshalb eine gemeinsame Beratung mit Vertretern des Amtsausschusses an. Die Stadtvertretung beschloss, dass die Verwaltung für die Bürger künftig auch mittwochs sowie an einem der Brückentage im Jahr erreichbar ist. Stadtvertreter Peter Hermstedt (FDP) kündigte an, dass seine Fraktion die Einwände nicht hinnehmen werde. „Der Widerspruch zur Gewerbesteuer ist unbegründet“, sagte Hermstedt gestern der OZ. Der Bürgermeister gehe davon aus, dass mit der Steuersenkung in die bestehende Haushaltssatzung eingegriffen werde. „Das bezwecken wir nicht. Die Steuersenkung soll in die Zukunft gerichtet sein und in den nächsten Haushalt eingearbeitet werden“, so Hermstedt. Kerths Veto gegen die längeren Rathaus-Öffnungszeiten bezeichnete er als „einen Scherz“. Der Beschluss verstoße nicht gegen geltendes Recht. Vor Einführung des neuen Haushaltsabrechnungssystems Doppik sei das Rathaus auch mittwochs geöffnet gewesen. Die nächste Stadtvertretersitzung dürfte also wieder spannend werden. Öffentliche Stadtvertretersitzung: 2. Juli, 18.30 Uhr, Rathaussaal, Barth. Das wollen die Abgeordneten erreichen Gewerbesteuer: Die Hebesätze für in Barth ansässige Unternehmen sollen von jetzt 345 Prozent auf 295 Prozent fallen. Das wären 50 Prozentpunkte. Für Neugründungen sollen im ersten Jahr gar keine Gewerbesteuern anfallen. Rathaus-Öffnungszeiten: Im Barther Rathaus sollen bürgerfreundlichere Öffnungszeiten eingeführt werden. Demnach soll die Stadtverwaltung künftig auch am Mittwoch sowie an einem der Brückentage im Jahr erreichbar sein. Detlef Lübcke

Barth - Kerth ist gegen niedrigere Gewerbesteuer