Mehr Schiffe: Auf der Warnow wird es eng

Sie haben die schönsten Büros in ganz Warnemünde — zumindest die, mit der besten Aussicht. Doch den Traumblick auf Schiffe, Meer und Hafen können die Männer in der Verkehrszentrale in Hohe Düne nur selten genießen. 365 Tage im Jahr müssen sie den gesamten Schiffsverkehr zwischen Wismar und der polnischen Grenze überwachen. „Und das wird nicht leichter“, sagt Max Dolberg. Der 48-Jährige hat vor wenigen Tagen das Kommando in der Verkehrszentrale übernommen. Dolberg war bis Ende Juni für die Ausbildung der Verkehrsüberwacher im gesamten Norden zuständig. Nun hat er eine der größten selbst übernommen. Sein Vorgänger Klaus-Peter Nitsch (58) ist nach Stralsund gegangen — ins Wasser- und Schifffahrtsamt, als Amtsnautiker. „Unser Job ist es, die Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehr zu gewährleisten“, sagt Dolberg. Doch das wird immer schwieriger — weil auf der Ostsee und insbesondere im Rostocker Hafen immer mehr los ist. Rund 60 Anläufe zählt die Verkehrszentrale derzeit im Schnitt pro Tag. An guten Tagen auch mal 100. Hinzu kommen die Sportboote. „Das hört sich nicht viel an, doch das erfordert eine Menge Koordination.“ Die Fähren wollen ihre Fahrpläne einhalten, die Frachter schnell rein und ebenso schnell wieder raus. Schon jetzt würde so mancher großer Frachter auf Reede warten müssen — weil das Wetter nicht mitspielt oder weil schlichtweg zu viel los ist auf der Warnow. „Wenn von der Werft eine große Umspannplattform auslaufen will, ist das für uns Stress. Dann müssen wir alles andere stoppen“, betont Dolberg. Das Fahrwasser sei begrenzt. „Was die Größe der Schiffe und die Zahl der Anläufe angeht, stoßen wir in Rostock längst an unsere Grenzen“, sagt Vorgänger Nitsch. Kreuzfahrtschiffe mit bis zu 330 Meter Länge — „mehr geht bei uns einfach nicht“, so Dolberg. Selbst das sei schon kritisch: „Die großen Kreuzliner dürfen uns bei Sturm gar nicht mehr anlaufen. Ab Windstärke 8 lassen wir keinen mehr rein oder raus.“ Denn eine Böe würde ausreichen, um im schmalen Fahrwasser einen der Riesen-Pötte an die Kaimauer zu drücken. „Zu riskant“, so Nitsch. 2009 — während eines Sturms — haben die Überwacher ein Kreuzfahrtschiff deshalb für Tage an die Kette gelegt. Die Planungen für einen Ausbau des Hafens — für die mehr als 100 Millionen Euro teure Vertiefung des Seekanals — haben dennoch längst begonnen. Die Argumente von Kritikern, dass eine Vertiefung der Warnow zum Problem für die Gebäude an der Hafenkante werden könnte, nennt Hafenkapitän Gisbert Ruhnke „Blödsinn“: „Das ist alles untersucht worden“. Auch Verkehrsprobleme auf See werde es nicht geben. „Wenn die Schiffe größer werden, brauchen wir weniger Anläufe für die selbe Menge Ladung.“ Das Wasser- und Schifffahrtsamt arbeitet an Details. „Es gab erste Termine mit den Naturschützern und anderen Behörden. Jetzt wird festgelegt, welche Aspekte genau untersucht werden müssen“, sagt Wolf Laule, Sachgebietsleiter Betrieb, Bau und Unterhaltung im WSA. 2016 sollen die Ergebnisse vorliegen: „Wir werden beispielsweise 2015 die Flora und Faune rund um den Seekanal untersuchen.“ Laule geht fest davon aus, dass die Vertiefung kommen wird: Beim Bund seien 7000 Straßenbau-Projekte angemeldet. „Aber nur 43 aus dem Bereich Wasserstraßen.“ Die schärfsten Konkurrenten seien der Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals und die Vertiefung der Elbe. Hero-Sprecher Christian Hardt sagt: „Wir sind davon überzeugt, dass die Vertiefung neue Jobs schaffen wird. Der Hafen ist das industrielle Herz der Region. Er muss konkurrenzfähig bleiben.“ Andreas Meyer

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